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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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machte sich gleich darauf ans Salat schneiden, wozu er lauthals Queen sang.
    Überraschend ertönte die Türglocke mitten hinein in seinen Gesang und Kai ergriff hastig ein Küchentuch, um sich die Hände zu trocknen. Hatte Leon seinen Schlüssel vergessen? Oder belästigte ihn ein Vertreter?
    Keiner von beiden. Vor seiner Tür stand … Leons Mutter.
    Für einen Moment wusste Kai nicht, was er sagen sollte. Besorgnis, Ärger und eine unerklärliche Furcht, rasten gleich schnell durch seinen Kopf und versuchten das Rennen zu machen.
    „Tachschön, Herr Strelmann“, begrüßte ihn Anneliese leise und ähnelte unglaublich ihrem Sohn. Ihre Züge wirkten angespannt. „Leonard ist noch in der Schule, nicht wahr? Darf ich Sie sprechen?“ Verblüfft nickte Kai. „Ja, sicher. Kommen Sie herein. Leon kommt bald und ich bin ...“ Er brach ab. Das klang alles nach friedlich vertrautem Zusammenleben und plötzlich falsch, wenn er es Leons Mutter erzählte.
    Mit mulmigem Gefühl schloss er die Tür, nahm ihr die Jacke ab und wies den Weg zur Küche. Mit dem Fuß schob er verstohlen den Schuhberg unter das Regal und folgte ihr.
    „Entschuldigen Sie die Unordnung, ich wollte gerade kochen.“ Hastig räumte er einige Sachen zur Seite. „Setzen Sie sich. Kann ich ihnen einen Kaffee anbieten?“
    „Sehr gerne, wenn es keine Umstände macht“, erklärte sie. Froh, seinen Fingern Beschäftigung zu geben, machte Kai sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Die Blicke brannten in seinem Rücken und er fühlte sich seltsam schuldig.
    „Wie geht es ihm?“ Anneliese lächelte und ehrliche Besorgnis stand in ihren Augen. „Ganz gut“, murmelte Kai, das: Den Umständen entsprechend verschluckte er gekonnt.
    „Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich seiner angenommen haben. „Die Beziehung zwischen Leonard und meinem Mann ist nicht immer ganz … einfach.“

„Nicht ganz einfach?“ Kai schnaubte zornig und brauste auf: „Er hat ihn ins Gesicht geschlagen und wiederholt beschimpft. Bei jeder Begegnung, die ich erleben durfte, hat er Leon runtergemacht und übel beleidigt. Dafür fallen mir viele Begriffe ein, die stärker sind. Unter anderem ...“, er zögerte nur einen winzigen Moment, ehe er das Wort förmlich ausspuckte: „Homophob.“ Anneliese Lenkowski zuckte zusammen. „Nein, er ...“, begann sie und verstummte, den Kopf gesenkt. In Kai kochte es und nur mühsam beherrschte er den Vulkan an Emotionen, der ausbrechen wollte. Sie war die falsche Adresse dafür und nur der Puffer, der zwischen den beiden stand. Aber verdammt, Leon ist ihr Sohn! Wie kann sie zulassen, dass er so behandelt wird?  
    Ein wenig zu heftig stellte er die Kaffeetasse vor ihr ab und schnappte sich einen Lappen, um den Fleck zu entfernen. Sie sagte nichts, nahm mehrere Schlucke und erst, als Kai sich gesetzt hatte, hob sie den Blick. „Wie stehen Sie zu meinem Sohn, Herr Strelmann?“
    Die Frage kam unvorbereitet und Kai fühlte sich abermals ertappt. Ich wusste, dass sie etwas geahnt hat. Schon, als wir uns das erste Mal gesehen haben. Da war so etwas in ihrem Blick gewesen …  
    „Lieben Sie ihn?“ Überrascht schnappte Kai nach Luft. Mit dieser Direktheit hatte er definitiv nicht gerechnet. Zaghaft nickte er, wagte kaum, sie anzusehen. Wie stand sie dazu? Es war kaum zu erwarten, dass sie eine andere Meinung zu Homosexualität hatte als ihr Mann.
    Anneliese seufzte. „Also ja.“ Sie drehte die Tasse in ihren Händen. „Und … Leonard? Wie steht er … zu Ihnen?“ Sie rang mit weiteren Worten. „Liebt er Sie?“ Kai schluckte. Seine freche Zunge hatte sich in den entferntesten Schlupfwinkel zurückgezogen und ohne fühlte er sich ein wenig schutzlos. Diese Situation hatte er noch nie gehabt. Paolos Eltern hatte er nie kennengelernt.
    „Ich ...“ Nervös fuhr er sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Versau das hier bloß nicht. „Ich glaube … schon, ja. Ich meine … ich hoffe, wünsche es mir und ...“ Wild entschlossen sah er sie an und reckte kampflustig das Kinn. „Ja, Frau Lenkowski, ich liebe ihn zum verrückt werden, mehr als jemals irgendjemanden zuvor. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Leon mich auch liebt.“ Mit dem letzten Wort entließ Kai den Atem und hielt ihn gleich darauf an. Wie würde sie es aufnehmen? Würde sie ihn beschimpfen? Ihm eine Szene machen, dass er ihren Sohn verführt hatte? Alles war möglich und er versuchte sich dagegen zu wappnen.
    „Er ist also wirklich … Er hatte Recht.“

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