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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Donauländern gesehen hatte. Er konnte nicht umhin, eine gewisse Ehrfurcht zu empfinden, während er durch die hohen Säulengänge geführt wurde, flankiert von Gardisten, die schnellen, forschen Schritts voranmarschierten.
    »Was ist?«, fragte der Hauptmann ziemlich unfreundlich, als Wolfharts Gang kurz stockte. Pure Herablassung klang in seinen Worten. »Staunen kannst du später. Jetzt beweg die Beine!«
    Der Hauptmann verzog das Gesicht zu einer höhnischen Grimasse, als er Wolfhart ansah – ein Blick, der ihm noch einmal sehr deutlich bewusst machte, dass er hier ein Niemand war. Weder seine akademischen Studien noch seine Herkunft als Spross einer angesehenen lübischen Kaufmannsfamilie spielten in Konstantinopel irgendeine Rolle. Mochte die große Zeit dieser Stadt auch schon lange vergangen sein, im Selbstverständnis ihrer Bewohner schien sie immer noch der Nabel der Welt zu sein, der Punkt, um den sich alles drehte, die Hauptstadt der Christenheit, die nicht umsonst den Namen des allerersten christlichen Herrschers auf Erden trug.
    Eigentlich hatte Wolfhart geglaubt, dass ihm schon durch seine Zeit in Erfurt jeglicher Standesdünkel ausgetrieben worden war, denn schließlich hatte er sich während seines Studiums überwiegend als Kurrende-Sänger durchbringen müssen und sich in nichts von den anderen Zöglingen unterschieden. Aber hier in Konstantinopel schien einfach noch einmal ein anderer Maßstab zu gelten.
    Die hohen Säulen flogen nur so an Wolfhart vorbei, eine Tür öffnete sich, er schritt hindurch, gelangte in einen weiteren Gang, dann in noch einen und hatte schon nach kurzer Zeit völlig die Orientierung verloren. Allein dieser Palast, so schätzte er, musste eine Grundfläche haben, die ganz Lübeck entsprach.
    Dann gelangten sie in eine große Halle, deren Dach von dicken Säulen getragen wurde, die ein halbes Dutzend Männer kaum hätten gemeinschaftlich umfassen können.
    »Geht!«, sagte eine schneidende, scharf klingende Stimme auf Griechisch und in einem Tonfall, der keinerlei Widerspruch duldete.
    Wortlos gehorchten die Gardisten. Selbst der nie um ein unverschämtes Wort verlegene Hauptmann enthielt sich jeden Kommentars. Die Gardisten machten kehrt und marschierten davon. Wolfhart ließen sie zurück. Erst nachdem die schwere Tür am Ende des Raums hinter den Bewaffneten ins Schloss gefallen war, trat die Gestalt aus dem Schatten der Säulen, die Wolfhart zuvor schon als dunkler, unruhig wirkender Schemen aufgefallen war.
    Es war Meister Cagliari.
    Er trug eine fleckige Kutte aus zerschlissenem Stoff, dem man die Beanspruchung bei allerlei gewiss unappetitlichen Arbeiten deutlich ansah. Man hätte Cagliari in diesem Moment für einen Mönch halten können, der das Armutsgelübde besonders ernst nahm, wenn da nicht die spitz zulaufenden Schuhe gewesen wären. Schuhe, wie sie jene teuren Schuhmacher aus edelsten Materialien herstellten und in den Handwerkergassen der Stadt denjenigen anboten, die sie bezahlen konnten. Die kleinen Ränder aus Goldbrokat, die man in Cagliaris Schuhe eingearbeitet hatte, waren jedoch verschmutzt, und insgesamt roch die Kleidung des Pest-Medicus so, als wäre er damit in eine Kloake hinabgestiegen und hätte anschließend versucht, dies durch den Einsatz scharf riechender Essenzen und Öle zu überdecken.
    Cagliari schritt auf Wolfhart zu.
    »Ich hatte nicht geglaubt, dass Ihr tatsächlich der Aufforderung der Gardisten Folge leisten und Euch hierherführen lassen würdet!«, sagte Cagliari, und sein Blick wirkte dabei abschätzig.
    »Hat man wirklich eine freie Wahl, wenn Bewaffnete kommen, um einen abzuholen?«
    »In diesem Fall schon«, sagte Cagliari. »Die Frage ist doch stets, wovor man die größere Furcht hat. Vor diesen Söldnern oder vor dem Schwarzen Tod.«
    »Sagte ich Euch nicht, dass ich keine Furcht habe?«
    »Das sagen viele. Und nur bei wenigen trifft es auch tatsächlich zu.«
    »Da mögt Ihr wohl Recht haben.«
    »Ich gebe zu, dass ich dringend Hilfe brauche. Wir haben erst vor kurzem einen unserer getreuen Helfer verloren.«
    »Das tut mir leid.«
    »Das braucht es nicht. Er wusste, worauf er sich eingelassen hatte und dass man, wenn man die Mächte des Teufels erforschen will, immer Gefahr läuft, in seine unsichtbaren Fänge zu geraten, ehe man sichs versieht.«
    »Dann starb er …«
    »… an der Pest. Woran sonst? Er war ein Krieger in der Schlacht, er ist gefallen wie viele andere vor ihm.«
    »Das verstehe

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