Meere - Tierparadiese unserer Erde
die nie oder nur bei extremem Niedrigwasser kurzzeitig trockenfällt, ist die der Seegraswiesen (
Zostera nana
und
Zostera marina
). Mit ihren schmalen, bandartigen Blättern können
Zostera
-Arten dichte unterseeische Bestände bilden. Die ehemals verbreiteten Seegraswiesen sind zwischen 1930 und 1940 zum größten Teil durch eine Pilzerkrankung vernichtet worden. Sie haben sich von diesem Rückschlag nurin kleinen Teilbereichen wieder erholt. Mit ihnen vergesellschaftet leben nur einige Algenarten, die jedoch nicht wie
Zostera
im Boden verankert sind, sondern an Muschelschalen oder den Seegräsern selbst angeheftet sind. Abgestorbene Pflanzenteile bilden zusammen mit den sehr häufigen Cyanobakterien und Kieselalgen (Diatomeen) eine wichtige Grundnahrung der Tiere im Watt. Diese Mikroorganismen überziehen den mineralischen Boden mit ihren Schleimstoffen wie mit einer dünnen Haut und schützen ihn gegen Abspülung.
Ein gigantischer Schwebstoff-Filter
Zu den mengenmäßig bedeutendsten Wattorganismen gehören die Muscheln. Viele Muschelarten leben einzeln im weichen Wattboden verstreut. Andere, wie die Miesmuscheln, leben mithilfe sog. Byssusfäden mehr oder weniger festgeheftet am Untergrund oder miteinander verkettet. Stellenweise bilden sie auf diese Weise ausgedehnte Muschelbänke. Das Leben in solchen Kolonien bietet Vor- und Nachteile: Einerseits ist das einzelne Tier besser geschützt, andererseits herrscht eine erhöhte Nahrungskonkurrenz. Ihre Nahrung gewinnen Muscheln als Filtrierer. Sie entnehmen dem Wasser Bakterien, im Wasser schwebendes Zoo- und Phytoplankton und Detritus, also organische Abfallstoffe. In den Sommermonaten filtrieren die Miesmuscheln das gesamte Wattenmeerwasser alle 10–30 Tage durch. Ihre Schalen bieten wiederum Anheftungsmöglichkeiten für Großalgen und sessile Tiere, z. B. Moostierchen und Seepocken. Im Lauf ihrer Entwicklung dienen Muscheln verschiedensten anderen Tieren als Nahrung. Muschellarven und Jungmuscheln werden von Strandkrabben und Schollen, von Ringelwürmern und Nordseegarnelen (
Crangon crangon
) gefressen; erst wenn sie fast ausgewachsen sind, werden sie als Nahrung für Vögel wie den Austernfischer interessant.
Watt- oder Pierwurm: ein Grundglied der Nahrungskette
Meist sieht man nur seine charakteristischen Spuren auf dem Boden des Watts: Unzählige kringelige Häufchen aus geformtem Sand erheben sich ungleichmäßig verteilt zwischen ebenso vielen kleinen Sandtrichtern zu einer skurrilen Landschaft. Die Gebilde sind das Werk und zugleich der Lebensraum des Watt- oder Pierwurms (
Arenicola marina
). Der 10–20 cm lange und bis zu 1 cm dicke Ringelwurm (Annelida) ist ein entfernter Verwandter der allseits bekannten Regenwürmer. Am ehesten bekommen ihn Angler zu Gesicht, die ihn ausgraben und gern als fetten Köder benutzen, was ihm neben Sandpier auch noch den Namen Köderwurm eingebracht hat.
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Geringelte Kothäufchen zeigen den Wattwurm an.
Unermüdlicher Bodenarbeiter
Trichter und Sandkringel markieren die beiden Öffnungen des bis zu 30cm tiefen U-förmigen Röhrenbaus des Wattwurms. Zunächst hat der Wurm einen L-förmigen Gang gebaut, dessen Wände er mit sich härtenden Schleimabsonderungen verfestigt hat. Im waagrecht verlaufenden unteren Schenkel frisst der Wurm nun durch Ausstülpbewegungen seines nach oben gerichteten Rüssels Sand, um daraus seine Nahrung zu gewinnen: vor allem einzellige Algen und tote organische Partikel (Detritus). Da er immer an der gleichen Stelle den Sand zu sich nimmt, entsteht zunächst ein Hohlraum, der bald von aus der Höhe nachrutschendem Sand aufgefüllt wird. Schließlich hat der Wattwurm so viel Sand gefressen, dass immer mehr davon von der Wattoberfläche aus von selbst nachrutscht. Auf diese Weise entstehen auf dem Wattboden die Nachsacktrichter von 2–6 cm Durchmesser am Ende des Fressgangs.
Um seinen überwiegend aus Sand bestehenden Kot abzugeben, kriecht der Wurm mit seinem Schwanzende voran rückwärts in dem senkrechten Schenkel seiner Röhre nach oben und stößt seine Ausscheidungen als wurmförmiges Häufchen an der Bodenoberfläche aus.
Spezielle Sauerstoffversorgung
Sein Lebensbereich liegt in der sauerstofffreien Reduktionsschicht des Wattbodens. Zur Versorgung seiner am Körpermittelteil liegenden 13 Paar roten Kiemenbüschel mit Sauerstoff erzeugt der Wattwurm durch seine ständigen Bewegungen einen dem Weg des Sandes gegenläufigen Wasserstrom. Durch den
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