Medicus 01 - Der Medicus
Bogen mit, die kürzer waren als die persischen. Die Soldaten trugen zerlumpte Kleidung und ehemals weiße Turbane mit dunklen Schweiß- und Schmutzflecken. Ein Gestank ging von ihnen aus, der bis zu Rob drang. Voller Angst wartete er darauf, daß eines seiner Pferde ihn verraten oder ein Reiter durch die Büsche spähen und ihn und die schlafende Frau entdecken könnte.
Ejn vertrautes Gesicht kam in Sicht, und er erkannte Hadad Khan, den ungestümen Gesandten der Seldschuken am Hof von Alã Shahansha . pas waren also Seldschuken. Und neben dem weißhaarigen Hadad Khan ritt noch jemand, den er kannte, ein mullah namens Musa Ibn Abbas, persönlicher Gehilfe des Imam Mirza-abul Qandrasseh, des persischen Großwesirs.
Rob sah noch sechs andere mullahs und zählte sechsundneunzig berittene Soldaten. Er konnte unmöglich wissen, wie viele vorbeigeritten waren, während er noch geschlafen hatte.
Weder sein Pferd noch das von Mary wieherte oder gab ein Geräusch von sich, das ihre Anwesenheit verraten hätte. Endlich ritt der letzte Seldschuke vorbei, und Rob wagte wieder zu atmen, während er hörte, wie der Lärm schwächer wurde.
Nun küßte er seine Frau, um sie zu wecken, und dann verlor er keine Zeit mehr. Er brach das primitive Lager ab, und sie machten sich auf den Weg, denn jetzt hatte er jeden Grund zur Eile.
Der Chatir
»Verheiratet?« fragte Karim. Er sah Rob grinsend an.
»Eine Frau! Ich hatte nicht erwartet, daß du meinen Rat annehmen würdest«, strahlte Mirdin. »Wer hat diese Ehe vereinbart?«
»Niemand. Das heißt«, unterbrach sich Rob hastig, »es gab vor einem Jahr eine Heiratsvereinbarung, die aber bis jetzt nicht durchgeführt wurde.«
»Wie heißt sie?« fragte Karim.
»Mary Cullen. Sie ist Schottin. Ich habe sie und ihren Vater in einer Karawane auf meiner Reise nach dem Osten kennengelernt.« Er erzählte ihnen von James Cullen, seiner Krankheit und seinem Tod. Mirdin schien kaum zuzuhören. »Eine Schottin. Sie ist Europäerin?«
»Ja. Sie stammt aus einem Ort nördlich von meiner Heimat.«
»Sie ist Christin?«
Rob nickte.
»Ich muß diese Europäerin kennenlernen«, sagte Karim. »Ist sie hübsch?«
»Sie ist sehr schön!« platzte Rob heraus, und Karim lachte. »Aber ich will, daß ihr euch selbst ein Urteil macht.«
Rob dehnte durch eine Handbewegung die Einladung auf Mirdin aus, merkte aber, daß sein Freund bereits gegangen war.
Rob freute sich nicht gerade darauf, dem Schah zu berichten, was er gesehen hatte, aber er wußte, daß er sich zur Treue verpflichtet hatte und ihm keine andere Wahl blieb. Als er im Palast erschien und verlangte, den König zu sprechen, lächelte Khuff hart. »Was ist Euer Begehr?«
Der Stadthauptmann warf ihm einen eisigen Blick zu, als Rob schweigend den Kopf schüttelte.
Khuff ersuchte ihn zu warten und ging zu Alã, um ihm zu melden, daß der fremde Dhimmi Jesse ihn zu sprechen wünsche, und gleich darauf führte der alte Soldat Rob zum König.
Alã roch nach Alkohol, hörte sich aber ziemlich nüchtern Robs Bericht an, daß sein Großwesir frömmelnde mullahs ausgesandt habe, um mit Feinden des Schahs zusammenzukommen und Absprachen zu treffen.
»Es hat keinen Bericht über Angriffe in Hamadhãn gegeben«, sagte Alã langsam. »Es war also kein Raubzug der Seldschuken. Sie sind zweifellos zusammengekommen, um Verrat zu planen.« Er betrachtete Rob mit verschleierten Augen. »Mit wem hast du darüber gesprochen?«
»Mit keinem Menschen, Majestät.«
»So soll es auch bleiben.«
Statt eines weiteren Gesprächs stellte Alã Shahansha ein Schachbrett zwischen sie. Er freute sich sichtlich darüber, daß Rob ein ernstzunehmender Gegner geworden war.
»Ah, Dhimmi , du wirst geschickt und schlau wie ein Perser!« Es gelang Rob, eine Zeitlang Widerstand zu leisten. Am Ende schlug ihn Alã vernichtend, und es war wie immer shahtreng. Aber beide erkannten, daß das Spiel eine neue Dimension gewonnen hatte. Es war jetzt eher ein Kampf, und vielleicht hätte Rob sogar noch länger durchhalten können, wenn er es nicht so eilig gehabt hätte, wieder zu seiner Frau zu kommen.
Isfahan war die schönste Stadt, die Mary je gesehen hatte, oder vielleicht kam es ihr so vor, weil sie mit Rob dort lebte. Sie freute sich Über das kleine Haus in der Jehuddijeh, obwohl das Judenviertel schäbig war. Das Haus war nicht so groß wie jenes, das sie und ihr Vater im Ahmads wadi in Hamadhãn bewohnt hatten, aber es war solider gebaut.
Auf ihr Drängen kaufte
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