Medstar 01 - Unter Feuer
aufgetreten waren, waren eine hübsche Metapher dafür, den Durchbruch zu neuen Konzepten zu schaffen. Wenn man es irgendwie fertigbrachte, die innere Barriere der Sichtweise zu durchbrechen, dann unterschied sich die Galaxis, in der man sich befand, nicht allzu sehr von der, die man hinter sich zurückgelassen hatte.
In seinem Fall handelte es sich um eine Galaxis, in der künstliche Intelligenzen und geklonte Persönlichkeiten auf derselben emotionalen Basis wie organische Wesen beurteilt wurden, doch sobald man sich einmal mit dieser Vorstellung abgefunden hatte, zeigte sich, dass es nicht allzu schwierig war, das zu akzeptieren.
Allerdings erforderte das Ganze einiges an Umdenken - und einige Entschuldigungen.
Die CT-Tertium-Kaserne beherbergte die größte der drei Garnisonen auf Bodenbasis Sieben, die sich am Rande der Faulginster-Ödlande befand, einer Region mit massiver ökologischer Braunfäule, zwei Kilometer von Flehr Sieben entfernt. Jos forderte einen Landgleiter an und war in weniger als zehn Minuten dort. Er war weit genug hinter den Frontlinien, um sich relativ wenig Sorgen zu machen, auch wenn er bei mehreren Gelegenheiten das ferne Knistern von Partikelstrahlen und das gedämpfte Wump! von C-22-Splittermörsern vernehmen konnte. Offenbar machten sich die Separatisten keine großen Gedanken mehr über Bota-Schäden.
Bei BB7 führte man ihn in eine winzige, viereinhalb Quadratmeter große Unterkunft, kaum groß genug für die Mischung aus Schlafstätte und Spind, die CT-914S Zuhause fern von der Heimat darstellte - nein, wurde Jos bewusst, eigentlich bloß sein Zuhause. Sofern man den Behälter nicht mitzählte, in dem der Klon in Tipoca City auf dem Wasserplaneten Kamino gezüchtet worden war, hatte CT-914 eigentlich keinen anderen Ort, den er sein Eigen nennen konnte.
Das Bett war mit militärischer Präzision gemacht worden, die Decken so glatt wie die Oberfläche eines Neutronensterns. Der Spind stand offen, und bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass er leer war.
Verwirrend war allerdings die Stelle über dem Kopfende des Bettes, wo sich eigentlich die Kennung des Trupplers befinden sollte, dem die Koje gehörte. Anstatt dass CT-914 darauf stand, war der Rahmen leer.
Jos entdeckte in der Nähe einen dressellianischen Corporal und grüßte ihn. Der Dressellianer, genauso mürrisch wie der Großteil seiner Spezies, salutierte irgendwie nachtragend, als er Jos als vorgesetzten Offizier erkannte. Jos fragte ihn danach, wo Neun-eins-vier war.
»Höchstwahrscheinlich in den Wiederverwertungsbottichen«, lautete die schockierende Antwort. »Zusammen mit den meisten anderen seines Zugs. Sie sind vor zwei Tagen in einen Hinterhalt der Separatisten geraten.«
Der Dressellianer wartete einen Moment. Als er dann sah, dass der Captain fürs Erste offenbar keine weiteren Fragen hatte, salutierte er erneut und ging weiter seinen Pflichten nach.
Jos verließ die Garnison langsam und benommen. In der vergangenen Stunde hatte er sich endlich dazu durchgerungen, Neun-eins-vier als Musterbeispiel für sein neugewonnenes Wissen über die grundlegende Menschlichkeit der Klone zu betrachten, und nun so plötzlich erfahren zu müssen, dass er tot war, war beinahe ein ebenso großer Schock, wie vom Tode eines alten Freundes oder eines Verwandten zu hören. Er hatte sich verpflichtet gefühlt, den Klon aufzusuchen und sich bei ihm zu entschuldigen, in der Hoffnung, dass eine solche Wiedergutmachung einige der Herausforderungen erleichtern würde, die es mit sich brachte, fortan nicht bloß organischem Leben Respekt entgegenzubringen. Stattdessen hatte er festgestellt, dass CT-914 im Tode mit seinem Klonbruder CT-915 vereint war. Und Jos wusste, dass es lange dauern würde - wenn es überhaupt je so weit kam -, bis ihr Tod und der aller anderen, die in diesem Krieg gefallen waren, nicht mehr bloß sinnlos und verachtenswert erscheinen würde.
Er versuchte einen Moment lang, seine galoppierenden Gedanken zu zügeln, um den gefallenen Krieger mit einigen Sekunden stummen Respekts zu ehren. Doch es schien, als würde sich sein Geist ganz zwangsläufig immer wieder mit Bildern von Tolk füllen, ganz gleich, wie sehr er seinen Verstand zwang, ruhig zu sein.
An Bord der MediStern-Fregatte studierte Admiral Tarnese Bleyd die Flimsibögen vor sich, die Ergebnisse seiner jüngsten Recherchen über die verdächtigen oder heimlichen Aktivitäten von Mitgliedern der Belegschaft von Flehr Sieben. Mit einem
Weitere Kostenlose Bücher