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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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die Menge. Jeder wusste, dass das Wort einer Adligen galt. Nur ein Mitglied einer Adelsfamilie konnte eine Angeklagte in einem Hexenprozess von der Schuld freisprechen, wenn sich herausstellte, dass die Angeklagte selbst Mitglied einer adeligen Familie war. Und wenn sie dazu noch – wie Rosaria – die Nichte eines Kardinals im Vatikan zu Rom war, ja, dann war der Vorwurf der Hexerei nicht mehr zu halten.
    Der Conte hatte die Hände zu Fäusten geballt, und auf seiner Stirn war eine dicke Zornesader dunkelblau angeschwollen. Nur mit Mühe hielt ihn der Priester auf seinem Sitz.
    »Hure!«, schrie er. »Ihr habt mich betrogen!«
    Die Contessa widersprach nicht. Sie wechselte einen langen Blick mit Rosalba. Die beiden Frauen verstanden sich ohne Worte.
    »Sag ihnen nicht, dass Giacomo nicht der Sohn des Conte ist. Es würde ihn das Leben und uns die Burg kosten. Lieber will ich als Hure auf dem Scheiterhaufen sterben, als eines meiner Kinder zu opfern.«
    Und Rosalba verstand die ungesagten Worte und erwiderte ebenso stumm: »Keine Sorge, Contessa, ich werde schweigen.«
    Der Monsignore gebot der Menge mit einer Handbewegung Schweigen.
    »Sagt Ihr die Wahrheit, Contessa? Stimmt es wirklich, dass Rosaria Eure Tochter ist?«
    »Ja, Monsignore!«, erwiderte sie mit fester Stimme. Dann verfiel sie in ein Schweigen, das nichts und niemand durchbrechen konnte.
    Trotzdem prasselten von allen Seiten Fragen auf sie ein.
    »Wer ist der Vater?«
    »Wie alt ist Rosaria?«
    »Wann wurde sie geboren?«
    »Wo wuchs sie auf?«
    Doch die Contessa schwieg. Sie hatte den Kopf gesenkt und blickte in ihren Schoß. Ihre Hände hielt sie verkrampft ineinander verschlungen.
    Und Rosaria? Rosaria saß wie erstarrt auf dem Boden, eine Hand fest um das Medaillon geschlungen. Die Gedanken in ihrem Kopf schwirrten umher wie die Bienen in einem Korb.
    Die Contessa ist meine Mutter, dachte sie und konnte es doch nicht glauben. Daria und Giacomo sind meine Geschwister! Deshalb die Nähe zwischen uns. Giacomo ist mein Bruder! Nein, das durfte nicht wahr sein!
    Und wer ist mein Vater? Wie kam ich zu Paola und Estardo?
    Langsam und ohne sich dessen bewusst zu sein, stand Rosaria auf und lief mit schweren Schritten auf die Contessa zu. Meine Mutter hat mir das Leben gerettet. Sie wird nun statt meiner auf dem Scheiterhaufen brennen, dachte Rosaria. Das Orakel hatte Recht behalten. Und die Strafe für eine verheiratete Frau, die ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hat, ist nun einmal der Tod.
    Da hörte sie auch schon den Conte schreien: »Von wem stammt dieser Bastard? Sag es! Mit wem hast du mich betrogen? Hast mich lächerlich gemacht in der ganzen Toskana! Die Wollust hat dich dazu getrieben, verfluchte Metze! Ist es damals passiert, als ich kurz nach Giacomos Geburt nach Jerusalem gezogen bin?«
    Wieder war es der Priester, der den Conte zu bändigen versuchte.
    »Still, Conte, Eure Frau wird ihre gerechte Strafe erhalten.«
    Rosaria war inzwischen bei der Contessa angelangt. Niemand hatte versucht, sie daran zu hindern. Sie kniete vor ihr nieder und fasste nach ihren Händen. Ihre Blicke trafen sich, und Rosaria sah in den Augen der Contessa Liebe, aber auch Schuld und Verzweiflung.
    »Mutter!«, flüsterte sie leise und legte ihren Kopf in den Schoß der Contessa. Und die Contessa streichelte mit den Händen sanft über das Haar der Tochter, die sie so lange entbehrt hatte.
    Daria weinte hemmungslos und barg ihr Gesicht an der Brust eines jungen Ritters, der ihr auf der Verlobung die weiße Lilie geschenkt und inzwischen um ihre Hand angehalten hatte.
    »Ich will, dass die Hure bestraft wird!«, schrie der Conte, während Isabella Panzacchi stumm daneben saß und scharf nachdachte. Doch so viel sie auch hin und her überlegte, sie ahnte bereits, dass sie die Burg sehr bald unverrichteter Dinge verlassen müsste. Doch das Schauspiel, das hier noch auf sie wartete und dessen Hauptakteurin nun die Contessa war, wollte sie sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Sie war vom ersten Tag an hier auf der Burg schlecht behandelt worden. Von allen di Algaris, jawohl. Besonders zwar von Giacomo, aber auch die Contessa hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie sich für ihren Sohn eine andere Schwiegertochter vorgestellt hatte. Und jetzt wurde sie für ihren Standesdünkel bestraft. Ein uneheliches Kind, das in einer Wagenkolonne aufgewachsen war! Es gab doch einen gerechten Gott!
    Der Monsignore trat zu Donatella. Leise sprach er auf sie ein. »Sagt

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