Medaillon des Schicksals (German Edition)
fasste er nach ihrer Hand und führte sie an seine Lippen. Der Kuss war nur ein Hauch, kaum, dass sein Mund ihre Hand berührte, doch Rosaria empfand diese Liebkosung mit allen Fasern ihres Körpers. Eine heiße Welle durchströmte sie von Kopf bis Fuß und ließ ihr die Knie weich werden, sodass sie sich für einen Lidschlag an seinen Körper lehnen musste, um nicht zu wanken. Und er hielt sie, streichelte mit einer Hand ganz behutsam die Stelle zwischen ihren Schulterblättern, gab ihr mit dieser Liebkosung Halt und Geborgenheit. Rosaria schloss die Augen und wünschte, dass dieser Moment niemals enden werde. Ewig wollte sie so tanzen, im Arm des Mannes, den sie liebte und nicht lieben durfte. Sie kostete seine Nähe aus, wohl wissend, dass ihr diese Nähe mit dem Ende des Tanzes für immer genommen werden würde.
Und schon war der Tanz vorbei. Rosaria öffnete die Augen, fand sich wieder auf dem Verlobungsfest für eine andere, empfand die Wirklichkeit wie einen Schlag, der sie taumeln ließ, und floh regelrecht aus Giacomos Armen an den Rand der Tanzfläche, während der junge Conte mit leeren Händen dastand, bis er von seiner Braut energisch fortgezogen wurde.
Einzig ihre Blicke hielten noch die Verbindung zueinander, waren ein Band, geknüpft aus einer Liebe, die niemals Wirklichkeit werden durfte, aber auch niemals vergehen würde. Rosaria atmete schwer. Sie stand noch immer am Rand der Tanzfläche, ihr Busen hob und senkte sich unter heftigen Atemstößen, und sie wusste nicht, was sie sich in diesem Moment wünschen sollte.
Plötzlich hörte sie leise ihren Namen rufen. Nur mit allergrößter Mühe gelang es ihr, den Blick von. Giacomo zu lösen. Wie im Traum wandte sie sich um und sah sich der Contessa Donatella di Algari gegenüber.
»Es ist Zeit, Olivenhändlerin, dass du den Liebestrank reichst. Ich werde dem Majordomus, der die Festlichkeiten leitet, Bescheid geben, dass du nun als Vertreterin der Gaukler eure persönlichen Glückwünsche überbringen willst.«
Rosaria nickte. »Ich werde den Trank aus meinem Wagen holen. Sobald ich zurück bin, könnten die Musikanten der Kolonne mich mit einem kurzen Tusch ankündigen.«
Die Contessa nickte zum Einverständnis und sagte: »In der Zwischenzeit werde ich Gläser zum Baldachin bringen lassen.«
Dann schickte sie einen Blick zum Himmel und ein Seufzen hinterher. »Heilige Madonna, hilf, dass der Liebestrank wirkt und mein Sohn glücklich werden kann mit dieser Frau.«
Dann drehte sich die Contessa um und verschwand so schnell und unbemerkt, wie sie gekommen war.
Rosaria ging zum Wagen; ihre Knie waren noch immer weich von der Begegnung mit Giacomo. Sie presste beim Laufen eine Hand auf ihr klopfendes Herz. Beim Tanz hatte sie sein Atem gestreift. Und dieser kurze Augenblick hatte genügt, dass Rosaria das Aroma des geheimnisvollen, unendlich zarten Kusses im Garten wiedergefunden hatte. Dann war es wirklich Giacomo gewesen, der sie gestern unter der alten Esche geküsst und ihr Blut wie nie zuvor in Wallung gebracht hatte.
Eine unendliche Traurigkeit überfiel sie, eine Traurigkeit, die so groß war, dass ihr die Tränen in die Augen traten und heiß über ihre Wangen rollten. Sie wusste, mit dem Reichen des Liebestrankes würde sie Giacomo für immer verlieren. Verlieren, ohne ihn je besessen zu haben.
Endlich war sie an ihrem Wagen angelangt und holte vorsichtig die Flasche mit dem kostbaren Trank hervor. Sie öffnete den Korken und roch an dem Gemisch, das ihr süß und verlockend in die Nase stieg. Einen winzigen Augenblick überlegte sie, ob sie die Flüssigkeit nicht einfach auf den Boden gießen und darin versickern lassen sollte, doch dann dachte sie wieder an das Orakel. Sie musste sich Giacomo aus dem Kopf schlagen. Um ihr und sein Leben zu retten, musste sie dafür sorgen, dass der Liebestrank seine Wirkung tat und Giacomo seiner schönen florentinischen Braut verfiel. Sie wusste, dass sie so handeln musste, doch ihre Brust krampfte sich bei diesem Gedanken schmerzhaft zusammen, und Tränen strömten ihr aus den Augen, die so dick waren wie die Regentropfen eines Sommergewitters.
Rosaria fühlte den wilden Schmerz der Entsagung in ihrem Innern toben. Ihr war, als würde ihr das Herz bei lebendigem Leibe aus der Brust gerissen. Sie fühlte ihr Blut heiß wie Lava durch ihren Körper strömen und wusste, dass es bald erstarren würde. Erstarren zu Eis, um niemals wieder von einem Mann zum Glühen gebracht zu werden.
Noch einmal
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