Meconomy
Konsumsteuersatz bezahlen müssten.
Der Soziologe Sascha Liebermann ist auch für das bedingungslose Grundeinkommen, geht aber einen Schritt weiter. „Freiheit statt Vollbeschäftigung“ heißt seine Initiative und fordert ebendies: Weil heute menschliche Arbeitskraft mehr und mehr durch „Maschinen (Automaten, Computersoftware)“ ersetzt wird, dürften wir nicht mehr an der ausschließlichen Verteilung von Einkommen über Arbeitsleistung festhalten. „Innovationen steigern die Produktivität und befördern die Wertschöpfung: Sie ermöglichen es, Arbeitsabläufe zu automatisieren und menschliche Arbeitskraft einzusparen“, heißt es auf der Website der Initiative. Arbeitslosigkeit sei kein Zeichen von Armut, sondern ein Ausdruck der Produktivität und des Vermögens unseres Landes. „Das Festhalten am Ziel der Vollbeschäftigung hat zur Folge, dass Bürger – ohne Not – dauerhaft zu Tätigkeiten gezwungen werden, die automatisierbar sind. Automatisierbare Arbeit ist ersetzbare Arbeit; ersetzbare Arbeit kann nicht sinnstiftend sein.“ Das Festhalten am Ziel der Vollbeschäftigung gehe somit für eine steigende Anzahl von Bürgern mit dem Verlust beruflicher Sinnstiftung einher.
Könnten die Unternehmen, dank der finanziellen Versorgung der Menschen durch das Grundeinkommen, erst einmal automatisieren, „ohne sich Sorgen um entlassene Mitarbeiter zu machen“, könnten sie allein „auf leistungsbereite Mitarbeiter setzen, denn Erwerbsarbeit wird freiwillig geleistet“. Unproduktive Industrien und Wirtschaftszweige müssten nicht mehr subventioniert werden. Innovation würde belohnt und bestärkt, denn „technologische Problemlösungen könnten entwickelt und radikal genutzt werden, um menschliche Arbeitskraft dort einzusparen, wo es praktisch vernünftig ist“. Bürokratie, vor allem in den Sozialsystemen, könnte abgebaut werden, denn das bedingungslose Grundeinkommen würde „weitestgehend“ bestehende Sozialleistungen ersetzen.
Wir werden uns aber daran gewöhnen müssen, Entscheidungen unter Bedingungen großer Unsicherheit und Komplexität zu treffen. Die Süddeutsche Zeitung sieht den „Königsweg zum guten Leben“ denn auch in dem, was Biologen Koevolution nennen, und zitiert den Leipziger Soziologen Ulrich Bröckling: „Es entsteht immer eine Korrespondenz zwischen den Anforderungen und der Kompetenz, darauf zu reagieren. Der notgedrungen flexible Mensch findet auch besonders kreative Möglichkeiten, sein Leben zu meistern.“
An diesem Punkt sind sich dann linke Grundeinkommensbefürworter und liberale Globalisierungsbefürworter wieder einig: Man darf die Selbsterfindungskräfte des Menschen und der Gesellschaft nicht unterschätzen. Innovationen können das Leben verbessern. Der maschinenstürmerische Technikpessimismus der 80er-Jahre, der sich in Teilen der politischen Klasse noch heute hält, verliert an Einfluss. Vor allem für die nachwachsende Generation gilt: Wir müssen und werden uns schon etwas einfallen lassen. Das heutige Sozialversicherungssystem erlaubt individuelle Lösungen für festangestellte Rentenzahler allerdings ebenso wenig, wie es die zunehmende globale Mobilität erleichtert. Vom jungen Regierungsberater Werner Eichhorst wollte ich wissen, was sich in dieser Hinsicht ändern muss:
Brauchen wir ein Sozialversicherungssystem für die Generation Facebook? Muss man zum Beispiel die globale Mobilität vereinfachen, sodass ich meine Rentenansprüche mitnehmen kann, wenn ich ein Jahr in Singapur arbeite, zwei in New York und dann nach Deutschland zurückkomme?
Eichhorst: Das wäre eine logische Ergänzung vieler Trends, die wir derzeit beobachten, ist aber ein großes Rad, wenn man das global regeln wollte – und nichts, was über Nacht kommt. Vor allem was den Ruhestand angeht, wird für mobile Menschen das private Vorsorgen oder die betriebliche Absicherung wichtiger, weil sie über staatliche Systeme weniger erwarten können. Nur innerhalb Europas gibt es eine Zusammenrechnung der Rentenzeiten.
Drängen deshalb künftige Generationen raus aus der Rente und helfen sich selbst?
Eichhorst: Wir sehen eine Delegitimation des Sozialstaates vor allem bei denen, die sich für stark genug halten, auf eigene Rechnung besser abzuschneiden. Die logische Konsequenz wäre zumindest für global agierende gut Ausgebildete, aus der Sozialversicherung heraus zu optieren und zu sagen: Wir versorgen uns selbst durch unsere Ersparnisse, die wir im Laufe eines
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