Medaillon des Schicksals (German Edition)
sie eine Schüssel mit Wasser und versuchte mit kalten feuchten Wickeln das Fieber zu bändigen. Leise stöhnte Paola auf, "wenn ihre Tochter die Tücher wechselte. Ihr Atem ging noch immer rasselnd.
Vorsichtig flößte Rosaria ihrer Mutter eine Mischung aus zerstoßenem Fenchel, Thymian und Honig ein, um den Husten zu lindern. Doch kaum war es ihr gelungen, der Kranken einen Löffel Medizin zu verabreichen, da überfiel ein neuer Anfall die gebeutelte, schwache Frau.
Die anderen saßen still um die beiden Frauen herum und versuchten durch Beten das ihrige beizutragen.
Ein neuer Anfall durchzuckte Paolas Brust, schüttelte ihren mageren Körper und ließ sie stoßweise nach Atem ringen. Mit unendlicher Anstrengung würgte die Frau und erbrach schließlich die verabreichte Medizin. Rosaria hatte ihr ein Tuch vorgehalten und besah nun besorgt das Erbrochene.
»Paola erbricht Blut«, hauchte sie, und die Frauen schlugen schnell ein Kreuz und verstärkten ihre Gebete. Jeder hier wusste, was es hieß, Blut zu erbrechen. Bluthusten nannte man die Krankheit, die Paola befallen hatte und für die es keine Rettung gab. Zu oft schon war einer der ihren von dieser Geisel dahingerafft worden. So oft, dass alle den Verlauf der Krankheit kannten. Das Fieber würde in den nächsten Stunden steigen. Schon jetzt konnte man den kalten Schweiß auf Paolas Stirn sehen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Kranke anfangen würde, wirr zu reden. Erst kurz vor dem Ende würde sich der Husten bessern und noch einmal einen Funken Hoffnung auf Genesung verheißen. Doch dieser Funken war trügerisch, das wussten alle.
Rosaria kniete neben ihrer Mutter; heiße Tränen rannen ihr über die Wangen.
»Mutter, bitte, du darfst nicht sterben. Ich brauche dich doch. Außer dir habe ich niemanden mehr auf der Welt. Bitte, Mutter, bleib bei mir.«
Die Frau des Feuerschluckers, Raffaels Mutter und bald schon Rosarias Schwiegermutter, nahm die weinende junge Frau in den Arm.
»Still, Rosaria, mach es ihr nicht noch schwerer. Du weißt, dass Paola erst gehen kann und von ihrem Leiden erlöst wird, wenn du sie loslässt. Beginne damit, Absch ied zu nehmen, mein Kind. Und lass nach einem Priester schicken.«
Rosaria nickte, und Raffaels Mutter gab ihrem Sohn daraufhin ein Zeichen, dass er zur Kirche laufen solle.
Paola warf sich in Schmerzen hin und her, als ihr ausgezehrter Leib von heftigen Hustenanfällen geschüttelt wurde, die jedem wehtaten, der dabei zusehen musste.
Wieder und wieder versuchte Rosaria, ihrer Mutter mit Fenchel und Thymian ein wenig Erleichterung zu verschaffen.
»Öl! Ich brauche Öl, heißes Öl mit Thymian. Davon ein Wickel auf die Brust, und bald ist der Husten vorbei«, murmelte sie, doch die Feuerschluckerfrau hielt ihr die unruhigen Hände fest.
»Lass, Rosaria. Kein Wickel mit Öl. Das Fieber würde nur noch schlimmer steigen.«
Rosaria nickte: Die Frau hatte Recht. Und doch konnte sie das Leid ihrer Mutter kaum noch mit ansehen. Das Herz wollte ihr schier zerreißen im Angesicht der Qual und des Leides, aber helfen konnte Rosaria nicht mehr. Das Wissen um die eigene Hilflosigkeit und Ohnmacht trieb ihr die Tränen in die Augen. Wieder und wieder wurde die Kranke von starken Anfällen geschüttelt. Ihr Gesicht war jetzt vollständig mit kaltem Schweiß bedeckt, das Haar hing in unordentlichen Strähnen herab, die Lippen waren blutleer, die Wangen hohl, die Augen geschlossen.
Endlich kam Raffael mit dem Priester.
Der Geistliche, ein Mönch aus dem nahen Kloster, besah die Kranke und machte ihr mit dem Finger das Kreuzeszeichen auf die Stirn.
»Es ist Zeit für die Letzte Ölung«, sagte er und legte Rosaria tröstend eine Hand auf die Schulter.
»Wir wollen froh sein, wenn sie noch einmal zu sich kommt.«
Als hätte Paola diese Worte gehört, schlug sie die Augen auf. Ihre Hand irrte suchend durch die Luft und fand schließlich Rosarias Rechte. Die junge Frau reichte der Mutter einen Schluck Wein, den Paola schon nicht mehr trinken konnte. Mit einer Geste bat sie darum, dass ihr damit die Lippen benetzt würden.
Das Rasseln ihres Atems war inzwischen in ein gefährliches Pfeifen übergegangen. Jeder sah, wie mühsam es für Paola war, das Sprechen auch nur zu versuchen. Doch noch einmal nahm sie all ihre Kraft zusammen und holte unter ihrem Kleid einen kleinen Lederbeutel hervor.
Mit zitternder Hand reichte sie den Beutel ihrer Tochter und öffnete die bleichen Lippen. Ein Flüstern nur war zu
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