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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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den Text hörte, und kletterte aus ihrem Wagen.
    »Wie viele Krüge Chianti habt ihr für dieses Lied gebraucht, ihr Meisterdichter?«, fragte sie lachend, doch dann ließ sie sich willig in den Arm nehmen und beglückwünschen.
    Viel Zeit zum Feiern aber blieb vorerst nicht, denn ein ganz gewöhnlicher Markttag lag vor ihnen. Am Abend würden sich die Gaukler am Feuer einfinden, und es würde ein Fest geben, für das Paola schon seit Tagen heimlich Vorbereitungen traf.
     
    Die Schatten der Geschlechtertürme von San Gimignano malten lange Streifen auf den Marktplatz, als die Händler ihre Stände abbauten und sich nacheinander am Feuer einfanden. Heute Abend würde die Theater- und Feuerschlucker-Vorstellung nicht auf dem Markt stattfinden, sondern am Feuer und allein zu Ehren von Rosarias Geburtstag.
    Paola hatte einen großen Holztisch mit den leckersten Köstlichkeiten bedeckt. Schüsseln mit in Olivenöl eingelegten Tomaten drängten sich an Käselaibe, daneben lagen Brote und Platten mit dicken Salami- und Mortadellawürsten. Der toskanische Mandelkuchen verbreitete seinen typischen Geruch, und eben rollte der Weinhändler ein Fässchen seines besten Chiantis zum Festplatz.
    Rosaria selbst war zu einem nahen Bach gegangen, der unten am Hügel floss, und machte sich für das Fest schön.
    Sie hatte ihre kostbarste Seife mitgenommen und wusch sich nach einem Bade im Bach nun das Haar. Anschließend setzte sie sich ans Ufer in die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Als das Haar trocken war, wand sie bunte Bänder hinein und steckte es an den Seiten mit zwei Alabasterkämmchen zurück. Dann zog sie sich ihr schönstes Kleid an und erfreute sich am leisen Knistern des Stoffes. Das pistaziengrüne Gewand umschloss ihren Oberkörper, betonte ihre vollen Brüste und brachte die zarte Haut des Dekolletes und das über die Schultern fließende rotbraune Haar zum Leuchten. Zufrieden betrachtete sich Rosaria in einem kleinen Handspiegel, strich sich noch einmal über die Augenbrauen und kniff sich in die Wangen. Erwartungsvoll stieg sie den Hügel hinauf.
    Die Händler und Gaukler hatten sich bereits eingefunden, und am Rande des Festplatzes drängten sich die Bewohner des Städtchens, um kostenlos in das Vergnügen einer Aufführung zu kommen.
    Als Erstes gaben die Schauspieler eine Kostprobe ihres Könnens. Das kleine, leicht frivole Stück aus dem Decamerone begeisterte die Zuschauer.
    Doch als danach Raffael seine Kunst zum Besten gab, stockte allen der Atem.
    Der junge Feuerschlucker nahm ein Bündelchen Flachs und zog ein Stück davon heraus, als ob er spinnen wollte. Dann wickelte er das Knäuel zusammen und steckte es auf einen eisernen Stab. Diesen hielt er in die Flamme des Feuers und sagte zu den Anwesenden:
    »Dieses Flachsknäuel ist wie das Feuer meiner Liebe zu Rosaria. Es brennt und brennt, und man kann es kaum zum Verlöschen bringen. Doch eines Tages, Ihr Alten wisst es aus Erfahrung, ist die stärkste Liebe ausgebrannt. Was dann?«
    Die Alten nickten und lachten, nur der Sohn des Scherenschleifers, der trotz seiner Jugend schon ein rechter Schürzenjäger war, rief dazwischen: »Ist das eine Knäuel ausgebrannt, so suche dir das nächste. Flachs gibt es doch an jeder Ecke.«
    »Halt den Mund, Grünschnabel«, wies ihn die Frau des Weinhändlers zurecht. »Hier wird von Liebe gesprochen und nicht von dem, was sich unter deinen Beinkleidern nur schwer zügeln lässt.«
    Mit rotem Kopf schwieg der Schürzenjäger, und Raffael sagte: »Ich wickle das ausgebrannte Knäuel einfach in ein größeres Stück Flachs und stecke es mir in den Mund, damit das Feuer meines Herzens es neu entzündet.«
    Raffael tat, wie er gesagt hatte, schob das Flachsbündel in seinen Mund und breitete die Arme aus zum Zeichen, dass der Höhepunkt nahte. Alles Gemurmel erstarb, und ein jeder hielt seine Blicke fest auf Raffael gerichtet.
    Eine Magd aus der Stadt, die am Rande des Festplatzes stand, schlug sich vor Spannung sogar mit einem leisen Ausruf die Hand vor den Mund.
    Plötzlich begann Raffael zu blasen und im gleichen Moment schlug eine Flamme aus seinem Mund, die größer war, als die Feiernden sie je gesehen hatten.
    Sofort brach der Beifall los, und als Raffael nun noch zu Rosarias Platz ging und ihr mit einer Verbeugung eine Oleanderblüte überreichte, ging ein sehnsüchtiges Seufzen durch die Reihen der Frauen. Eine jede wünschte sich wohl heimlich, auch einmal so umworben zu werden.
    Rosaria freute sich

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