Medstar 01 - Unter Feuer
wäre als je zuvor, seit man ihn zwangsverpflichtet hatte. Dann würde er darüber reden. Dann würde sie Schwierigkeiten haben, ihn zum Schweigen zu bringen.
Aber jetzt...
»Eigentlich nicht, nein«, meinte er. Die tröstliche Berührung ihrer Hand an seiner Schulter war beinahe hypnotisch.
Dann brach das Gewitter los. Dicke, fette Regentropfen, zuerst nur wenige, pladderten zu Boden - und dann folgte der Wolkenbruch. Sie standen im Regen beisammen, ohne sich zu rühren.
20. Kapitel
Jos hatte gehofft, dass Klo Merit etwas Licht auf sein neu gewonnenes, unbehagliches Wissen über Klone werfen würde, doch bislang wirbelte der Mentalheiler eher Schlamm vom trüben Grund seines Bewusstseins auf, als Klarheit hineinzupumpen.
Momentan schien die Hoffnung auf Klarheit, auf Durch blick, vergebens zu sein.
»Also, worüber reden wir hier genau, wenn Sie >Fachkenntnis< sagen?«
Merit sagte: »Nun, man kann eine Menge darüber erfahren, wie viel jemand weiß, indem man ihm einfach zuhört. Sehen Sie diesen Ring?« Er hielt seine Hand so hoch, dass Jos einen Blick darauf werfen konnte. Das Schmuckstück bestand aus einem tiefgoldenen Metallring, in den ein daumennagelgroßer Stein eingelassen war. Der Stein funkelte im Schein der Deckenbeleuchtung von Merits Büro, blitzte in einer Art umlaufendem Muster in mehreren Farben - in Rot-, Blau-, Grün- und Gelbtönen -, als Merit seine Hand bewegte. Der Anblick war ziemlich beeindruckend.
Jos nickte. »Sehr hübsch. So eine Art Feuerstein?«
Merit lächelte. »Ja, und Ihre Frage verrät Sie als jemanden, der ein wenig darüber weiß, aber nicht allzu viel. Sie erkennen, dass es sich um einen Feuerstein handelt, doch das streift das Thema bloß oberflächlich.«
Jos zuckte mit den Schultern. »Ich bin Chirurg. Wenn Sie etwas über Nierensteine wissen wollen, bin ich genau Ihr Mann.«
»Jemand, der nicht das Geringste über Edelsteine weiß, würde sagen: >Sehr hübsch ... Was für eine Art Stein ist das?< Jemand, der etwas mehr darüber weiß, wird die Sache so kommentieren, wie Sie es getan haben, und eine Person mit einem etwas umfassenderen Wissen könnte sagen: >Ist das ein gallianischer Feuerstein oder ein rathalayischer?< Sie wissen, dass es zwischen diesen beiden Varianten einen Unterschied gibt und dass es sich vermutlich um eine von beiden handelt. Also, ein richtiger Fachmann würde sich meinen Ring ansehen und sagen: >Ah, ein schwarzer gallianischer Feuerstein, sehr hübsch! Ist der aus Kristall- oder Felsgestein?< Weil er diese Spezifika allein dadurch erkennt, dass er sich den Stein ansieht - dass es sich um einen Feuerstein handelt, dass er von Gall stammt, dass es ein schwarzer ist. Doch aufgrund der Art und Weise, wie der Stein in den Ring eingelassen ist, kann er die Rückseite nicht sehen, was bedeutet, dass er die Herkunftsart nicht bestimmen kann. Hierbei handelt es sich übrigens um ein Stück aus Felsgestein, was die Art des Gesteins bezeichnet, in dem Feuersteine manchmal gefunden werden, und der Begriff schwarz bezieht sich auf die Hintergrundfarben, vor denen die Farbblitze aufleuchten.«
Jos schüttelte den Kopf. »Jetzt weiß ich wirklich alles über Edelsteine.«
Merit lächelte breit. »Nein, tun Sie nicht. Sie könnten einen echten nicht von einer Fälschung unterschieden, und abgesehen von dem, was ich Ihnen gerade erzählt habe, wissen Sie auch sonst nicht das Mindeste darüber. Wie wertvoll ist dieser Stein, was denken Sie?«
»Selbst wenn Sie ihn im Jasserak-Sumpf gefunden hätten, könnte ich ihn mir trotzdem nicht leisten.«
»Er ist mehr wert als ein blau-weißer Diamant derselben Größe. Und wissen Sie von dem Fluch?«
»Dem >Fluch«
»Ja. Angeblich sollen Feuersteine Unglück bringen. Aber das war ein Schwindel, der von Diamantenhändlern in Umlauf gebracht wurde, denen Feuersteinverkäufer Geschäftseinbußen beschert haben. Das Einzige, was einen daran unglücklich macht, ist, keinen zu besitzen.«
Jos lächelte. »In Ordnung, ich verstehe Ihr Argument. Zumindest teilweise.«
»Dann hören Sie sich auch noch den Rest an. Sie waren kein Fachmann, was Klone betrifft, weil Sie nie versucht haben, einer zu sein. Warum sollten Sie sich auch die Mühe machen, wenn das Einzige, was für Ihre Belange von Bedeutung ist, darin besteht zu wissen, wie man sie aufschneidet und wieder zusammenflickt? Vor dem Krieg gab es nicht genügend Klone, um sich über dergleichen Gedanken zu machen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Sie
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