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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Stein ausspuckte, damit das Opfer sie berühren konnte und sehen, dass sie gebannt war. Sie lernte auch, wie man die Seele eines Sterbenden mit Gesängen in die nächste Welt führte, wenn man die Manitus nicht dazu bringen konnte, ihn überleben zu lassen. Es gab insgesamt sieben Zelte der Weisheit. Im fünften brachte der Prophet ihr bei, ihren eigenen Körper zu beeinflussen, damit sie verstehen lernte, wie die Körper anderer zu beeinflussen waren. Sie lernte, den Durst zu überwinden und lange Zeit ohne Essen auszukommen. Oft ritt Weiße Wolke mit ihr eine lange Strecke und kehrte dann alleine mit zwei Pferden nach Prophetstown zurück, sie aber musste den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen. Schritt für Schritt brachte er ihr bei, wie sie den Schmerz überwinden konnte, indem sie ihr Bewusstsein an einen weit entfernten, kleinen Ort tief in ihrem Inneren schickte, an dem der Schmerz es nicht mehr erreichen konnte. Gegen Ende dieses Sommers führte er sie wieder zu der geheiligten Lichtung auf dem Hügel. Sie entzündeten ein Feuer, riefen die Manitus mit Gesängen an und stellten wieder Fallen auf. Sie fingen einen dürren braunen Hasen, und als sie ihm den Bauch aufschlitzten und in den Organen lasen, erkannte Zwei Himmel, dass die Zeichen günstig waren.
    Als die Dämmerung hereinbrach, befahl ihr Weiße Wolke, das Kleid und die Schuhe auszuziehen. Mit seinem britischen Messer durchschnitt er ihr beide Schultern, bis sich auf jeder Seite ein Fleischriemen abheben ließ, der den Epauletten weißer Offiziere glich. Er zog ein Seil durch diese blutigen Schlitze, warf dann das Seil über einen Ast und zog sie daran hoch, bis sie knapp über dem Erdboden hing, gehalten nur von ihrem blutenden Fleisch.
    Mit dünnen Eichenstäben, deren Spitzen er im Feuer hatte glühend werden lassen, brannte er ihr die Zeichen der Geister des Stammes und die Symbole der Manitus in beide Brüste.
    Die halbe Nacht lang versuchte Zwei Himmel, sich zu befreien. Sie zappelte und warf sich herum, bis schließlich der Fleischriemen an ihrer linken Schulter riss. Bald darauf gab auch der Schlitz an der rechten Schulter nach, und sie fiel zu Boden. Da ihr Bewusstsein an dem kleinen, weit entfernten Ort weilte, wo es den Schmerz nicht spürte, war es möglich, dass sie einschlief.
    Im schwachen Licht des dämmernden Morgens wachte sie auf und hörte das Schnüffeln eines Bären, der auf der gegenüber liegenden Seite auf die Lichtung kam. Das Tier witterte sie nicht, da es sich in Windrichtung bewegte, und es trottete so gemütlich dahin, dass Zwei Himmel seine schneeweiße Schnauze erkennen konnte und auch, dass es ein Weibchen war. Ein zweiter Bär folgte, ein schwarzes, junges Männchen, das sich zur Paarung anschickte, obwohl das Weibchen warnend knurrte. Zwei Himmel sah deutlich seinen riesigen, steifen coska in einem Busch starrer, grauer Haare, als er hinter dem Weibchen hersprang und versuchte, es zu besteigen. Das Weibchen wirbelte fauchend herum und schnappte nach ihm, und das Männchen floh. Einen Augenblick lang setzte das Weibchen ihm nach, doch dann entdeckte es den toten Hasen, nahm ihn in die Schnauze und machte sich davon.
    Unter großen Schmerzen stand Zwei Himmel schließlich auf. Der Prophet hatte ihre Kleider mitgenommen. Auf der festgetretenen Erde der Lichtung konnte sie keine Bärenspuren erkennen, doch in der feinen Asche des erloschenen Feuers sah sie deutlich eine einzelne Fuchsspur. War in der Nacht ein Fuchs vorbeigekommen und hatte den Hasen mitgenommen? Hatte sie die Bären vielleicht nur geträumt, oder waren es Manitus gewesen? Den ganzen Tag lang wanderte sie. Einmal hörte sie Pferde näher kommen, und sie versteckte sich im Unterholz, bis zwei junge Sioux vorbeigeritten waren. Es war noch hell, als sie, von Geistern begleitet, den nackten Körper mit Staub und Blut bedeckt, Prophetstown betrat. Drei Männer unterbrachen ihr Gespräch, als sie vorbeiging, und eine Frau hielt beim Maismahlen inne. Zum erstenmal entdeckte sie Furcht in den Gesichtern, die sie ansahen.
    Der Prophet selbst wusch sie. Während er ihre zerschundenen Schultern und die Verbrennungen behandelte, fragte er sie, ob sie geträumt habe. Als sie ihm von den Bären erzählte, strahlten seine Augen. »Das stärkste Zeichen!« murmelte er. Es bedeute, erklärte er ihr, dass die Manitus immer bei ihr sein würden, solange sie nicht mit einem Mann das Lager teile.
    Während sie noch darüber nachdachte, eröffnete er ihr, dass sie nun nicht

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