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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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können es nicht.«
    Jays Gesichtsausdruck blieb unverändert.
    »Rachel und ich werden heiraten. Und wenn du sie tödlich verletzt, indem du die Spiegel verhängst und die Totenklage anstimmst, werde ich sie bitten, die Kinder zu nehmen und mit mir zu kommen, weit, weit weg von hier.«
    Einen Augenblick lang fürchtete er einen berüchtigten Geigerschen Temperamentsausbruch, doch Jay nickte. »Heute morgen hat sie mir gesagt, sie würde gehen.«
    »Und gestern hast du mir gesagt, dass mein Vater dir im Herzen näher stand als deine Brüder. Ich weiß, dass du seine Familie liebst. Können wir uns denn nicht so lieben, wie wir sind?«
    Jason war blass geworden. »Sieht so aus, als müssten wir es versuchen«, sagte er nachdenklich. Dann stand er auf und streckte Shaman die Hand entgegen.
    Shaman beachtete die Hand nicht, sondern umschlang Jason mit beiden Armen. Einen Augenblick später spürte er seine Hände, die ihm tröstend über den Rücken strichen.
    In der dritten Aprilwoche kehrte der Winter zurück nach Illinois. Die Temperaturen fielen, und es schneite. Shaman sorgte sich wegen der Knospen auf den Pfirsichbäumen. Auf der Baustelle wurde die Arbeit unterbrochen, aber er ging mit Ericsson durch das Farmhaus und zeigte ihm, wo er Regale und Instrumentenschränke einbauen solle. Beide waren der Meinung, dass die Räume selbst kaum verändert werden mussten, um aus dem Haus eine Ambulanz zu machen. Als es aufhörte zu schneien, nutzte Doug Penfield die Kälte, um zu schlachten, wie er es Sarah versprochen hatte. Shaman ging an dem Schlachthaus hinter dem Stall vorbei und sah drei Schweine an ihren zusammengebundenen Hinterläufen von einer hohen Stange hängen. Drei waren viel zuviel, wurde ihm plötzlich bewusst, denn Rachel würde in ihrem Haushalt weder Schinken noch geräucherten Speck verwenden, und er musste über dieses Aufscheinen der interessanten Zusammenhänge, die sein Leben nun allmählich prägten, lächeln. Die Schweine waren bereits ausgeblutet, ausgenommen, in kochendes Wasser getaucht und von Borsten befreit. Sie waren von rosig-weißer Farbe, und er wollte schon weitergehen, als ihm die kleinen, einander gleichen Öffnungen in ihren dicken Halsschlagadern, aus denen sie geblutet hatten, ins Auge sprangen: Dreieckige Wunden, wie die Löcher, die Skistöcke im Schnee hinterließen. Ohne sie nachmessen zu müssen, wusste Shaman, dass sie die richtige Größe hatten. Er stand da und starrte sie wie gebannt an, als Doug mit der Knochensäge dazukam.
    »Die Löcher da. Womit haben Sie die gemacht?«
    »Mit Aldens Stechmesser.« Doug lächelte ihn an. »Das ist eine wirklich komische Geschichte. Ich hab’ Alden immer wieder gebeten, mir so eins zu machen, schon seit dem erstenmal, als ich hier geschlachtet habe. Immer und immer wieder hab’ ich ihn darum gebeten. Und er hat immer gesagt, er macht mir eins. Er hat nämlich gemeint, dass es besser ist, Schweine abzustechen, als ihnen die Kehle durchzuschneiden. Er hat erzählt, dass er früher selber so ein Stechmesser gehabt hat, das dann aber verlorengegangen sei. Aber er hat mir nie eins gemacht. Dann haben wir seine Hütte abgerissen, und da war es: unter einem der Bodenbretter. Hat’s wahrscheinlich nur kurz weggelegt, als der Boden repariert wurde, und hat’s dann vergessen und das Brett einfach darübergenagelt. Hab’s nicht mal groß nachschleifen müssen.« Kurz darauf hielt Shaman das Stechmesser in der Hand. Es war das Instrument, das Barney McGowan vergeblich versucht hatte sich vorzustellen, als Shaman ihm im Pathologiesaal der Poliklinik von Cincinnati Makwas Wunden beschrieb und ihn fragte, von welcher Waffe sie stammen könnten. Es war etwa fünfundvierzig Zentimeter lang. Der Griff war rund und glatt und lag gut in der Hand. Wie Shamans Vater schon bei der Autopsie vermutet hatte, liefen die letzten achtzehn Zentimeter spitz zu, so dass die Wunde immer größer wurde, je tiefer das Stechmesser ins Gewebe drang. Seine drei Kanten funkelten gefährlich, und es war offensichtlich, dass sich der Stahl sehr gut schärfen ließ. Alden hatte immer guten Stahl verwendet. Shaman sah den Arm sich heben und senken. Heben und senken. Elfmal.
    Bestimmt hatte sie nicht geschrien. Shaman sagte sich, dass sie wohl tief in ihrem Inneren war, an diesem Ort, wo kein Schmerz sie erreichen konnte. Er hoffte verzweifelt, dass das so war.
    Er ließ Doug bei seiner Arbeit und trug das Instrument den Kurzen Weg zum Fluss hinunter. Er hielt es vorsichtig

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