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Meeres-Braut

Titel: Meeres-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine Zeit, aber es gab keine andere Möglichkeit. Als das Loch groß genug war, stemmte Okra sich hindurch. Sie gelangte in einen monströsen Saal. Dort, in der Mitte des Saals, stand ein riesiges Podest, auf dem etwas ruhte, das so aussah wie ein Nest. Über dem Nest schwebte ein Vogel Rokh. Was war hier los?
    Okra half Mela und Ida dabei, in den oberen Saal zu klettern. Die drei waren immer noch beschleunigt, während die Wesen im Schloß noch immer verlangsamt waren, so daß sie sich nicht zu beeilen brauchten. Sie bauten sich neben ihrem frischen Loch auf und begutachteten die Lage.
    »Roxanne!« rief Ida. »Das ist der Vogel! Rokhs-Anne!«
    Auf dem Fußboden unter dem Vogel stand ein ziemlich hübsches Koboldmädchen und hielt einen Zauberstab in der Hand. Der Stab war auf den Vogel gerichtet, wie um den Rokh abzuhalten. An der Seite hingen mehrere Käfige, und in einem befanden sich ein geflügelter Zentaur und ein Elfenmädchen.
    Der Zentaur mußte Che sein, die Elfe war wahrscheinlich Jenny.
    Okras Augen verengten sich zu Schlitzen. Das war also das Biest, das ihre Stellung als Hauptrolle an sich gerissen hatte! Sie sah wirklich nicht besonders imposant aus. Für eine Elfe war sie groß und unförmig, und ihre Ohren liefen auf eine Weise spitz zu, wie Okra es noch nie gesehen hatte. Und ihre Hände – der fehlte ja ein Finger an jeder Hand! Was war denn mit der passiert? Und was noch wichtiger war: Was konnte dieses seltsame Geschöpf nur an sich haben, um einer Hauptrolle würdig zu sein?
    »Das muß Gwendolyn Kobold mit dem Zauberstab sein«, erklärte Mela. »Ich glaube, ich habe einmal etwas von einem Zauberstab der Kobolde gehört, mit dem man Dinge umherbewegen kann. Vielleicht hält sie den Rokh von sich ab, damit sie nicht aufgefressen wird.«
    »Ja, und vorher hat der Rokh die beiden anderen gefangengenommen«, bestätigte Ida. »Vielleicht sollten wir sie erst einmal befreien. Dann können wir das Koboldmädchen durch unser Loch hinunterlassen und alle in Sicherheit bringen, bevor wir Roxanne den Samen des Zeitkrauts überreichen.«
    Das leuchtete Mela ein. Okra hatte zwar ihre Vorbehalte dagegen, die Elfe freizulassen, beschloß aber, nichts zu sagen. Sie mußten den Auftrag des Simurgh ausführen, damit sie zu Naldo Naga zurückkehren und die Antwort auf ihre Fragen bekommen konnten.
    Sie schritten zu den Käfigen hinüber. Die Käfige hingen zwar hoch über dem Boden, doch ließ sich die rauhe Wand unschwer erklimmen. Okra kletterte hinauf und stellte fest, daß die Käfige fest verschlossen waren. Sie versuchte den Knoten zu lösen, aber es gelang nicht. Da biß sie ihn kurzentschlossen durch.
    Der Knoten schrie auf. Doch es war ihr gleichgültig, wie er sich fühlen mochte; er hätte ja zulassen können, daß sie ihn löste. Im nächsten Augenblick hatte sie ihn durchtrennt und die Käfigtür geöffnet. Dann nahm sie das von dem Knoten übriggebliebene lose Seil und verzurrte es als schlichtes Geschirr um den Leib des geflügelten Zentauren. Sie trug ihn hinaus und ließ ihn an dem Seil herab, damit er nicht stürzte. Mela und Ida fingen ihn unten auf und führten ihn zu einer Stelle im Fußboden. Es war verblüffend, wie langsam er fiel – aber natürlich fiel er in Wirklichkeit in normalern Tempo, es wirkte nur viel langsamer. Dann lösten sie das Seil, damit Okra es wieder einholen konnte.
    Nun zur Elfe. Okra war schwer versucht, sie einfach ohne Seil hinauszustürzen. Doch sie wußte, daß Mela und Ida das nicht sonderlich schätzen würden. Natürlich könnte sie auch einen Fehler begehen und das Geschirr etwas zu locker binden; wer sollte schon dahinterkommen, daß es gar kein Unfall war?
    Aber sie mußte die Entdeckung machen, daß sie sich so sehr anstrengen konnte, wie sie nur wollte, es gelang ihr einfach nicht, das Geschirr zu locker zu binden. Ihre Hände bestanden einfach darauf, es richtig zu machen. Was war nur los mit ihr?
    Da fiel ihr auf, welchen Grund es dafür geben mochte: Der Status der Elfe als Hauptrolle. Keiner Hauptfigur widerfuhr jemals etwas wirklich Schlimmes. Sie ließen sich erschrecken und konnten in äußerst bedrängende Lagen geraten, aber irgendwie schafften sie es immer sich zu befreien. Die Ironie lag darin, daß es ausgerechnet Okra war, die Jenny Elfe aus dieser verzwickten Lage half. Sie mußte ihrer eigenen Feindin behilflich sein, und das nur aufgrund der Magie, die Jennys ungerechtfertigter Status ihr verlieh. Wie widerlich!
    So trug Okra die Elfe

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