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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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»Ich weiß es nicht, Herr. Krank.«
    »Hatten sie Diener?«
    »Ich habe niemanden gesehen, der ihnen behilflich war.« Zweifellos waren die Diener davongelaufen, dachte Rob. »Haben sie über genügend Nahrungsmittel verfügt?«
    »Ich selbst habe der Frau einen Korb Hülsenfrüchte und drei Laib Brot gegeben, Herr.«
    Rob schaute Boudi so durchdringend an, daß dieser Angst bekam. »Warum hast du ihnen die Lebensmittel gegeben?« Der Kamelhändler zuckte mit den Achseln. Er drehte sich um, stöberte in einem Sack und zog mit dem Griff voran ein Messer heraus. Man konnte auf jedem persischen Markt schönere finden, aber dieser Dolch war der endgültige Beweis, denn als Rob ihn zum letztenmal gesehen hatte, hing er am Gürtel von James Geikie Cullen.

    Wenn er sich Kanm und Mirdin anvertraute, würden sie darauf bestehen, ihn zu begleiten. Er aber wollte allein reiten. Er hinterließ ihnen bei Jussuf-al-Gamal eine Nachricht. »Richtet ihnen aus, daß ich in einer persönlichen Angelegenheit abberufen wurde und ihnen bei meiner Rückkehr alles erklären werde«, trug er dem Bibliothekar auf. Nur Jalal weihte er in seine Pläne ein. »Ihr reitet für einige Zeit fort? Aber warum?«
    »Es ist wichtig. Es handelt sich um eine Frau...«
    »Selbstverständlich«, murmelte Jalal. Der Knocheneinrichter war verärgert, bis er überlegte, daß es ja genügend Studenten gab, die ihm in der Klinik helfen konnten. Dann erst nickte er.
    Rob brach am nächsten Morgen auf. Es war eine lange Reise, und er wollte unangebrachte Hast vermeiden, doch er hielt den braunen Wallach in Trab, denn er mußte unaufhörlich an Mary denken, die sich allein mit ihrem kranken Vater in einer wilden, fremden Welt befand. Es war Sommerwetter. Die Schmelzwässer des Frühjahrs waren längst unter der kupferfarbenen Sonne verdunstet, so daß ihn der salzige Staub Persiens bedeckte, der auch in seine Satteltasche drang. Er aß ihn mit seiner Nahrung und trank eine dünne Salzschicht mit jedem Schluck Wasser. Überall erblickte er wilde Blumen, die braun geworden waren, aber er kam auch an Menschen vorbei, die den felsigen Boden bestellten. Sie nutzten die geringste Feuchtigkeit, um die Weingärten und Dattelbäume zu bewässern, wie es seit tausend Jahren getan wurde.
    Am vierten Tag kam er bei Einbruch der Dämmerung nach Datur. Wegen der Dunkelheit konnte er nichts unternehmen, aber am nächsten Morgen ritt er bei Sonnenaufgang weiter. Am Vormittag nahm ein Kaufmann in einem kleinen Dorf Robs Münze an, biß hinein und berichtete ihm dann, daß jeder hier von den Christen wisse.
    Sie lebten in einem Haus in Ahmads wadi , einen kurzen Ritt nach Westen. Das Tal fand er nicht, aber er traf zwei Ziegenhirten, einen alten Mann und einen Jungen. Auf seine Frage nach den Christen spuckte der alte Mann aus.
    Rob zog seine Waffe. Eine fast vergessene Bösartigkeit stieg in ihm auf. Der Alte spürte sie, hob, ohne das Breitschwert aus den Augen zu lassen, den Arm und zeigte in eine bestimmte Richtung. Rob ritt los. Als er außer Reichweite war, legte der jüngere Ziegenhirte einen Stein in seine Schlinge und schleuderte ihn. Rob hörte, wie er hinter ihm auf die Felsen prallte.
    Plötzlich stieß er auf das wadi . Er folgte dem ausgetrockneten Flußbett ein gutes Stück, bis er das kleine, aus Lehm und Steinen errichtete Haus sah. Mary stand draußen und kochte Wäsche aus. Als sie ihn sah, sprang sie wie ein wildes Tier ins Haus. Bis er vom Pferd gestiegen war, hatte sie drinnen einen schweren Gegenstand vor die Tür geschoben. »Mary?«
    »Bist du es?«
    »Ja.«
    Stille folgte, dann ein scharrendes Geräusch. Offenbar schob sie einen Steinblock weg. Die Tür ging auf,.zuerst nur einen Spaltbreit, dann weiter.
    Ihm fiel ein, daß sie ihn nie mit dem Bart oder in persischer Kleidung gesehen hatte, wenn auch der lederne Judenhut derselbe war, den sie kannte.
    Sie hielt das Schwert ihres Vaters in der Hand. Die schwere Prüfung stand ihr ins Gesicht geschrieben, das schmaler geworden war, so dass ihre Augen, die breiten Backenknochen und die lange, schlanke Nase noch mehr auffielen. Sie hatte Blasen auf den Lippen, und er erinnerte sich, daß sie sie immer bekam, wenn sie erschöpft war. Ihre Wangen waren rußig und von zwei Linien durchzogen, die von den Tränen am rauchenden Feuer kamen. Als sie blinzelte, sah er, daß sie so vernünftig war, wie er sie in Erinnerung hatte.
    »Bitte. Wirst du ihm helfen?« fragte sie und zog ihn schnell ins Haus.

    Als Rob James

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