Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
Vom Netzwerk:
würde.
    Doch sie stürzte nicht zu Boden, sondern wurde gehalten, auf wundersame Weise gehalten. Es war die Contessa Donatella di Algari, die Rosaria, Tochter der Olivenhändler Paola und Estardo aus Lucca, in ihren Armen auffing.
    Rosaria spürte den plötzlichen Halt, spannte ihren Körper, riss sich nach vorn und verhinderte so, dass sie beide zu Boden stürzten.
    Noch immer in größter Verwirrung, drehte Rosaria sich um, fasste die Burgherrin am Arm, um auch ihr wieder zu einem festen Stand zu verhelfen. Doch jetzt waren auch die Helfer da. Giacomo stützte mit einem Arm seine Mutter und hatte den anderen um Rosarias Hüfte gelegt. Im Hintergrund ertönte das dreckige Lachen des Conte, während man Panzacchi »Unverschämtheit!« und andere grobe Beschimpfungen schreien hörte.
    Aber die Beschimpfungen erreichten die Adressaten nicht. Zu ungeheuerlich war das, was geschehen war.
    Die Contessa stand Rosaria gegenüber und sah mit starrem Blick auf Rosarias Medaillon. Im Fallen hatte sich ihr Brusttuch gelöst, das das Schmuckstück nun nicht länger verbarg, sondern es allen Blicken aussetzte.
    Und die Contessa starrte darauf, sie fixierte das Medaillon mit brennenden Blicken, als wäre es die Dornenkrone, die der Heiland auf seinem letzten Gang getragen hatte. Sie stand wortlos da, doch ihr Körper versteifte sich, als wäre ihr der Schreck in alle Glieder gefahren und hätte sie zu Eis verwandelt. Blass und blasser wurde ihre Haut, ihr Blick trübte sich, die Lippen verloren jede Farbe, und aus ihrem Mund erklang ein Stöhnen, das dem eines Tieres glich, welches unendliches Leid zu ertragen hatte. Es war ein Stöhnen, das in jedem, der es hörte, tiefes Mitgefühl hervorrief. Die Contessa Donatella di Algari taumelte zurück, als hätte sie einen heftigen Schlag vor die Brust erhalten, griff mit beiden Händen nach ihrer Kehle und rang keuchend nach Atem, als würde sie jeden Moment ersticken. Noch immer konnte sie nicht den Blick von Rosarias Medaillon lösen, noch immer starrte sie auf die junge Frau – und fiel schließlich ohnmächtig in Giacomos Arme wie ein gefällter Baum.
     
    Was nun geschah, hatte man in der ganzen Toskana, vielleicht in ganz Italien noch nicht erlebt.
    Zunächst herrschte Schweigen. Es schien, als wäre die Zeit stehen geblieben. Niemand bewegte sich, alle waren erstarrt, als hätte eine böse Fee ihren Zauber über die Anwesenden gelegt. Doch dann reagierten alle auf einmal.
    Isabella, die in ihrem weißen Verlobungskleid dastand und noch immer nicht Herrin ihrer selbst war, schleuderte heiße Blitze des Hasses auf alle und jeden. Endlich aber, als eine ihrer Hofdamen versuchte, sie tröstend in die Arme zu schließen, ging ihr das ganze Ausmaß der öffentlichen Bloßstellung auf, und sie stampfte mit den Füßen auf, wieder und wieder, als wollte sie Oliven und Weintrauben zerdrücken, dann ballte sie beide Fäuste, riss den Mund weit auf und schrie in der Art eines gekränkten Kindes so gellend, dass die Vögel in Scharen aus den Baumkronen flohen. Die Hofdame versuchte noch immer, sie zu trösten, doch Isabella trommelte unablässig schreiend auf die Brust der armen Frau ein, bis der Kaufmann Panzacchi, ihr Vater, ihr schließlich eine Maulschelle verpasste, sie am Arm nahm und wegführte. Im Gehen aber wandte sich der Florentiner an Daria, die als Einzige aufnahmefähig schien, und zischte zwischen zusammengepressten Zähnen. »Das hat ein Nachspiel. Darauf könnt Ihr Euch verlassen!«
    Der Conte Giovanni di Algari war von seinem Lehnstuhl aufgestanden und lachte so laut und dröhnend, dass sein fetter Wanst von der Erschütterung auf und nieder hüpfte wie ein rollendes Fass. Er lachte und lachte, schien sich schier ausschütten zu wollen vor Belustigung und begriff wohl erst beim Abgang des Kaufmanns, dass der weitere Fortbestand seiner Burg nun wieder auf das Höchste gefährdet war. Als ihm das klar wurde, eilte er dem Florentiner hinterher, zog ihn am Ärmel und versuchte, ihn und die wutentbrannte Isabella in die Burghalle zu ziehen.
    Daria stand da, hielt noch immer die weiße Lilie und lächelte ein ganz feines, fast entrücktes Lächeln. Der junge Ritter eilte zu ihr und geleitete sie behutsam zurück zu ihrem Stuhl, als befürchte er, auch sie könne in den nächsten Sekunden ohnmächtig niedersinken.
    Giacomo hielt seine Mutter noch immer im Arm und sprach leise auf sie ein. Doch da kam schon die alte Amme. Sie hielt der Contessa ein Riechfläschchen unter die

Weitere Kostenlose Bücher