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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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Eigentümerin gewesen war, stand für Rosaria fest. Wie auch sollte eine einfache Frau, eine Olivenhändlerin, die ihr Leben lang mit einer Kolonne durch das Land gezogen war, zu solch einem kostbaren Schmuckstück kommen?
    Nachdenklich betrachtete Rosaria das Medaillon und bemerkte dabei nicht, dass die Feuerschluckerin und die Scherenschleiferin ihr Tun mit wachsamen Augen verfolgten.
    Der nächste Tag stand ganz in den Vorbereitungen zu Paplas Begräbnis. Zunächst kam die Leichenwäscherin und richtete die sterbliche Hülle her, dann gesellten sich die Klageweiber hinzu, und zum Schluss holte Raffaels Mutter das reich bestickte Totenhemd aus Paolas Nachlass und legte es ihr an. Erst dann wurde der Leichnam Paolas in die nahe kleine Kapelle gebracht, in der am nächsten Morgen auch der Trauergottesdienst stattfinden würde.
    Rosaria hatte währenddessen geschlafen. Sie hatte die ganze Nacht mit Weinen und Wachen verbracht und war am Morgen schließlich zu Tode erschöpft in einen Schlaf gesunken, der so tief war, dass nichts und niemand sie darin stören wollte.
    Auch in der kommenden Nacht würde sie wieder die Totenwache bei Paola halten, nun allerdings in der kleinen Kirche am Rande des Olivenhains. Diesmal würde Ambra, die Wahrsagerin, bei ihr sein.
    Als die Totenlichter ihre zuckenden Schatten an die weiß gekalkte Kirchenwand warfen und sich die Schausteller zum gemeinsamen Gebet in der Kapelle eingefunden hatten, trug Rosaria zum ersten Mal das Medaillon im Ausschnitt ihres Kleides. Lange hatte sie deswegen mit sich gerungen. Zwar wusste sie noch immer nicht, woher das Medaillon stammte, doch in der vergangenen Nacht am Totenbett ihrer Mutter hatte sie begriffen, dass es von hoher Bedeutung für Paola gewesen und auch, dass mit diesem Medaillon ein Geheimnis verknüpft war. Ein Geheimnis, das Paola mit ins Grab genommen hatte.
    Still stand Rosaria neben der aufgebahrten Frau und versprach ihr im Angesicht des Kreuzes, das zu ihrem Kopf aufgestellt war: »Mutter, was immer du mir sagen wolltest, ich werde es in Erfahrung bringen. Und wer immer du auch gewesen sein magst, für mich wirst du bis zum Ende aller Tage die beste Mutter sein, die man sich wünschen konnte.«
    Wenig später war sie mit Ambra allein in der Kapelle. Und es dauerte gar nicht lange, da hatte die Alte das Medaillon um Rosarias Hals entdeckt.
    »Das Medaillon, hier ist es also nun«, sagte sie und nickte.
    »Was weißt du darüber, Ambra?«, fragte Rosaria eindringlich. »Bitte, du musst es mir erzählen. Paola ist gestorben, als sie es mir sagen wollte.«
    Ambra sah die junge Frau an.
    »Nichts geschieht ohne Sinn, Rosaria. Wenn Gott deine Mutter zu sich geholt hat, bevor sie dir ihr Geheimnis enthüllen konnte, so wollen wir Menschen dem Herrn nicht ins Handwerk pfuschen.«
    »Aber ich muss es wissen, Ambra. Bin ich wirklich Paolas und Estardos Tochter? Was hat es mit diesem Schmuck auf sich?«
    Doch Ambra befreite sich von Rosarias drängender Hand auf ihrem Arm und schüttelte leicht den Kopf.
    »Niemand kann seinem Schicksal entgehen, Mädchen. Und du bist deinem Schicksal einen großen Schritt entgegengekommen.«
    Mehr ließ sich die alte Wahrsagerin nicht entlocken, so sehr Rosaria auch drängte.
    Ambra schloss einfach die Augen und sang, den Oberkörper sanft hin und her wiegend, leise Kirchenlieder. Der Gesang beruhigte schließlich auch Rosaria und deckte einen lindernden Schleier über alle Trauer und alle Fragen.
     
    Am nächsten Morgen fand die Totenmesse statt. Bei den Gauklern und Händlern war es üblich, zu dieser Stunde einen Totentanz zu Ehren und im Angedenken an die Verstorbene aufzuführen.
    Die Schauspieler hatten in der Nähe der Kanzel eine einfache Bühne aus Brettern errichtet, die von zwei Seiten zugänglich war. Eine der Seiten sollte ein Grab darstellen. Von dieser Seite her trat ein Schauspieler im schwarzen Umhang auf, auf dessen Stoff ein Gerippe gemalt war – der Tod. Er proklamierte seine Herrschaft über die ganze Welt, über arm und reich, alt und jung, christlich und heidnisch mit lauten Worten vor der versammelten Gemeinde. Um seine Worte zu beweisen, rief er als Erstes den Papst auf, dargestellt vom ältesten Schauspieler der Truppe, vor ihm zu erscheinen. Der Papstdarsteller betrat von der anderen Seite die Bühne, laut gegen das Gebot des Todes protestierend und sein Schicksal beklagend. Der Tod näherte sich ihm, ergriff ihn bei der Hand, ohne sich um die Einwendungen und Klagen zu kümmern,

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