Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
Hunger am üppigen Büfett.
    Sie sah niemanden, den sie kannte. Viele Paare waren da. Am Büfett verwickelte sie ein Arzt, dessen Namensschild ihn als Robert Starbruck aus Detroit, Michigan, auswies, in eine Unterhaltung.
    »Und wo in Massachusetts liegt Woodfield?« fragte er mit einem Blick auf ihr Namensschild.
    »Am Mohawk Trail.«
    »Aha. Alte Berge, zu sanfter lieblichkeit verwittert. Fahren Sie die ganze Zeit durch die Gegend und bestaunen die Landschaft?«
    Sie lächelte. »Nein. Ich sehe sie mir nur an, wenn ich zu Hausbesuchen unterwegs bin.«
    Jetzt sah er ihr ins Gesicht. »Sie machen Hausbesuche?« Sein Teller war leer, und er ließ sie kurz stehen, um sich am Büfett zu bedienen, war aber gleich wieder zurück. Er war ein mäßig attraktiver Mann, suchte aber so offensichlich und aufdringlich mehr als nur Konversation, daß es ihr nicht schwerfiel, ihn zusammen mit dem schmutzigen Teller stehenzulassen, als sie zu Ende gegessen hatte.
    Sie fuhr im Aufzug in die Halle hinunter und trat hinaus auf die Straßen von New York City. Der Central Park war kein Ort, den man nachts betrat, und er reizte sie auch nicht, denn Bäume und Gras hatte sie zu Hause. Sie schlenderte die Fifth Avenue entlang, blieb vor fast jedem Schaufenster stehen und betrachtete eingehend die üppige Vielfalt an Kleidung, Koffern und anderen Reiseutensilien, Schuhen, Schmuck und Büchern.
    Sie ging etwa sechs Block weit, überquerte die Straße und kehrte zum Hotel zurück. Dann fuhr sie nach oben und legte sich früh schlafen, wie sie es in den langen Jahren ihres Studiums am Abend vor Seminaren immer getan hatte. Sie konnte beinahe Charlie Harris hören, der zu ihr sagte: »Mußt dich ums Geschäft kümmern, R.J.!«
    Es war ein guter Kongreß, sehr intensiv und lehrreich, mit einem kleinen Frühstück, das jeden Morgen während der ersten Sitzung serviert wurde, und Vorlesungen während des Mittag- und Abendessens. R.J. nahm das Ganze sehr ernst. Sie ließ keine Sitzung aus, schrieb sorgfältig mit und bestellte sich von Vorlesungen, die sie besonders interessierten, sogar Tonbandmitschnitte. Die Abende waren der Unterhaltung vorbehalten, und das Angebot war auch hier sehr gut. Am ersten Abend sah sie eine Inszenierung von »Show Boat« und amüsierte sich köstlich, am zweiten war das »Dance Theater of Harlem« an der Reihe, das ihr ebenfalls gut gefiel.
    Bis zum dritten Morgen hatte sie bereits genügend Punkte für ihre erneute Zulassung beisammen. Nur die erste der Veranstaltungen dieses Tages interessierte sie noch, und sie beschloß, danach die Tagung für sich abzuschließen und noch einen Einkaufsbummel zu machen, bevor sie New Yo rk verließ.
    Doch auf dem Weg zu ihrem Zimmer hatte sie plötzlich eine bessere Idee.
    Die Empfangsdame war eine unbeirrbar fröhliche Frau Anfang Fünfzig. »Aber natürlich«, sagte sie, als R.J. sie fragte, ob sie eine Straßenkarte des Großraums New York habe.
    »Können Sie mir sagen, wie ich am besten nach West Babylon, Long Island, komme?«
    »Wenn Madam sich einen Augenblick gedulden wollen ...« Die Frau studierte die Karte und zeichnete dann mit entschlossenen Strichen ihres Markerstifts die Route ein.
    R.J. hielt bei der ersten Tankstelle, die sie nach Verlassen des Expressways sah, an und fragte nach dem Weg zum Beth Moses Cemetery.
    Als sie den Friedhof erreicht hatte, fuhr sie an der Begrenzungsmauer entlang, bis sie den Eingang fand. Gleich hinter dem Tor befand sich das Verwaltungsgebäude, und sie stellte den Wagen ab und ging hinein. Ein Mann etwa in ihrem Alter, in einem blauen Anzug und mit einem weißen Käppchen auf seinen schütteren blonden Haaren, saß hinter einem Schreibtisch und zeichnete Papiere ab. » Guten Morgen«, sagte er, ohne aufzusehen.
    »Guten Morgen. Können Sie mir helfen, ein Grab zu finden?«
    Er nickte. »Namen des Verstorbenen?«
    »Markus. Sarah Markus.«
    Er drehte sich zu seinem Computer um und tippte den Namen ein.
    »Ja, wir haben sechs mit diesem Namen. Anfangsbuchstabe des zweiten Vornamens?«
    »Keinen. Markus mit k, nicht mit c.«
    »Ach so ... Dann sind es immer noch zwei. War sie siebenundsechzig oder siebzehn?«
    »Siebzehn«, sagte R.J. mit dünner Stimme, und der Mann nickte. »Es sind ja so viele», sagte er entschuldigend.
    »Sie haben einen sehr großen Friedhof.«
    »Vierundzwanzig Hektar.« Er nahm einen Plan des Friedhofs und zeichnete ihr den Weg ein. »Von hier aus zwölf Abteilungen runter, dann rechts. Nach acht Abteilungen

Weitere Kostenlose Bücher