Mecklenburger Winter
gesenkten Blickes.
Hastig hatte er sich umgedreht und unter die Dusche gestellt. Kai hatte sich einen dummen Spruch verkniffen; Leon schien ihm noch zu aufgewühlt für Worte. Kai legte den Kopf in den Nacken und ließ das Wasser direkt auf sein Gesicht prasseln. Er spürte Leons Lippen noch auf seinen, dessen ungläubig staunender Blick hatte sich tief in seine Netzhaut eingebrannt und Kai lächelte zufrieden. So hatte er sich das vorgestellt. Endlich waren sie mal weiter gekommen. Wenn Leon ihn machen ließ, dann konnte er ihm den Himmel auf Erden zeigen. Der erste Schritt war getan. Weitere würden folgen.
Ein leises Klappern ließ ihn die Augen öffnen. Verblüfft blickte er sich um. Die Tür zum Umkleideraum war zugefallen und Leon war nicht mehr da. Kai runzelte irritiert die Stirn und stellte das Wasser ab. Vielleicht brauchte Leon einfach einen Moment, um zu verarbeiten, was gerade passiert war. Natürlich . Immerhin war dies der erste sexuelle Kontakt zu einem anderen Mann gewesen.
Wenn du wüsstest, was wir zwei Hübschen noch so alles miteinander machen können … Kais Fantasie zeigte ihm Bilder von Leon in seinem Bett. Oh, wie er ihn verwöhnen, überall zärtlich küssen und streicheln würde. Sie würden wahnsinnig tollen Sex haben und dicht aneinander gekuschelt, klebrige Spuren zwischen ihnen, einschlafen und aufwachen. Ob Leon wohl am Wochenende kommen würde? Auf jeden Fall war die lange Zeit mehr oder weniger freiwilliger Abstinenz vorbei. Höchst zufrieden strich Kai sich über seine Männlichkeit. Nicht wahr, mein Kumpel? Das tat richtig gut. Und wie es erst sein wird, wenn Leon aufs Ganze geht ... D u bist immer so ungeduldig, ermahnte sich Kai, griff sich sein Handtuch, um es sich lässig um die Hüfte zu schlingen. Aber hey, ich halte mich schon so lange zurück und zudem bin ich wirklich extrem verliebt, entschuldigte er sich selbst.
Seine Klamotten lagen direkt neben der Tür und er konnte von Glück sagen, dass sie noch halbwegs trocken waren. Leon hatte seine offenbar schon an sich genommen, als er gegangen war. Kai folgte ihm in den Umkleideraum. Leon hatte Kai den Rücken zugewandt und war dabei, sich anzuziehen. Nur kurz sah er hoch, seine Augen blitzten unter den feuchten Haaren hervor, dann senkte er hastig den Blick.
Kais Euphorie, die ihn erwärmt hatte, verflogt abrupt und machte einem frostigen Gefühl Platz. So sollte sich Leon nicht verhalten, nicht nachdem sie gerade intim miteinander geworden waren. Verliebte Blicke und offenes Anschmachten, daraus resultierende heiße Küsse und weitere Zärtlichkeiten, wären ein akzeptables Verhalten, nicht dieses … War Leon die Sache etwa peinlich? Schämte er sich, sich seinen Gefühlen geöffnet zu haben?
„Alles okay?“ Kai begann sich ebenfalls anzuziehen, ließ Leon dabei allerdings nicht aus den Augen. Dieser sah ihn hingegen noch immer nicht an, schnürte seine Schuhe und nickte heftig. „Muss zügig nachhause“, erklärte er zu leise, um überzeugend zu sein. Kais innerer Alarm schaltete auf Alarmstufe Rot. Feine Spuren von Eis schienen sich in seinem Magen auszubreiten. Was ist hier los?
„Ich fahre dich doch, das geht schnell“, versicherte er. „Wir können gleich los, wenn du willst.“
„Gut. Sonst wird mein Vater bestimmt sauer, wenn ich zu spät heimkomme.“ Leon wagte nur einen winzigen Augenblick direkten Augenkontakt. In Kais Magen formten sich eindeutig Eisklumpen. Irgendetwas lief hier schief und er vermochte nicht zu sagen, was. Sein sonst so aktives Sprachzentrum schien gelähmt zu sein und er hatte regelrecht Angst, mit weiteren Worten die merkwürdige Spannung zwischen ihnen zu stören.
Er braucht Zeit, zu verarbeiten, redete er sich beruhigend ein. Du hast ihn ein bisschen überfahren, er verdaut noch. Immerhin hat er sich bis vor Kurzem noch für absolut hetero gehalten und zudem lauert dieser schwulenhassende Vater im Hintergrund. Vielleicht hat Leon einfach Angst, dass der was merkt?
Schweigend zog sich Kai vollständig an und folgte Leon hinaus in den Trainingsraum.
„Ich muss nur noch Licht ausmachen und abschließen.“ Kai erntete abermals nur ein Nicken. Leon stand verkrampft da, die Finger um den Riemen seiner Sporttasche gekrallt. „Okay.“
Jeder Schritt durchs Studio fiel Kai schwer. Er wusste, dass er nicht besonders schnell war, obwohl Leon heim wollte, doch jede Handlung brachte ihn näher an den Moment, wenn sie miteinander im Auto sitzen würden.
Was würde Leon
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