Meere - Tierparadiese unserer Erde
Zwar ist Meereis selbst lichtdurchlässig, doch absorbiert die Schneebedeckung das Licht. Erst nach der Schneeschmelze im Juni oder Juli steigt unter dem nun klaren Eis die Produktivität an. Dank des nährstoffreichen Wassers hält die arktische Planktonblüte den gesamten Sommer über an, bis es im September zu dunkel wird. Neben dem frei im Wasser treibenden Phytoplankton spielen Eisbiota eine wichtige Rolle. Dazu zählen Algengemeinschaften, die auf der Oberfläche oder als sog. epontische Gemeinschaften in der schwammartigen Unterseite des Treibeises leben. Eisbiota sind sehr divers, bestehen aber hauptsächlich, wie das arktische Phytoplankton, aus einzelligen Kieselalgen (Diatomeen), aber auch aus Bakterien. Offenbar ist die Biomasse der epontischen Biota teils 100-mal so groß wie die des Phytoplankton.
Plankton, Krebse, Fische
Phytoplankton und Eisbiota sind die Nahrungsgrundlage für das Zooplankton, also die Gemeinschaft der tierischen Organismen, die nahezu passiv im Wasser treiben, vor allem verschiedene Krebstiere mit Größen von wenigen Millimetern bis Zentimetern. Die wichtigsten Arten des arktischen Zooplanktons gehören zur Unterklasse der Copepoden (Ruderfußkrebse). Bei diesen wenige Millimeter großen Tieren bilden Beine und Kopfanhänge einen siebartigen Apparat, mit dem sie das Phytoplankton aus dem Wasser filtern und zum Mund fächern. Ruderfußkrebse weiden zudem die epontischen Eisalgen an der Unterseite des Eises ab. Auch Amphipoden (Flohkrebse) ernähren sich von Phytoplankton.
Hauptsächlich von Copepoden und Amphipoden ernähren sich wiederum größere planktonisch lebende Krebse, der Krill. Dazu gehören vor allem die Arten
Meganyctiphanes norvegica
im arktischen Nordatlantik und
Euphausia pacifica
im pazifischen Bereich. Sie werden einige Zentimeter groß und können mehrere Jahre alt werden.
Als Folge der sommerlichen Phytoplanktonblüte vermehrt sich auch das Zooplankton in Größenordnungen, die anderswo nur z. B. in den produktiven Küstengewässern Perus erreicht werden: Es gibt also reichlich Nahrung für Fische. Eine zentrale Rolle im Nahrungsnetz der Arktis spielt dabei der bis 30 cm große Polardorsch (
Boreogadus saida
). Dank eines als Frostschutzmittel wirkenden Proteins im Blut zählt er zu den wenigen Fischen, die unter dem Gefrierpunkt überleben können. Aufgrund dieser »Temperaturfestigkeit« ist er über die gesamte Arktis verbreitet und stellt die Hauptnahrungsquelle für Zahnwale, Robben und Seevögel dar.
Tundra und arktische Wüsten
Während das Meer reichlich Nahrung bietet, ist das Land der arktischen Küstenregionen karg. Im Winter herrschen extreme Temperaturen und eine dichte Schneedecke bedeckt das Land. Erst spät steigt die Temperatur über den Gefrierpunkt und die Vegetationsperiode dauert nur wenige Sommerwochen. Wo es genügend Niederschläge gibt, breiten sich im kurzen Sommer riesige Grasländer aus. An Land und dort, wo der Ozean ganzjährig eisbedeckt ist, verdunstet jedoch nur wenig Wasser, gleichzeitig fallen wenig Niederschläge. Vielerorts sind karge Gräser oder Flechten die einzigen Pflanzen.
Große Landtiere
Umso erstaunlicher ist es, dass die arktischen Küsten viele teils sehr große Tiere ernähren können, aber nur, weil diese das Meer als Nahrungsquelle nutzen. Dem Eisfuchs (
Alopex lagopus
) bieten im Sommer die Lemminge (
Lemmus lemmus
) der Tundra ausreichend Nahrung. Doch im Winter sind diese Nagetiere in unterirdischen Bauen unter der Schneedecke verborgen. Nun ernährt sich der Eisfuchs von Aas und folgt dabei dem Eisbären (
Ursus maritimus
) auf das Eis.
Der Eisbär ist noch stärker vom Meer abhängig. Er ist ein fähiger Schwimmer und lebt überwiegend auf dem Eis, wo er ganzjährig vor allem Robben jagt. Wenn sich im Sommer das Meereis von den Küsten zurückzieht, ernährt er sich jedoch auch von Flechten, Beeren und Gräsern an Land.
Die verschiedenen Robben schließlich verbringen die meiste Zeit im Wasser und kommen vor allem zur Paarung oder Aufzucht der Jungen auf das feste Land. Ihre dicke Fettschicht in der Unterhaut isoliert nicht nur gegen die Kälte, sondern hilft auch beim Schwimmen: Sie gibt Auftrieb.
Auch die riesigen Vogelkolonien der arktischen Küsten sind vom Fischreichtum abhängig. So ist die hohe Produktivität des Polarmeeres die Nahrungsgrundlage der gesamten arktischen Tierwelt.
Grönlandwale: Pfadfinder unterm Nordpoleis
Der Lebensraum des Grönlandwals ist das Gebiet rund um den
Weitere Kostenlose Bücher