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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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aufräumte, erschien Rob in ihrem Lager. Er nickte Mary höflich zu, ging geradewegs auf ihren Vater zu und hielt ihm eine Flasche Brandy als Versöhnungsgabe hin. »Setzt Euch«, sagte ihr Vater zögernd. Aber nachdem die beiden Männer gemeinsam getrunken hatten, wurde ihr Vater freundlicher, zweifellos weil es angenehm war, kameradschaftlich zusammenzusitzen und auf englisch zu plaudern, und auch weil es schwer war, Rob Cole gegenüber reserviert zu bleiben. Es dauerte nicht lang, bis James Cullen dem Besucher erzählte, was er vorhatte. »Ich habe von einer Schafrasse im Osten gehört, deren Tiere mager sind und einen schmalen Rücken haben, deren Schwänze und Hinterbeine jedoch so fett sind, dass das Schaf, wenn die Nahrung knapp wird, von den aufgespeicherten Reserven leben kann. Die Lämmer haben ein seidiges Vlies von seltenem, ungewöhnlichem Glanz. Wartet einen Moment, ich zeige es Euch!« Er verschwand im Zelt und kam mit einem Hut aus Lammfell heraus. Das Vlies war grau und dicht gelockt.
    »Feinste Qualität«, erklärte er eifrig. »Das Vlies bleibt nur bis zum fünften Lebenstag des Lammes so gelockt, dann ist das Fell nur noch gewellt, bis das Tier zwei Monate alt ist.«
    Rob begutachtete den Hut und versicherte James Cullen, dass dies ein feines Fell sei.
    »Und ob es das ist«, sagte Cullen und setzte den Hut auf, worauf sie alle drei lachten, weil es eine warme Nacht und so ein Pelzhut doch für den Schnee gedacht war. Cullen trug ihn wieder ins Zelt, dann saßen sie zu dritt vor dem Feuer, und Marys Vater ließ die Tochter ein- oder zweimal aus seinem Glas trinken. Es fiel ihr schwer, den Brandy hinunterzuschlucken, doch hinterher kam ihr die Welt sicherer vor.
    Donner grollte und erschütterte den rötlichen Himmel, Wetterleuchten brachte sekundenlang Helligkeit, so dass sie Robs männliche Gesichtszüge sehen konnte, doch die empfindsamen Augen, die es so schön machten, waren ihren Blicken entzogen.
    »Ein merkwürdiges Land, in dem es donnert und blitzt wie bei uns und doch nie ein Tropfen Regen fällt«, meinte ihr Vater. »Ich erinnere mich gut an den Morgen, an dem du zur Welt kamst, Mary Margaret. Auch damals blitzte und donnerte es, aber dazu fiel dichter schottischer Regen, als hätten die Himmel sich geöffnet und würden sich nimmer schließen.«
    Rob beugte sich vor. »War das in Kilmarnock, wo Eure Familie ihre Besitzungen hat?«
    »Nein, es war in Saltcoats. Ihre Mutter war eine Tedder aus Saltcoats. Ich hatte Jura in das alte Haus der Tedders gebracht, weil sie sich während der Schwangerschaft sehr nach ihrer Mutter sehnte. Sie feierten und umsorgten uns wochenlang, so dass wir zu lange blieben. Jura wurde von den Wehen überrascht, und daher kam Mary dort zur Welt statt in Kilmarnock wie eine richtige Cullen. Sie wurde im Haus ihres Großvaters geboren, von dem aus man einen Blick auf den Firth of Clyde hat.«
    »Vater«, unterbrach Mary ihn sanft. »Master Cole interessiert sich nicht für den Tag meiner Geburt.«
    »Im Gegenteil«, widersprach Rob. Er stellte Fragen über Fragen an ihren Vater und hörte ihm geduldig zu.
    Sie betete, dass es nicht wieder blitzte, denn ihr Vater sollte nicht sehen, dass die Hand des Baderchirurgen auf ihrem nackten Arm lag. Seine Berührung war leicht wie ein Flaum, aber ihr Körper bestand nur noch aus erwachten Gefühlen und Gänsehaut, als hätte sich die Zukunft angekündigt, oder als wäre die Nacht kühl.

    Am 11. Mai erreichte die Karawane das Westufer der Arda, und Karl Fritta beschloss, dort einen Tag zu lagern, damit die Wagen instandgesetzt und damit bei den Bauern der Umgebung Vorräte gekauft werden konnten.
    Cullen nahm Seredy mit und bezahlte einen Führer, der sie über den Fluss in die Türkei bringen sollte, denn ungeduldig wie ein Junge konnte er es nicht erwarten, die Suche nach den Schafen mit den breiten Schwänzen zu beginnen.
    Eine Stunde später bestiegen Mary und Rob den ungesattelten Rappen und entfernten sich vom Lärm und dem Durcheinander. Als sie am Lager der Juden vorbeikamen, beobachtete sie der magere Junge. Es war Simon, der als Robs Lehrer füngierte. Er versetzte einem der anderen grinsend einen leichten Rippenstoß, um ihn auf die Vorbeireitenden aufmerksam zu machen.
    Mary war das gleichgültig. Ihr war schwindlig, vielleicht infolge der Hitze, denn die Morgensonne glich einem Feuerball. Mary schlang die Arme um Robs Brust, um nicht vom Pferd zu fallen, schloss die Augen und lehnte den Kopf an seinen

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