Medaillon des Schicksals (German Edition)
gesagt. Seit Jahren schon sprachen die Eheleute nicht mehr miteinander. Worüber auch? Und Donatella war seit 18 Jahren nicht mehr von ihrem Ehemann in ihrer Kammer aufgesucht worden. Nur zu den wichtigen Gottesdiensten sah man das Ehepaar noch Arm in Arm zur Kirche gehen.
»Seid mir willkommen«, begrüßte Donatella den Kaufmann und bewunderte mit einem Blick die kostbare Kleidung. Signor Panzacchi trug einen Mantel aus feinstem belgischen Tuch und darunter ein Gewand in der Farbe der toskanischen Erde mit krapproten Ärmeln, das mit goldener Stickerei verziert war. Er war nicht groß, eher gedrungen, mit einem breiten Brustkorb und behaarten Handrücken. Seine Finger waren mit unzähligen Ringen geschmückt und seine Mantelspange von einem riesigen Rubin gekrönt. Das dunkle Haar wogte wie eine Meereswelle um seinen Kopf und verdeckte die niedrige Stirn. Unter buschigen Augenbrauen blickten zwei blitzende schmale Augen von schlammig-grüner, verwaschener Farbe in die Welt. Kaufmannsaugen, die mit einem Blick die gesamte Halle der Burg besahen und jeden Gegenstand nach seinem Wert abschätzten. Sein Blick flog über die verblichenen Wandteppiche, die einst strahlend schön und leuchtend gewesen waren, verweilten an den Truhen, deren kostbare Schnitzereien zwar von vergangener Schönheit erzählten, deren jetziger Wert jedoch durch die herausgerissenen Scharniere und das glanzlose Holz gemindert wurden.
Die Contessa ließ den besten Chianti, der noch im Hause war, in den kostbaren Kristallgläsern aus Murano servieren, doch der Kaufmann sah auch hier auf den ersten Blicke die winzigen herausgebrochenen Stückchen am oberen Glasrand.
Er ließ den Rotwein im Glas kreisen, roch daran und nahm schließlich einen Schluck. Er kaute einen Moment darauf herum und ließ ihn schließlich behaglich die Kehle herunterrinnen.
»Der Wein ist gut«, sagte er und fuhr mit dem Finger über den kaputten Glasrand. »Doch die Gläser müssten erneuert werden. Ich kann nicht zulassen, dass sich meine Tochter daran schneidet. Auch die Truhen gehören auf den Müll. Oder soll sich Isabella etwa an den heraushängenden Scharnieren die Kleider zerreißen?«
»Wir werden natürlich alles tun, was in unseren Kräften steht, um Eurer Tochter hier ein gemütliches Heim zu schaffen, sollte die Verbindung zustande kommen«, sagte die Contessa mit kühler Stimme. »Doch die Unterhaltung einer so großen Burg wie der unsrigen kostet ein Vermögen und ist nicht mit der Unterhaltung eines Bürgerhauses zu vergleichen.«
»Unterschätzt mich nicht, Contessa. Meine Kontore und Faktoreien in ganz Europa haben ihren Wert, und die drei Dutzend Angestellten allein in Florenz wollen bezahlt sein. Als Hoflieferant der Medici in Sachen Überseeware muss ich auch als Kaufmann auf Status, den guten Leumund und Verbindungen achten. Und eine Verbindung mit den di Algaris steht derzeit nicht im besten Ruf.«
»Nun«, erwiderte die Contessa mit einer leisen Spur von Hochmut. »Was wollt Ihr dann hier?«
Der Kaufmann lehnte sich bequem in den Sessel zurück und fuhr mit der Hand über das abgesplitterte Holz der Lehne. »Ich möchte mit Euch über die Hochzeit unserer Kinder sprechen.«
»Gut«, erwiderte die Contessa. »Ein Mann wie Ihr verheiratet sein Kind nicht ohne Nutzen. Welchen Nutzen wollt Ihr also herausschlagen?«
»Nicht doch, meine Liebe. Das Wort Nutzen im Rahmen der Hochzeit unserer Kinder auszusprechen erscheint mir, wie soll ich sagen, unmanierlich.«
»Was wollt Ihr dann?«
Der Kaufmann lachte und verschränkte die Hände vor dem mächtigen Bauch. Er fühlte sich wohl hier, das war deutlich, und er genoss das Unbehagen der Contessa.
»Ich höre, Ihr habt einen Vetter im Vatikan«, fuhr er im Plauderton fort. »Kardinal soll er sein, der Vetter, und von großem Einfluss auf den Papst.«
Die Contessa nickte und sah den Kaufmann abwartend an.
»Nun, ich dachte, es wäre auch für Euch von Vorteil, wenn Euer Sohn keine Bürgerstochter, sondern eine Adlige heiratet. Euer Vetter in Rom könnte das veranlassen.«
Die Contessa lachte hellauf.
»Habe ich Euch richtig verstanden? Ihr wollt in den Adelsstand erhoben werden?«
Der Kaufmann nickte. »Es soll Euer Schaden nicht sein. Ihr habt den Namen, aber kein Geld. Ich habe Geld, und Ihr könnt mir zu einem Namen verhelfen.«
Wieder sah er sich in der Halle um und brachte somit zum Ausdruck, dass der Verfall der Burg ihm nicht verborgen geblieben war.
Die Contessa schwieg.
»Nun, meine
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