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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Frage aufregend.
    Gemeinsam wanderten sie den Pfad entlang. Obwohl das Schweigen andauerte, empfand Maya es nicht als unangenehm. Strandhafer rauschte im Sturm, verfallene Mauern ragten aus dem Gras. Sie erblickte zwei keltische Grabsteine und die vom Zahn der Zeit abgetragenen Überreste eines Gebäudes, das vor langer Zeit einem nicht mehr auszumachenden Zweck gedient hatte. Zu dieser Ruine lief der Hund, um schnüffelnd in ihrem Schatten unterzutauchen.
    „Das Dorf wurde auf einem piktischen Heiligtum errichtet“, beendete Christopher die Stille mit seiner sanften, einlullenden Stimme. „Diese Ruine war mal eine Kirche. Sie steht auf einem Ritualplatz. Man wollte die heidnischen Traditionen ein für alle Mal auslöschen.“
    So etwas hatte sie erwartet. Längst Vergangenes war zum Greifen nahe. Es lag Magie in der Luft, ein vertrauter Zauber, den sie lange nicht mehr gespürt hatte. Zum letzten Mal vor vielen Jahren im Sommer, als sie mit White Elk die Heiligen Felsen in der Wüste aufgesucht hatte, um im Mondschein vor prähistorischen Malereien zu sitzen. Nur kurz empfand sie den Drang, etwas zu antworten. Dann gewann das Gefühl Oberhand, dass es schöner war, einfach nur still zu sein. Christopher würde es ihr nicht übel nehmen. Er war einer der seltenen Menschen, denen Stille nichts auszumachen schien. Also liefen sie weiter, lächelnd und schweigend, bis sich ein Kiesstrand samt kleinem Hafen vor ihnen öffnete. Das hier war nicht das eingezwängte Meer im Hafen der Stadt. Hier spürte man die Macht des Wassers, atmete, roch und schmeckte sie. Salz brannte aufden Lippen, der Geruch von Freiheit tränkte die Luft. Sie schloss die Augen, um dieses Aroma, zusammengesetzt aus allem, was sie umgab, tief in ihre Lungen einzusaugen.
    Ohne ein Wort zu wechseln, verharrten sie Seite an Seite am Saum der Brandung. Christophers Blick wirkte leer, als er auf das Meer hinausstarrte. Wind spielte in seinen Haaren und wehte sie ihm ins Gesicht. Leise klackerten die Rümpfe der Kutter aneinander.
    „Liebst du das Meer?“, fragte er nach einer Weile.
    „Ja.“
    Sie hob die Arme und ließ sie wieder fallen. Es war eine Geste, mit der sie am liebsten ihre ganz persönliche Resignation ausdrückte. „Aber es ist eine ziemlich zerstörerische Liebe.“
    „Warum?“, fragte er sanft.
    „Nun ja.“ Sie überlegte, wie sie es am besten formulieren konnte. „Vielleicht, weil ich viel zu selten dort rausfahren kann. Weil mir das Meer so fragil und verletzlich vorkommt und ich meine Lebensenergie dafür geben möchte, es zu schützen. So sehr, dass ich mich manchmal darüber vergesse. Es dauert ewig, bis ich einen Förderer finde und die Genehmigung für eine Expedition erhalte, und oft gehen die Interessen unserer Investoren mit meinen nicht konform. Aber was soll ich machen? So ein Forschungsschiff kostet Tausende Pfund pro Tag. Und wenn ich nach einer Reise zurück bin in meinen vier Wänden, ist das Fernweh schlimmer als vorher. Manchmal so schlimm, dass ich am liebsten alles hinschmeißen und aufs Geratewohl losziehen möchte.“
    „Ich weiß, was du meinst.“ Er scharrte mit den Schuhen im nassen Kies. „Alle Fesseln lösen, alles hinter sich lassen. Es geht nur noch um dich. In den letzten Jahren bin ich viel gereist, aber es hat meinen Hunger nie gestillt. Eher noch verschlimmert.“
    „Alle Fesseln lösen.“ Maya seufzte, überwältigt von einem Gefühl, das sie nicht definieren konnte. Wie sie hier standen und worüber sie sprachen, oder wie sie einfach nicht sprachen … konnte es wirklich sein, dass sie diesen Mann eben erst kennengelernt hatte? „Wenn das so einfach wäre.“
    „Das ist es nicht. War es nie.“
    Mit klopfendem Herzen starrte sie zu ihm auf. In diesem Augenblick fühlte sie sich ihm unglaublich nah. Fast als wüsste sie genau, wer er war. Es mochte Illusion sein, vielleicht. Aber es fühlte sich gut an. Wenn sie ihn anblickte, war da diese Sehnsucht, dieses schmerzende Drängen in seinen Augen, das ihr so vertraut war. Und wenn sie schwiegen, fühlte sich ihre Zweisamkeit an, als würden sie sich bereits seit Ewigkeiten kennen. Offenbar legten sie die Zeit, die Menschen für gewöhnlich brauchten, um sich näherzukommen, im Zeitraffer zurück.
    Maya sog dieses Gefühl auf. Seit sie auf Skye lebte, waren eine Handvoll Männer durch ihr Leben geweht worden, flüchtig und mit bitterem Nachgeschmack. Keine Beziehung war in die Tiefe gegangen. Alle endeten, ohne etwas in ihr berührt zu

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