Mecklenburger Winter
Frühstück.“ Aufmunternd gab sie ihm einen Schubs und Kai gehorchte.
Ihm war nicht wohl dabei, Leons Blick zu begegnen, andererseits wollte er sich auch nicht verstellen. Leon lag bereits im Bett, als er hereinkam, den Kopf zur Wand gedreht.
„Ist mir so rausgerutscht“, entschuldigte sich Kai, bändigte sein rebellisches Herz und unzensiert funktionierendes Mundwerk. Seine Füße wollten ihn zu Leon tragen, seine Hände nach ihm greifen, seine Lippen ihn liebkosen. Mit hängenden Schultern stand er da, unfähig sich zu rühren. Bitte dreh dich um, bitte sieh mich an, flehte er innerlich. Tatsächlich tat ihm Leon den Gefallen. Er wandte sich um und richtete sich auf. „Schon okay“, meinte er leise. „Du … hast ja irgendwie Recht.“ Ein Lächeln hob seine Mundwinkel. „Aber er hat einfach nicht darüber nachgedacht. Das war ein sensationelles Angebot, er konnte es nicht ausschlagen. Es ist finanziell immer eng und gerade diesen Winter. Ich ...“ Leon senkte den Blick.
„Es tut weh, aber es war nötig. Er hat es mir erklärt. Er hätte Bella nicht verkauft, wenn es nicht so knapp wäre. Aber so ein Angebot auszuschlagen können wir uns nicht leisten. Das Dach der Halle muss neu gemacht werden und der Trecker ist kaputt, irgendwie müssen wird das bezahlen. Er hat mir ja jetzt auch erlaubt, nach Hamburg zu fahren und ich bekomme mehr freie Wochenenden, wenn ich es will. Donnerstags darf ich immer zum Training kommen ...“ Langsam hob er den Blick. Diesen Ausdruck kannte Kai schon, dieses um Verständnis bitten. Vielleicht funktionierten die Entschuldigungen für Leon, vielleicht war es leichter zu ertragen?
„Er hat versprochen, dass ich mir ein Fohlen aussuchen darf, welches auf meinen Namen eingetragen wird und ganz mir gehören wird“, fuhr Leon fort, sein Lächeln wirkte nicht echt. Der Versuch sein Leben mit diesem Vater weiterzuleben, erkannte Kai. Wer war er, ihm etwas anderes zu erzählen? Kai brummte unbestimmt. Er konnte Leon nicht zustimmen, dazu hätte er sich verbiegen müssen und das lag ihm nicht. Er konnte und wollte nichts Gutes an Burghardts Verhalten finden.
„Ich bin dann mal im Bad“, erklärte er und verschwand auch schon, innerlich mit sich kämpfend. Es war Leons Leben, seins alleine. Er konnte und durfte ihm da nicht reinreden, sonst würde alles nur noch komplizierter werden. Für Leon und für ihn. Er sollte froh und glücklich sein, dass Leon sich immerhin seinem Vater entgegengestellt hatte. Zum ersten und ganz vielleicht auch nicht zum letzten Mal. Und Burghardt hatte Zugeständnisse gemacht. Es war klar, dass Leon sich nicht völlig lösen konnte und seine kleine Rebellion war schon ein riesiger Schritt gewesen, der auch anders hätte ausgehen können. Zeigte das nicht, dass sein Vater doch bereit war, auf seinen Sohn einzugehen? Vielleicht wurde ihr Verhältnis ja doch besser und vielleicht würde auch Burghardt irgendwann akzeptieren können, dass sein Sohn lieber mit einem Mann zusammen war, als mit einer Frau. Es gab Wunder. Ab und an.
Als er zurückkam, schien Leon schon zu schlafen. Kai zog sich aus, warf einen bedauernden Blick auf den dunkelblonden Haarschopf und kroch seufzend unter die Decke. Er hasste es, wenn sich Mauern zwischen ihnen aufbauten. Das Thema Burghardt stand dauernd zwischen ihnen und Kai hasste auch diesen Mann dafür.
Er löschte das Licht und starrte an die Decke. Ihr Ausflug nach Hamburg fing ja grandios an. Da hatte er wohl wieder einiges mit einer unbedarften Aussage verbockt. Er hatte sich alles so schön ausgemalt …
„Kai?“ Augenblicklich wandte dieser den Kopf. Leon hatte sich aufgerichtet, soweit Kai es im Dunkeln erkennen konnte, und sah ihn an. „Danke.“ Leons Stimme war fast ein Flüstern. „Danke, dass du wirklich überlegt hast, Bella zurückzukaufen. Das war klasse von dir.“ Also hatte er auch diesen Teil gehört? Kais Herz schlug einen Salto und flutete seinen Körper mit zärtlichen Gefühlen. Seinen trockenen Mund verließ hingegen nur ein Brummen.
Es raschelte und Leon stand auf. Mit jedem Schritt, den er sich Kai näherte, klopfte dessen Herz schneller. Langsam stütze er sich auf die Unterarme und sah ihm entgegen. Leon kniete sich vor sein Bett. Sein Gesicht war nur teilweise zu sehen. Sein Geruch traf Kai, seine Silhouette zeichnete sich im Halbdunkel ab. Kai schluckte hart, fühlte sich unruhig, unbehaglich unter diesem Blick.
Plötzlich umfassten Leons Hände Kais Gesicht und seine Lippen pressten
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