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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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eine Mischung aus Knurrlauten und Worten erwiderten, die wohl doch irgendwie der griechischen Sprache entstammen mussten. »Daran müssten sich doch auch eure zarten Seelen inzwischen gewöhnt haben! Schließlich seid ihr nicht zum ersten Mal hier unten.«
    Sie begaben sich alle in eine der Barken. Der Entstellte ruderte mit kräftigen Bewegungen, während er darauf achtete, dass die Kisten nicht verrutschten, die nur notdürftig vertäut worden waren. Offenbar hatten Cagliaris Gehilfen sie schon aufgeladen, bevor er und Wolfhart an der Anlegestelle aufgetaucht waren.
    Während der Fahrt leuchteten sie mit ihren Fackeln in die ewige Nacht hinein, die in diesem unterirdischen Konstantinopel herrschte. Der Hinkende hielt eine Öllampe in der rechten Hand und wirkte ruhiger als die beiden Kahlköpfigen. Er schien von Wolfhart kaum Notiz zu nehmen. Sein Blick war starr in die Dunkelheit gerichtet, so als erwartete er, dass dort jeden Moment irgendetwas – oder irgendjemand – auftauchen könnte.
    Die Ruderblätter schlugen in das vollkommen glatte, dunkle Wasser der Zisternen. Manchmal entstand der Eindruck, dass irgendetwas unter der Wasseroberfläche war. Irgendwelche Wesenheiten, die sich vielleicht einfach nur durch einen schlechten Gedanken im Schlamm bildeten, wie man es von den Ratten annahm, sobald sie in unverhältnismäßig großer Anzahl an die Oberfläche kamen und damit zumeist ein baldiges Auftauchen des Schwarzen Todes ankündigten.
    Zunächst wurde nicht gesprochen, und Wolfhart beschloss, erst einmal keine Fragen zu stellen.
    Der Fackelschein erhellte Fausto Cagliaris Gesicht, das jetzt nachdenklich und in sich gekehrt wirkte. Die Kälte, die ihn sonst zu umgeben schien, war in diesen Momenten von ihm gewichen. Wolfhart hatte jetzt eher den Eindruck, jemanden vor sich zu haben, der von einer Fülle tiefer Sorgen geplagt wurde.
    Ein Ruck ging durch Cagliaris Körper, als einer der Kahlköpfe etwas sagte. »Red nicht so viel, Theo!«, fuhr er ihm brüsk über den Mund, was den Angesprochenen sofort verstummen ließ. Furcht spiegelte sich in seinen unruhigen Augen. Wolfhart fragte sich, wie es Meister Cagliari möglich war, die beiden kahlköpfigen Männer so sicher zu unterscheiden, dass er sie mit ihrem Namen ansprechen konnte.
    Cagliari hob den Kopf.
    »Ich darf Euch meine Helfer vorstellen, mit denen auch Ihr zusammenarbeiten werdet, wenn Ihr den Ekel, den ich in Eurem Gesicht geschrieben sehe, zu unterdrücken vermögt und von dem Drang nach Erkenntnis wirklich so durchdrungen seid, wie Ihr das mir gegenüber behauptet habt.« Er deutete auf den Entstellten, der immer noch mit viel Kraft dafür sorgte, dass sich die Barke beständig vorwärtsbewegte und dabei sicher ihren Weg zwischen den Säulen hindurch fand. »Das ist Timon. Man nennt ihn auch Timon den Entstellten. Wie man seinem Gesicht ansehen kann, hat er des Öfteren und an verschiedenen Orten mit den Scharfrichtern und Folterern Bekanntschaft gemacht, weil es ihm schwerfällt, sich an die Gesetze Gottes und der Menschen zu halten. Ich will nicht in die Einzelheiten gehen, aber ich kann Euch nur den guten Rat geben, ihn nicht zu reizen. Mit seinem Kopf stimmt einiges nicht, wie man sieht – und seine Gedanken mögen ihm vom Satan eingegeben sein, aber seine Muskeln sind in Ordnung, und wenn er wütend wird, hat er Euch schneller erwürgt, als Ihr schreien könnt.«
    Wolfhart schluckte. »Ich werde darauf achten«, versprach er.
    »Lazaros der Hinkende ist so geboren, wie Ihr ihn seht. Manche halten ihn für verflucht, weil er das Kind einer Hure ist, die offenbar ein zu gutes Herz hatte und ihn nicht gleich nach der Geburt getötet hat.«
    Lazaros nickte Wolfhart freundlich zu. »Bei jemandem wie mir denkt jeder gleich an den leibhaftigen Satan, der sich ja den Menschen auch vorwiegend mit einem Pferdefuß zu zeigen pflegt.«
    »Ich habe keine Furcht vor dem Satan«, sagte Wolfhart.
    »Jemand, dessen Glaube an Gott fest und stark ist, sollte das auch nicht«, meinte Lazaros. »Aber daran, dass die Verhältnisse überall von ganz anderer Art sind, könnt Ihr sehen, wie schlecht es um das Gottvertrauen der meisten Christen in Wahrheit bestellt ist!«
    Cagliari ergriff wieder das Wort. »Die beiden Kahlköpfe heißen Theofilos und Theofanos. Sie sind Zwillinge, so ähnlich wie vielleicht Gott und Satan Zwillinge sein mögen, und beim besten Willen nicht zu unterscheiden, weswegen ich sie beide einfach Theo nenne. Meistens fühlen sie sich

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