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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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einfach, dass du mich nicht verlassen wirst.“
    „Du wusstest es immer, oder? Du wusstest, dass etwas mit mir nicht stimmt.“
    Jeanne zuckte mit den Schultern. Ihre aufeinandergepressten Lippen zitterten. „Es fing an, als wir damals
Die kleine Meerjungfrau
gelesen haben. Oben im Heuschober der Scheepbouwers. Weißt du noch?“
    „Wie könnte ich das jemals vergessen?“
    „An diesem Tag fing ich an, über gewisse Geschichten nachzudenken. Und ich erkannte immer mehr Wahrheit in ihnen. Einen der Texte, die ich gelesen habe, weiß ich bis heute auswendig.“
    „Sag ihn mir.“
    „Sirenen, wenn auch selten, werden zumeist in britannischen Gewässern angetroffen. Dort sitzen sie auf Felsen und Sand-bänken, gesegnet mit einem lieblichen Antlitz und wunderschönem Haar. Bis zur Hüfte ist ihr Körper menschlich, darunter wird er zu dem Leib eines Fisches. Die Verführungskraft der Sirenen-Stimmen ist unwiderstehlich. Sie verzaubert die Herzen der vorbeisegelnden Seeleute, sodass ihre Sehnsucht unerträglich wird und sie ihre Schiffe auf das Riff laufen lassen.“ Jeanne legte eine Hand auf ihre Stirn und atmete tief ein. „Bitte Chris, sag mir, dass du dich nicht für das Meer entscheiden wirst. Ich kann nicht ohne dich leben.“
    Eine Stimme in seinem Inneren lachte spöttisch auf, und doch versicherte er ihr, dass er sie niemals allein lassen würde. Während dieser Worte zitterte seine Stimme. Heute Nacht hatte er gespürt, wie stark seine wahre Natur und der Drang, ihr nachzugeben, wirklich waren. Allein schon, weil unzählige Herrlichkeiten und fantastische Erfahrungen dort draußen auf ihn warteten. Er hatte mit einem Hai kommuniziert und die See durch seine Augen gesehen. Welche unglaublichen Dinge gab es noch unter dem Spiegel der Oberfläche?
    „Weißt du, was dir passiert wäre?“, fragte Jeanne leise. „Ich meine, wenn du dich für das Wasser entschieden hättest? Hättest du dich verändert?“
    Wie konnte er seine Empfindungen mit Worten beschreiben, die nicht dafür geschaffen waren, dergleichen zu erfassen? „Ich weiß es nicht.“ Er drehte sich auf die Seite, stützte sich mit einem Ellbogen ab und sah zu Jeanne auf. „Aber ich bin stärker als irgendwelche Mächte. Wäre ich es nicht, würde ich nicht hier liegen. Belassen wir es dabei. Mehr kann ich dir nicht erklären. Ich kann es wirklich nicht.“
    Jeanne seufzte. „Weißt du noch, als wir oben am Old Man of Storr waren? Du hast gesagt, du könntest die Wale hören. Du hattest alle möglichen Allergien gegen chemische Stoffe. Schon als Kind konntest du länger unter Wasser bleiben als jeder andere Mensch.“
    „Mom hat mich nie Ärzten präsentiert“, fügte er hinzu. „Aber ich hatte ein Attest, das mich vom Schwimmen befreite.“
    Jeanne grinste dürftig. „Sie hatte wohl Angst, dass du dich verwandeln könntest. Vor aller Augen. Stell dir nur mal das Gesicht deines Schwimmlehrers vor, wenn dir mitten im Unterricht plötzlich Flossen und Kiemen gewachsen wären.“
    Christophers Verwirrung entlud sich in einem Lachen. Er lachte, bis ihm die Seiten wehtaten, während zahllose Erinnerungen und Erkenntnisse auf ihn einprasselten, die kaum zu ordnen waren. Gerade wollte er Jeanne einen Schwur leisten, so, wie sie sich früher oft Dinge geschworen hatten, als plötzlich der Juckreiz zurückkehrte. Und diesmal so heftig, dass er wie unter einem Stromschlag zusammenfuhr.
    „Was ist los?“ Sie fuhr erschrocken hoch. „Was hast du?“
    „Nichts, es ist nur …“ Er schnappte nach Luft. Ein weiterer Impuls jagte durch seinen Körper, deutlich stärker als der erste. Er konnte nicht anders, als zu kratzen. Tausende Ameisen krochen in seinem Fleisch umher, abgelöst von einem Feuer, das sich durch die Fasern fraß. Himmel, es fühlte sich an, als würde er bei lebendigem Leib verbrennen.
    „Tut mir leid, ich …“
    Der Rest des Satzes erstickte in seiner Kehle. Hals über Kopf sprang er auf, stürzte ins Bad und schlug die Tür hinter sich zu. Weitere Impulse quälten ihn, immer intensiver, brennender, bis er das Gefühl hatte, jede einzelne Zelle würde zerrissenund neu zusammengefügt werden. Fieberhaft zerrte er den Verband von seiner Hand, fetzte sich den Schlafanzug vom Leib und stellte die Dusche an. Blut lief an seinen zerkratzten Beinen hinunter.
    „Chris?“ Jeanne klopfte gegen die Tür. „Sag doch was? Alles okay?“
    „Ja.“ Erleichterung überkam ihn erst, als er sich unter den Wasserstrahl stellte. „Ich brauch nur

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