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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Bruder, von ihrem gewalttätigen Mann scheiden lassen und war bei ihrer Tante eingezogen. »Sie lebten von Evas Geld auf der Bank und von einem kleinen monatlichen Wohlfahrtsscheck«, sagte Marjorie Lassiter. »Sie meinten, sie könnten es sich gutgehen lassen, und nicht zu selten gaben sie auch ihrer gemeinsamen Schwäche für Katalogkäufe nach. Sie gaben ständig mehr aus, als das Kapital jährlich an Zinsen abwarf, und jetzt ist das Konto leer. Es ist nicht ungewöhnlich, das können Sie mir glauben, daß jemand länger lebt, als seine Ersparnisse reichen.«
    »Gott sei Dank bekommt sie wenigstens noch den Scheck von der Wohlfahrt«, bemerkte John Richardson.
    »Davon kann sie nicht leben«, erwiderte die Sozialarbeiterin.
    »Allein schon Evas Miete beträgt vierhundertundzehn Dollar pro Monat. Sie muß Lebensmittel kaufen. Medicare kommt zwar für ihre Arztrechnungen auf, aber Medikamente muß sie selbst bezahlen. Sie hat nämlich keine Zusatzversicherung.«
    »Mit Medikamenten versorge ich sie, solange sie hier am Ort wohnt«, sagte R.J. leise.
    Ms. Lassiter schenkte ihr ein wehmütiges Lächeln. »Aber dann bleiben immer noch das Heizöl, die Stromrechnung, und gelegentlich braucht sie auch ein neues Kleidungsstück.«
    »Der Sumner-Fond«, sagte Richardson. »Die Gemeinde Woodfield hat einen gewissen Geldbetrag zur Verfügung, dessen Zinsen zur Unterstützung bedürftiger Bürger verwendet werden können. Die Zahlungen werden nach dem Ermessen von drei Gemeinderäten getätigt, und zwar unter Wahrung der Vertraulichkeit. Ich werde mit Janet Cantwell reden«, sagte der Pfarrer.
    Ein paar Tage später traf R.J. Richardson vor der Bibliothek, und er erzählte ihr, daß die Sache mit dem Gemeinderat geregelt sei. Miss Goodhue werde vom Sumner-Fond eine monatliche Unterstützung in Höhe ihres Defizits erhalten.
    Erst später am Tag, nachdem sie die Krankenkarten auf den neuesten Stand gebracht hatte, kam R.J. eine erfreuliche Erkenntnis: Solange sie in einer Gemeinde lebte, die bereit war, einer notleidenden alten Frau zu helfen, war sie gerne bereit, auf funkelnde neue Toiletten im Rathaus zu verzichten.
    »Ich will in meiner Wohnung bleiben«, sagte Eva Goodhue. »Das werden Sie auch«, entgegnete R.J. Auf Evas Vorschlag hin kochte R.J. eine Kanne Schwarze Johannisbeeren-Tee, Evas Lieblingsgetränk. Sie saßen am Küchentisch und sprachen über die medizinische Untersuchung, die R.J. eben abgeschlossen hatte. »Für eine Frau, die auf dreiundneunzig zugeht, sind Sie in erstaunlich guter Verfassung. Offensichtlich haben Sie eine sehr gute Veranlagung. Haben auch Ihre Eltern sehr lange gelebt?«
    »Nein, meine Eltern sind ziemlich jung gestorben. Meine Mutter hatte einen Blinddarmdurchbruch, als ich erst fünf war. Mein Vater wäre vielleicht alt geworden, aber er kam bei einem Unfall auf der Farm zu Tode. Ein Holzstapel geriet ins Rollen und begrub ihn unter sich. Damals war ich neun.«
    »Und wer hat Sie dann aufgezogen?«
    »Mein Bruder Norm. Ich hatte zwei Brüder. Norm war dreizehn Jahre älter als ich und Harold vier Jahre jünger als Norm. Die zwei kamen nicht miteinander aus. Überhaupt nicht. Haben sich dauernd nur gestritten, und irgendwann ist Harold aufgestanden und davongelaufen - hat einfach Norman die Farm und die Sorgen überlassen. Er ging zur Küstenwache und kam nie wieder heim, hat sich nie mit Norm in Verbindung gesetzt, nur ich bekam ab und zu eine Postkarte oder manchmal zu Weihnachten einen Brief mit etwas Geld.« Sie trank einen Schluck Tee. »Harold starb im Naval Hospital in Maryland an Tuberkulose, ungefalir zehn Jahre vor Norm.«
    »Wissen Sie, was mich ganz aus dem Häuschen bringt?« Eva lächelte über die Formulierung. »Was?«
    »Als Sie geboren wurden, war Victoria Königin von England. Wilhelm II. war Deutschlands letzter Kaiser. Teddy Roosevelt stand kurz davor, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Und Woodfield - was für Veränderungen müssen Sie in Woodfield miterlebt haben.«
    »Gar nicht so viele, wie Sie vielleicht glauben«, sagte Eva. »Das Automobil war auf jeden Fall eine große Veränderung. Jetzt sind alle Hauptstraßen geteert. Und überall gibt es Strom. Ich erinnere mich noch, als an der Main Street die ersten Straßenlaternen aufgestellt wurden. Ich war vierzehn Jahre alt und bin die sechs Meilen von der Farm hierher und wieder zurück zu Fuß gelaufen, nach der Arbeit, wohlgemerkt, nur um zu sehen, wie die Lichter angeschaltet wurden. Danach dauerte

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