Medstar 01 - Unter Feuer
Wahnvorstellungen von Heldenmut zu begegnen. Du, mein metallener Freund, solltest dich dringend mal neu verkabeln lassen!«
»Und Sie«, entgegnete I-Fünf, als er einen Credit in den Pott warf, »sollten Ihrem Zynismus-Chip einen Dämpfer verpassen.«
Jo, Zan und Tolk lächelten. Zan übernahm den Kartenstapel. »Vielleicht habe ich ja jetzt Glück«, sagte er.
»Besser nicht, solange du gibst«, sagte Jos.
Zan mischte, ehe er die übliche weiße Karte unter den Stapel schob, um zu kennzeichnen, wo die gemischten Karten aufhörten. Er legte den Stapel hin, damit Barriss abhob. Als sie das tat, sagte er: »Ich schätze, ich bin das, was man einen gläubigen Agnostiker nennt. Ich weiß nicht, ob es irgendeine höhere Macht als uns gibt oder nicht, aber ich glaube, dass wir versuchen sollten, unser Leben so zu leben, als wäre dem so.«
»Eine Weltanschauung, die mehr Leute vertreten sollten«, meinte Barriss.
Den rollte mit den Augen, sagte aber nichts.
Wieder kam Jos abrupt das Bild von CT-914S stiller Trauer um seinen Kameraden in den Sinn. Er schaute von seinen Karten auf und sah, dass Barriss ihn anblickte, einen Ausdruck des Mitgefühls auf dem Gesicht.
Er warf I-Fünf einen Blick zu. Der Droide studierte seine Karten, doch er schien Jos' Aufmerksamkeit zu spüren, da er aufschaute. Jos war inzwischen ziemlich gut darin geworden, die subtilen Veränderungen der Leuchtkraft von I-Fünfs Fotorezeptoren zu deuten, doch diesmal blieb die »Miene« des Droiden rätselhaft.
Der Moment zog sich in die Länge.
»Jos«, sagte Zan, »du bist dran.«
»Was sind Sie bereit zu riskieren?«, fragte I-Fünf.
Ja, in der Tat, was?
Jos ließ sein Blatt fallen und stand auf. »Ich bin raus«, sagte er. »Wir sehen uns später.«
Zan blinzelte. »Was hast du vor?«
»Jemandem mein Beileid aussprechen«, meinte Jos, als er hinausging.
35. Kapitel
Jos ging über das Gelände und stülpte sich unterwegs eine osmotische Maske über Mund und Nase, da die Sporenkonzentration in der Luft ungewöhnlich hoch war. Allerdings war er so in Gedanken versunken, dass er sie ebenso wenig bemerkte wie die sirupartige Mittagshitze.
Er dachte über Raumreisen nach.
Er hatte Medizin studiert, nicht angewandte und theoretische Physik. Er lächelte ein wenig, als er sich an den aufbrausenden Dr. S'hrah erinnerte, einen seiner Lehrer, der nicht das Geringste für andere Studienfächer als Medizin übrig gehabt hatte. »Sie sind Arzt, kein Physiker!«, hätte er bei Jos' Tagträumereien klargestellt, doch er kannte die Grundlagen und die Geschichte der Raumreisen, genau wie jeder andere, der mehr als einen Erdklumpen als Gehirn hatte. Reisen zwischen Sternensystemen wurden dadurch möglich, dass man sich durch den Hyperraum bewegte, durch eine andere Dimension, die sich nicht allzu sehr vom Realraum unterschied, abgesehen davon, dass sich dort mühelos Überlichtgeschwindigkeiten erreichen ließen. In alten Zeiten hatte man das für unmöglich gehalten, seit der legendäre Wissenschaftler Tiran von Drall vor mehr als fünfunddreißigtausend Jahren scheinbar schlüssig bewiesen hatte, dass Zeit und Raum untrennbar miteinander verbunden waren und die Lichtgeschwindigkeit eine absolute Grenze war, die man nicht überwinden konnte.
Allerdings schloss Tirans Theorie der Universalen Bezüge nicht aus, dass sich irgendetwas schneller als das Licht bewegte - lediglich das Reisen mit Lichtgeschwindigkeit wurde als Ding der Unmöglichkeit erachtet. Wenn man die »Lichtgeschwindigkeitsbarriere« irgendwie umgehen konnte, konnte man theoretisch einfach vom Realraum in den Hyperraum und zurück wechseln.
Anfangs war die Kolonisierung der Galaxis mit Generationenschiffen bewerkstelligt worden, was es unmöglich gemacht hatte, die einzelnen Welten zu einer existenzfähigen galaktischen Zivilisation zusammenwachsen zu lassen. Schließlich, nach Jahrhunderten des Herumexperimentierens und der Frustration, fanden die besten Wissenschaftler der Republik einen Weg, negative Druckfelder zu erzeugen und zu kontrollieren, die stark genug waren, um eine mobile Hyperraumeinheit mit Energie zu versorgen. Zu guter Letzt war es gelungen, bezahlbares Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit allgegenwärtig zu machen.
Natürlich hatte diese Errungenschaft rasch zum Großen Hyperraumkrieg und verschiedenen anderen Unannehmlichkeiten geführt, doch daran hatte Jos heute keinen Gedanken verschwendet. Die Probleme, die beim Erreichen der Überlichtgeschwindigkeit
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