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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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erst einmal diese Vertiefungen in der Wand untersuchen. Wenn wir dort nichts finden, laufen wir im Uhrzeigersinn weiter. Drückt uns die Daumen.«

19
    Mehr als zwei Stunden waren vergangen, als Hannah, Abdu und Gregori sich eine erste Rast gönnten. Ihre Beobachtung hatte sie nicht getrogen. Die dunkle Vertiefung, die ihr bei der Umrundung des Sees aufgefallen war, hatte sich tatsächlich als ein Gang entpuppt, der in die Tiefen des Adrar Tamgak zu führen schien. Offenbar gab es noch weitere Höhlensysteme, die die Berge durchzogen. Und wenn sie großes Glück hatten, führte einer der Wege nach draußen. Das jedenfalls war Hannahs Hoffnung, während sie einen Schluck aus ihrer Feldflasche nahm und sich umsah. Sie war an einen Ort geraten, an dem es keine Farben, nur Grau und Schwarz in allen Schattierungen gab. Allein in ihrem Herzen war es noch dunkler. Wie hatte sie nur so leichtfertig ihre Gefühle verschleudern können? In ihrer Naivität hatte sie doch tatsächlich angenommen, dass es diesmal klappen und sie das Glück der Liebe empfangen würde. Dabei hatte sie von Anfang an kein gutes Gefühl gehabt. Hätte sie doch nur ihrem Bauch vertraut. Hätte sie doch nur auf das gehört, was sie schon lange gefühlt hatte. Dass Chris in Wirklichkeit nicht an ihr, sondern nur an sich und seinem Job interessiert war.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« Gregoris sanfte Stimme riss sie aus ihren düsteren Gedanken. »Kann ich etwas für dich tun?«
    Hannah lächelte, aber es war ein müdes Lächeln. »Es würde mir viel bedeuten, wenn ich wüsste, dass ich außer Abdu noch einen Freund habe.«
    »Den hast du.« Er nahm ihre Hände und drückte sie sanft.
    »Danke. Es tut gut, so etwas von Zeit zu Zeit zu hören.« Sie entzog ihm behutsam ihre Hände. »Ich glaube, wir sollten uns mal wieder melden. Die Frist ist beinahe verstrichen. Abdu, reichst du mir bitte das Funkgerät?«
    Der Tuareg griff in seine Umhängetasche und händigte ihr das klobige Walkie-Talkie aus. Sie schaltete es ein und drückte die Sendetaste. »Team eins an Basisteam, könnt ihr mich hören?«
    Keine Antwort.
    »Team eins an Basisteam. Hallo, Basisteam – bitte melden!«
    Ihre Stimme verhallte in den Tiefen des Stollens. Zwei weitere Versuche brachten dasselbe Ergebnis.
    »Verdammt, ich glaube, die hören uns nicht. Ich frage mich, ob die Sendeleistung der Geräte wirklich ausreicht, um den Fels zu durchdringen. Immerhin handelt es sich um mehrere hundert Meter kompaktes Gestein.« In diesem Augenblick knackte das Funkgerät, und eine Stimme war zu hören. Sie klang schwach und verzerrt.
    »Malcolm hier. Bist du das, Hannah? Over.«
    Sie atmete auf. »Ja, hallo, ich bin’s. Gut, deine Stimme zu hören. Ich wollte mich kurz melden, um einen ersten Bericht abzugeben.«
    »Na dann …«
    »Wir bewegen uns jetzt seit beinahe einer Stunde in östlicher Richtung. Der Gang, dem wir folgen, scheint natürlichen Ursprungs zu sein, obwohl wir an verschiedenen Stellen Hinweise gefunden haben, dass er künstlich verbreitert wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob wir hier irgendwann auf einen zweiten Ausgang stoßen werden, bleibe aber dran. Wenn wir etwas gefunden haben, melden wir uns wieder. Wie lief es in der Zwischenzeit bei euch? Over.«
    Malcolms Stimme verschwand kurz, tauchte dann aber mit einem Rauschen wieder auf. »… haben hier umwerfende Entdeckungen gemacht. Das Material, aus dem das Auge besteht, scheint … Es löst Halluzinationen aus, ich habe es selbst ausprobiert … erstaunliche Dinge. Im Moment sind Irene und Patrick dabei, ihn näher zu untersuchen. Ich hätte noch eine Frage an Gregori. Over.«
    Hannah gab dem Geologen das Funkgerät.
    »Gregori hier. Over.«
    Wieder ertönte nur Rauschen.
    »Gregori hier. Over.«
    »… höre dich jetzt besser. Die Verbindung ist ziemlich schlecht. Patrick wird nachher versuchen, die Sendeleistung zu verstärken …. das Auge. Wir haben es untersucht, und es besteht aus einer wasserhaltigen, porösen Substanz, in die irgendwelche Körner eingebacken sind … reagiert stark auf Lichteinwirkung. Wir haben hier eine Gaslaterne aufgestellt, und der Stein produziert ununterbrochen Wasser … richtiger Sturzbach … fließt über die Treppen in den See. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Was könnte das sein? Vielleicht … Meteorit? Over.«
    »Gregori hier. Möglich ist das schon. Auf jeden Fall ist es eine fotochemische Reaktion. Das Material scheint bei Lichteinfall hygroskopisch zu werden, das heißt, es

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