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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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je zu der Geschichte gehörte, mit ihrer Brandwunde, die nun wieder aus der Versenkung aufgetaucht war mit kurzangebundener Telefonstimme, Sina legte den Arm um ihn. Er machte Liebe mit ihr, wie man im Gehen einen Hamburger ißt.
    Später weinte sie. Er stellte sich schlafend oder schlief vielleicht wirklich, sie wäre am liebsten aufgestanden. Wäre am liebsten in das Zimmer ihrer Krankheit, ihrer Genesung zurückgekehrt: zu Jacques und Maurice, die dort die dünnen Reste der Nacht verbrachten, sie blieb aber liegen. Weinte leise, allein: voll Grauen vor einem gesichtslosen Mann um die dreißig. Mittelgroß, mit einem Baseballschläger. Frei, zu Sina zurückzukommen, wann immer er wollte.

X
    Sie saßen wieder auf dem Deck. Saßen auf denselben Stühlen wie in der Nacht, Sina sah verweint aus, übernächtigt. Fütterte Maurice mit Eigelb, aß selber nichts, Robert trank Kaffee, sah übers Meer.
    Robert, der vernünftige Langweiler. Mit seinen unerbetenen Ratschlägen, Sina würde nicht zur Polizei gehen. Hatte seinen Vorschlag noch nicht einmal erwogen. Würde die Gangster ungeschoren davonkommen lassen: und nur aus Rücksicht auf den anderen, Jacques schälte Sina eine floridianische Orange.
    Goß ihr Tee ein, Saft. Redete an gegen die Stille, kramte in Erinnerungen. Schlenderte mit ihr durch Weißt-du-noch-Orte: zu denen Robert der Zutritt verwehrt war,
    »Das Aquarium in Homosassa. Im See, unter der Wasseroberfläche, du hast gesagt, am liebsten würdest du da drin wohnen«,
    Tief in der rieselnden Stille des Sees. Zwischen tanzenden Fischschwärmen, seemeilenweit weg von Roberts Haus auf Cape Cod: Und war es vielleicht das, was sie wirklich wollte? Ihre Fischhaut überstreifen, dann wegtauchen: Aber natürlich gab es gar keine Fischhaut.
    Robert begann, den Tisch abzuräumen, natürlich gab es kein Schwanenkleid, keinen Ritter und auch keine Prinzessin, es gab nur Roberts Einbildungen. Es gab nurSina Fischer und Robert Brauer: eine Frau, einen alternden Architekten, der Tisch war nun abgeräumt. In der Morgensonne warfen die Geländerschatten schwarze Muster aufs Deck.
    Später gingen sie hinab zum Strand. Robert entschuldigte sich. Schob Müdigkeit vor, streifte dann ziellos durch leere Zimmer. Zwang sich, nicht auf das Deck hinauszutreten, um zu ihnen hinunterzublicken: zu Sina und dem anderen, nebeneinander am Wasser, Robert, das Schlußlicht.
    Der Nachzügler, in Sinas und Jacques’ Geschichte: der sich hinsetzte, wieder aufsprang.
    Der den Fernseher anstellte, wieder abstellte, dann zwang er sich, still zu sitzen. Saß im Sessel vor dem kalten Kamin, er blickte über die langgestreckte Bucht des Provincetown Harbour. Rechnete den Zeitunterschied USA-Ostküste-München aus, umständlich, auf die Minute genau, und was, wenn er jetzt einfach nach München zurückkehrte?
    In sein Büro, zu seinem eigenen Leben, er nahm den Hörer in die Hand: um den Flughafen anzurufen oder das Büro oder Natalie vielleicht, er rief Julia an.
    Wußte nicht, warum. Erschrak ein wenig darüber, daß er ihre Nummer noch immer auswendig wußte, sie war im Laden. Schwieg eine Weile, nachdem er seinen Namen genannt hatte. Fragte dann,
    »Wo bist du. Wozu rufst du mich an«,
    Er sagte: »Ich bin auf dem Cape.«
    Erzählte ihr von einer Nacht im Schnee. In der er niemals bei ihr angekommen war, sie wußte längst Bescheid. Hatte in ihrer Mountain Lodge alles in der Zeitung gelesen:aber erst zwei Tage nach dem Überfall, sie hatte sofort im Krankenhaus angerufen. Zu spät, er war schon wieder fort gewesen, er sagte: »Es war ziemlich rücksichtslos von mir, daß ich mich nie mehr gemeldet habe«,
    Sie lachte auf, bitter.
    »Nicht rücksichtsloser als alles andere, Robert.«
    Er hütete sich, etwas zu entgegnen. Ließ das Gespräch verebben: bis sie sich brüsk verabschiedete, er rief Gabriel Phillips an.
    Berichtete von Jacques’ Rückkehr. Sprach nur von den Fakten, Gabriel drängte darauf, zur Polizei zu gehen. Wiederholte Roberts eigene Argumente, Robert lauschte dem Rauschen der Entfernung in der Leitung. Dem Widerhall seiner Stimme: während er seinerseits nun Argumente gegen eine Anzeige vorbrachte, Sinas Worte dabei wiederholte, wie war so etwas möglich? Gabriel fragte nach Roberts weiteren Plänen.
    Fragte nach dem Haus auf dem Cape: das er sich allmählich gern einmal angesehen hätte, aber warum war Gabriel nicht schon längst hergekommen? Um seinen Freund Robert mit seiner Eisprinzessin nicht zu stören wahrscheinlich,

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