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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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nach jeder Vision. Sein Blick fiel auf das Fischernetz an der Wand, den Flachbildfernseher, das Bücherregal, den Stapel Universitäts-Ordner – all das fand er hier und jetzt bizarr.
    Neben ihm saß Jeanne. Sichtlich übernächtigt und gestützt vom treuen Finn. In ihrem Blick vereinten sich Erleichterung und Empörung.
    „Hast du mich …?“ Er ließ den Rest der Frage offen und lugte unter die Bettdecke. Statt Sand und Schlick sah er seinen Lieblingsschlafanzug aus schwarzer Seide.
    „Nein“, erwiderte Jeanne tonlos.
    Ihre Stimme durchdrang kaum den Nebel seiner Benommenheit, doch er erkannte den zornigen Vorwurf. „Du bist selbst zurückgelaufen, hast dich geduscht und angezogen. Anschließend bist du ins Koma gefallen.“
    „Davon weiß ich nichts mehr.“
    „Wie geht es dir? Sag schon.“
    „Gut“, murmelte er.
    „Gut?“ Ihre Stimme überschlug sich fast. „Ist das dein Ernst? Wo hast du dich so aufgeschlitzt? Ich musste es nähen. Du kannst von Glück reden, dass keine Sehne durchtrennt war.“
    Die Verblüffung machte ihn etwas wacher. „Du hast es genäht?“
    „Ja. Mom hat es mir beigebracht, als Dad damals durch das Fenster gefallen ist. Ich dachte, es wäre nicht gut, dich zu einem Arzt zu bringen. Ich glaube nämlich, dass du nicht normal bist. Also, woran hast du dich verletzt?“
    „An einer Muschel.“ Schmerzen durchzuckten seinen Körper, als er sich probeweise im Bett aufsetzte. Woher kam dieser Muskelkater? Soweit er sich entsann, hatte er sich im Wasser federleicht gefühlt und jede Bewegung war ohne spürbare Anstrengung geschehen. Im Wasser … großer Gott! Er war wirklich dort unten gewesen. Dabei reichten die Schluchten des Riffs bis in eine Tiefe von mehreren Hundert Metern.
    „Eine Muschel?“ Jeanne runzelte die Stirn. Sie knautschte Finns Ohr so unsanft zusammen, dass der Hund knurrend zurückzuckte. „Was hast du gemacht? Warum warst du die ganze Nacht weg? Ich bin fast verrückt geworden vor Sorge.“
    „Ich war …“ Er hielt inne und wog das Für und Wider von Wahrheit oder Lüge ab. Schließlich entschied er sich für Ersteres. Wenigstens diesmal wollte er ehrlich sein. „Ich war schwimmen. Ich konnte nicht anders. Es war so schön, Jeanne. Ich fühlte mich so frei. Die Farben, die Formen, die Fische, das Riff und der Tangwald im Mondlicht. Ich wünschte, du hättest es sehen können.“
    Als er sah, dass Tränen in ihren Augen glänzten, hielt er inne. Seine Sehnsucht verwandelte sich in Wut. Etwas wollte sie auseinanderbringen und Jeanne aus seiner Erinnerung tilgen. Die Fremde aus der Hütte, die Stimmen, woher auch immer sie kamen. Vielleicht das Meer selbst.
    „Ich wollte einen Hai aus einem Netz befreien“, fuhr er fort. „Dabei habe ich mich verheddert. Ich benutzte eine dieser Halsabschneider-Muscheln, um freizukommen.“
    Jeannes Augen wurden groß wie Untertassen. „Du warst am Riff? Das ist unmöglich, allein die Strömungen hätten dich umgebracht.“
    „Das Meer hätte mir niemals etwas angetan. Es wollte …“ Er verstummte. Bei allen guten Geistern, die Wahrheit klang vollkommen verrückt. Und doch sprach er sie aus. „Es wollte, dass ich zu ihm komme.“
    „Das ist nicht dein Ernst.“
    „Doch, Jeanne. Ich stand an der Brandung und plötzlich …“ Wie sollte er es erklären? „Ich konnte nichts dagegen tun. Als ich wieder zu mir kam, war ich im Wasser. Und dann war es zu spät. Danach geschah alles wie von selbst.“
    Sie streichelte über seine verbundene Hand. Ihrer Erscheinung haftete etwas Verletzliches, Empfindsames an, das ihn zutiefst erschütterte. Was wäre aus ihr geworden, wenn er dem Ruf gefolgt wäre?
    „Weißt du jetzt, warum ich mir so viele Sorgen mache?“ Ihre Stimme war leise, aber fest. „Warum ich Angst davor hatte, dass du dem Ruf folgst? Es ist gefährlich dort draußen. Was, wenn du keine Muschel zum Zerschneiden gefunden hättest? Was, wenn du am Riff hängen geblieben wärst, und die Ebbe hätte es trockengelegt? Das erkläre mal jemandem, der dich so findet.“
    Er musste lachen, obwohl ihm nicht danach zumute war. Aber was blieb ihm anderes übrig, als sich am Galgenhumor festzuklammern? Sein Blick fiel auf das Geflecht aus Adern, das sich über Jeannes Handrücken zog. Sanft fuhr er die malvenfarbenen Linien mit dem Zeigefinger nach. Er wollte sie trösten, doch seine Worte klangen hohl: „Tut mir leid, dass du dir solche Sorgen gemacht hast.“
    Sie rollte seufzend mit den Augen. „Versprich mir

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