Meeres-Braut
blickte auf. Weshalb hatte ihr Metria denn nicht das nächste Höschen gebracht?
»Du hast jetzt alle anprobiert«, sagte die Dämonin staunend. »Wir sind schon den ganzen Tag hier. Es ist mir kaum aufgefallen.«
Alle anprobiert? Irgendwie hatte Mela geglaubt, daß die Höschenparade niemals ein Ende finden würde. Auch ihr war nicht aufgefallen, wie die Zeit verstrichen war. Es war wirklich ein wunderbares Erlebnis gewesen! Aber Metria war nur zu sehr im Recht. Im Hosenstall wurde es langsam dunkel.
Doch jetzt mußte sie unter der Unzahl, die sie anprobiert hatte, ihre Auswahl treffen. Aber welches sollte sie denn nehmen? Sie konnte sich immer noch nicht entscheiden. Alle waren so schön! Und doch war kein einzelnes Höschen völlig und unzweifelhaft und ganz und gar das richtige gewesen.
»Gibt es denn wirklich überhaupt keins mehr?« fragte sie kummervoll.
Ida und Okra standen auf und suchten unter den herumhängenden Höschen. »Es muß doch noch eins geben«, sagte Ida. »Das eine, das wirklich das einzig richtige für dich ist.«
»Das muß so sein«, meinte auch Okra.
Metria seufzte. »Also gut. Dann werde ich noch einmal destillieren.«
»Was wirst du noch einmal?«
»Kondensieren, verdauen, zusammenfassen, raffinieren, Suchmuster…«
»Suchen?«
»Was auch immer.« Ärgerlich verschwand die Dämonin zwischen den Höschen.
»Ich glaube, ich habe eins gefunden!« rief Ida. Sie kam herbeigeeilt, ein Stück Stoff in den Händen. »Es war hinter ein anderes gefallen.«
Mela nahm es entgegen. Es war eine staubbedeckte Masse, die alles andere als vielversprechend aussah. Doch sie schüttelte es aus und nahm es trotzdem mit in die Umkleidekabine. Es war bequem, hatte aber weder Spangen noch Stickverzierungen. Es war einfach nur ein ganz gewöhnliches Höschen.
Sie kam hervor und ging wie immer ein Stück auf und ab, drehte sich um. »Oooohhh!« rief Ida. »Das ist ja wirklich vollkommen!«
»Ja, das ist es wirklich«, meinte auch Okra.
»Dieses kleine Nichts?« fragte Mela. Sie hegte den Verdacht, daß die beiden anderen sie nur dazu überreden wollten, um endlich wieder ins Freie zu kommen. Trotzdem blickte sie vorsichtshalber einmal in die Spiegel.
Die Spiegel machten alles heller. Nun konnte Mela die volle Farbe des Höschens erkennen. Es war ein Kreuzmuster mit vielen, raffiniert verwobenen Tönen.
»Das ist ja ein Skirt!« rief Metria.
»Was ist das?« fragte Mela, während sie ihr von dem Höschen ganz umschlossenes Hinterteil musterte.
»Dudelsack, Highland, Scotch Tape, Kilt…«
»Schottenrock?« fragte Okra.
»Was auch immer«, stimmte Metria verärgert zu. Doch dann entärgerte sie sich wieder. »Nein, warte mal, das ist es nicht. Stoff, Tuch, Heizgarn, Tartan…«
»Plaid!« sagte Ida.
»Ja«, stimmte die Dämonin zu und ärgerte sich erneut.
Plaid! Daran hatte Mela gar nicht gedacht, aber es gefiel ihr. Sie drehte sich noch einmal um die eigene Achse, beobachtete sich selbst dabei. Das Plaid streckte und verschob sich höchst anmutig. Je mehr sie es betrachtete, um so mehr gefiel es ihr. Es war konservativ, ohne langweilig zu sein, und die Einzelheiten waren interessant.
Dennoch war sie sich nicht sicher, ob es wirklich genau das richtige für sie war. Vielleicht würde sie doch besser in dem Höschen mit dem Mond und den Sternen aussehen. Vielleicht gab es auch eins mit Sonne und blauem Himmel, das jeden blendete, der es mit unbewaffnetem Auge betrachtete. Das würden den Betrachter aber recht geschehen!
Sie ging wieder auf die Umkleidekabine zu. »Welche Farbe hat Plaid denn?« fragte Okra.
»Na ja, es ist…« fing Ida an. »Es ist…«
»Es ist eigentlich keine richtige Farbe, sondern ein Muster«, meinte Metria. »Ein Design. Jedes ist für sich einzigartig und hat auch seine eigene Geschichte.«
Nun konnte Mela erkennen, daß die Farben sich tatsächlich mit ihrer Bewegung verschoben, so daß sich das ganze nie richtig fixieren ließ. Das war faszinierend. In den sich verschiebenden Linien konnte man sich verlieren, vor allem dann, wenn Mela ging, und würde doch nie dazu in der Lage sein, genau zu sagen, was man gesehen hatte.
Die Meerfrau beschloß, daß sie dieses Höschen mochte. »Ich nehme es«, verkündete sie.
Ida begab sich an die Stelle, wo sie das Höschen gefunden hatte. »Es muß doch noch Ersatzstücke geben, die man anziehen kann, wenn das erste hin ist.«
»Hin?« fragte Mela in scharfem Ton.
»Schmutzig, befleckt, dreckig…« erklärte die
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