Medaillon des Schicksals (German Edition)
Lächeln erschien auf seinen Lippen, und er antwortete: »Die Leidenschaft in dir lässt sich wohl nicht mehr lange zügeln, was? Keine Angst, mein Stern, wir werden heiraten, sobald es der Älteste gestattet, und von da ab jeden Tag und jede Nacht gemeinsam verbringen.«
Er fuhr mit der Hand leicht und so, dass es niemand anderes sehen konnte, über Rosarias Brüste und wiederholte: »Jede Nacht gemeinsam.«
Rosaria stöhnte leise auf und schloss die Augen. Es war der Schmerz der Entsagung, der sie stöhnen ließ. Sie konnte nicht verhindern, dass ihr bei dem Gedanken, mit Raffael die Nächte zu verbringen, die Tränen in die Augen stiegen. Nie war ihr klarer als in diesem Moment, dass sie Raffael nicht liebte und jede Vereinigung mit ihm sie in gewisser Weise beschmutzen würde.
Sollte eine Ehe mit Raffael wirklich das Schicksal sein, welches ihr vorbestimmt war?
Sie musste aufhören, darüber nachzugrübeln. Sie musste Raffael heiraten und mit ihm eine Familie gründen. So war es am besten für sie selbst und am besten auch für alle, mit denen sie zu tun hatte. An Raffaels Art der Liebe würde sie sich schon noch im Laufe der Zeit gewöhnen. Und vielleicht gelang es ihr ja auch, ihm klarzumachen, dass sie zwar seine Frau werden würde, niemals aber sein Besitz, mit dem er machen konnte, was er wollte.
Noch einmal warf sie einen Blick auf Giacomo di Algari, der ihr so schön und elegant, so männlich und edelmütig erschien wie kein Mann je zuvor. Gerade ritt er zu Isabella und nahm aus ihrer Hand den Lorbeerkranz des Siegers entgegen. Er zeigte ihn stolz in die Runde, dann verbeugte er sich vor dem Publikum, küsste Isabella galant die Hand und wandte sich nun seiner Mutter zu, der Contessa Donatella di Algari. Er verbeugte sich ehrerbietig vor ihr und setzte dann ihr den Siegerkranz aus Lorbeeren auf die gestickte Haube.
Diese Geste, die gleichzeitig Dankbarkeit, Liebe und Hochachtung der Mutter gegenüber zum Ausdruck brachte, wurde von den Gästen erneut mit stürmischem Beifall und Vivat-Rufen belohnt.
Isabellas Zorn jedoch, die in dieser Bezeugung eine Zurückweisung ihrer eigenen Person empfand, sah niemand außer dem Conte Giovanni di Algari, der daraufhin ein teuflisches Grinsen aufsetzte, das jedem, der es gesehen hatte, kalte Schauer über den Rücken jagte.
Nur einer einzigen Person entgingen weder der Zorn der schönen florentinischen Kaufmannstochter noch das diabolische Lächeln des grausamen Conte.
Es war die alte Amme, die, von niemandem beachtet, am Eingang des kleinen Kräutergärtchens auf einem Schemel saß, ihre Blicke wieselflink zwischen allen Anwesenden, die sich unter Hern Baldachin versammelt hatten, hin und her eilen ließ und der nichts, auch nicht die kleinste Gefühlsregung entging.
»Rosaria, du musst aufpassen. Gut aufpassen musst du, mein Kind. Und ich werde dir dabei mit allen Kräften helfen. Doch die Macht des Bösen ist groß«, flüsterte sie unhörbar.
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10. Kapitel
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Am frühen Abend, als die Sonne sich schon ein ganzes Stück der Erde genähert hatte und die Burg selbst kühlenden Schatten über den geschmückten Hof warf, folgte der eigentliche Festakt der Verlobung.
Unter dem Baldachin hatte sich nun die Anordnung der Sitzplätze ein wenig geändert. In der Mitte standen zwei gepolsterte Lehnstühle, auf denen das junge Brautpaar Platz genommen hatte. Isabella hatte sich umgezogen und trug nun ihr offizielles Verlobungskleid, einen Traum aus weißer Seide, verziert mit winzigen Perlen. Auf dem langen, blonden Haar ruhte ein Kranz aus weißen Lilien als Symbol der Reinheit und Unschuld.
Giacomo saß neben ihr und hatte das Turniertrikot gegen ein blütenweißes, kostbar besticktes Leinenhemd mit Ornamenten in der Form von Efeu getauscht, welches seinem olivenfarbenen Teint und seinen schwarzen Locken schmeichelte, die ihm bis über den Kragen fielen.
Links hinter Isabella hatte die Familie di Algari Platz genommen. Die Contessa Donatella saß neben ihrem Mann, doch ihre Haltung zeigte an, wie sehr sie sich bereits von ihrem Gemahl entfernt hatte. Obwohl die Stühle eng beieinander standen, lehnte die Contessa am äußersten Rand, der den größtmöglichen Abstand zu Conte Giovanni darstellte. Der Conte selbst, angetan mit einem langen dunkelgrünen Umhang, der von einer goldenen Spange gehalten wurde und das kostbare, ebenfalls dunkelgrüne Wams gut zur Geltung brachte, saß, nein, er lümmelte mit weit gespreizten Beinen in dem Stuhl, hatte seinen
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