Medaillon des Schicksals (German Edition)
gebe ich dir eine Salbe. In ein paar Tagen wird es dir schon viel besser gehen.«
Das Mädchen nickte und sah Rosaria noch immer schweigend an, aber so, als wollte sie ihr etwas mitteilen.
»Grazia, bist du so lieb und holst aus der Küche eine Schale mit kaltem Wasser und Kamilleblüten darin?«, fragte Rosaria. Grazia nickte und verschwand.
Rosaria nahm die zierliche Hand des Mädchens und sah sie an. Simonettas Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. »Hat er dir etwas angetan?«, fragte sie.
Das Mädchen schluchzte auf und presste ihr Gesicht seitlich ins Kissen.
»Was hat er getan? Erzähl es mir.«
»Er hat mir einen Faustschlag versetzt«, schluchzte das Kind. »Einen Faustschlag, der mich auf das Bett geschleudert hat. Ich bin ohnmächtig geworden davon und weiß nicht, was weiter geschehen ist.«
»Und jetzt hast du Angst, dass er dich geschändet haben könnte, als du ohne Besinnung warst. Ist es so?«
Wieder schluchzte das Mädchen auf und nickte.
»Er hat es doch meinem Vater gegenüber angedroht«, sagte sie schließlich.
»Dann weißt du, dass es der Conte war?«
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Nicht sicher. Er trug ja eine Maske. Vielleicht war es auch einer, den er gedungen hat.«
»Hast du Schmerzen zwischen den Beinen? Hast du geblutet außerhalb deiner Zeit?«
Rosaria dachte an das eigene Blut zwischen ihren Beinen nach dem Zusammensein mit Raffael. Simonetta schüttelte den Kopf, und Rosaria seufzte erleichtert auf.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Er hat dich nicht geschändet. Wahrscheinlich waren die anderen Frauen im Haus sofort nach dem Schlag bei dir und haben Schlimmeres verhindert.«
»Grazia sagt, als sie kam, da war er schon weg.«
»Na, siehst du, er hätte gar keine Zeit gehabt.«
Simonetta lächelte nun, denn sie schenkte Rosarias Worten Glauben.
In diesem Moment kam Grazia mit der Wasserschüssel und zwei Tüchern herein. Rosaria erklärte dem Mädchen, was es machen musste, um seine Wunden zu kühlen, da drang von unten ein heftiges Klopfen herauf.
»Wer mag das sein?«, fragte Grazia. »Um diese Zeit?«
Eilig lief sie hinunter. Rosaria tauchte das Tuch ins Wasser, wrang es aus und legte es dem Mädchen auf das Auge. Das zweite Tuch ließ sie in der Schüssel liegen.
»Wechsle die Tücher, sobald die Kühlung nachlässt«, sagte sie, streichelte dem Kind noch einmal über die Stirn und verabschiedete sich mit den Worten: »Wenn du möchtest, dass ich dich noch einmal besuchen komme, dann lass nach mir schicken. Gott segne dich.«
Aus der Küche war leises Gemurmel zu hören, doch plötzlich erhob sich eine Männerstimme und schickte einzelne Wortfetzen durch das Haus.
Rosaria winkte dem Kind zu und eilte nach unten.
Sie sah Grazia in der Küche stehen, einen kleinen Lederbeutel in der Hand, und mit einem Mann reden, der Rosaria den Rücken zugewandt hatte.
»Einen guten Tag wünsche ich«, begrüßte Rosaria den Fremden. Dieser drehte sich um – und Rosaria erstarrte.
Vor ihr stand der Mann, von dem sie in der Nacht nach dem Zusammensein mit Raffael geträumt hatte. Es gab keinen Zweifel. Dieselben wilden Locken umrahmten sein Gesicht, aus dem zwei Augen in der Farbe der grün-silbernen Olivenbäume strahlten. Obwohl der Mann nicht lächelte, sah sie, als er den Gruß erwiderte, die gesunden, strahlend weißen Zähne. Er trug ein Leinenhemd, dessen kostbare Stickereien verrieten, dass er aus gutem Hause stammte. Das Hemd spannte an den Schultern und über dem Brustkorb und ließ einen gut ausgebildeten Oberkörper erahnen. Die Beinkleider waren ebenfalls aus kostbarem Stoff und gingen in leichte, lederne Reitstiefel über.
»Der junge Herr will mir seinen Namen nicht nennen«, beschwerte sich Grazia. »Er hat einen Beutel voller Scudi gebracht, die für Simonettas Pflege bestimmt sind.«
»Für Simonettas Pflege?«, fragte Rosaria. »Dann wisst Ihr also, was letzte Nacht hier geschehen ist?«
Der Fremde sah Rosaria an. Ihre Blicke verfingen sich und verursachten eine Hitzewelle in Rosarias Körper, die sich von den Füßen bis in den Kopf ausbreitete. Der Fremde antwortete nicht auf Rosarias Frage, sondern fragte seinerseits: »Und wer seid Ihr? Ich habe Euch noch nie hier gesehen.«
Diesmal antwortete Rosaria nicht, sondern fragte ihrerseits: »Ihr wart also öfter zu Gast in diesem Hause?«
Jetzt lächelte der Fremde. »Ihr seid klug und wisst die richtigen Fragen zu stellen. Nein, ich bin zum ersten Mal hier, doch die Mädchen sind
Weitere Kostenlose Bücher