Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
Vom Netzwerk:
Abenteuerlust. „Kaum zu glauben, dass wir hier sind! Ist das nicht irre? Wie geht es dir?“
    „Gut.“ Er betrachtete das Münzenarmband an seinem Handgelenk, zog es ab und reichte es Jeanne. Warum er es tat, wusste er nicht. Es war ein plötzlich auftauchendes Bedürfnis. „Ich möchte dir das hier schenken.“
    Sie weitete die Augen und nahm das Schmuckstück entgegen. Mit ihrem geflochtenen Zopf und dem kakifarbenen Sommeranzug sah sie nicht mehr aus wie ein Mädchen, sondern wie eine erwachsene Frau, die bereit war, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Tief in sich spürte Christopher, dass seiner Schwester eine bedeutsame Zukunft bevorstand. Er konnte nur hoffen, dass sie glücklich wurde. Auf jede nur erdenkliche Weise erfüllend – ob mit ihm an ihrer Seite oder ohne ihn.
    „Für mich? Aber wieso?“
    „Ich möchte, dass du es von jetzt an immer trägst. Das Armband stammt von einem Seemann, der die ganze Welt gesehen hat. Ich weiß, dass das auch dein Traum ist. Überall herumzukommen.“
    Jeanne lächelte. „Es ist wundervoll. Danke.“
    „Und wehe du verliere es.“ Er zog eine Wasserflasche aus seiner Tasche und leerte sie, was seine Schwester mit kritischem Blick verfolgte.
    „Geht’s dir wirklich gut?“
    „Ja. Aber ich muss erst mal raus. Diese Koje ist eng wie ein Hamsterkäfig.“
    Jeanne nickte, nahm die für sie bereitgelegten Crew-Shirts in Augenschein und wirkte abwesend, also verließ er die Kabine ohne ein weiteres Wort und ging hinauf auf das Schiffsdeck. Es war fast menschenleer, lediglich ein paar Männer der Besatzung huschten geschäftig umher und bereiteten das Ablegen vor. Sie interessierten sich nicht dafür, dass er sich über die Reling lehnte und den Wellen zusah. Niemand nahm Notiz von ihm, und dafür war er dankbar. Das Dröhnen der Schiffsmotoren ließ den Boden unter seinen Füßen vibrieren. Vielleicht würde er sich besser fühlen, wenn sie dort draußen waren. Weit weg vom Lärm und Dreck des Hafens. Er sah leere Coladosen und Plastiktüten im Wasser umhertreiben, bunte Ölschlieren und Flocken aus Schaum.
    Eine Weile beobachtete er die Fische, die am Grund des Hafens nach Abfällen suchten, bis er bemerkte, dass jemand neben ihm stand. Es war ein kräftiger, schwarzhaariger Mann mit Bürstenschnitt und Ziegenbart, dessen Gesichtsausdruck die Kunst vollbrachte, vollkommen emotionslos zu sein. Er trug eine abgeschnittene Bluejeans und ein grellrotes Shirt, auf dem das Foto eines Zähne starrenden Anglerfischs prangte.
    „Ich bin Nico“, stellte sich der Fremde vor. „Und du bist Christopher, unser hochgelobter Ehrengast?“
    Diese ganze Ehrengast-und-berühmt-Geschichte ging ihm langsam auf den Zeiger. Der Handdruck des Mannes war extrem stark. Offenbar wollte er seine Überlegenheit klarstellen, indem er die Schmerzgrenze seines Gegenübers auslotete, doch Christopher ließ sich nicht beeindrucken. Ohne mit der Wimper zu zucken, ertrug er dieses Machtspiel, bis Nico mit zerknirschter Verblüffung von ihm abließ.
    „Der bin ich“, antwortete er sanft. „Nett, Sie kennenzulernen.“
    „Die Freude ist ganz meinerseits.“
    Nico musterte ihn mit unverblümter Intensität. An solche Blicke gewöhnt, kümmerte er sich nicht weiter darum und verfolgte das Spiel der Wellen, die gegen den Eisenrumpf des Schiffes plätscherten.
    „Schon seltsam“, sagte der Mann, nachdem er seine Studie beendet hatte. „Wie hat es Maya nur geschafft, dich einzuwickeln? Mit der Aussicht auf eine feste Beziehung konntest du sie bis nach Timbuktu jagen, und jetzt kommt sie mit dir an. Mit jemandem, dem die Welt offen stünde und der sich stattdessen mit einem unbedeutenden, kleinen Institut auf einem Inselchen zufriedengibt?“
    Nach außen hin unbeeindruckt schloss Christopher die Augen und schwieg. Er mochte diesen Mann nicht und empfand nicht das geringste Bedürfnis, mit ihm zu reden.
    „Da hat sie sich ja einen netten Zeitvertreib für die langen Monate auf See ausgesucht.“ Nico schien blind für Körpersprache zu sein. „Euer Verhältnis war mir von Anfang an klar, so, wie ihr auf dem Flughafen miteinander geturtelt habt. Ganz zu schweigen von dem Getuschel, das derzeit unter unserer Truppe kursiert.“
    „Was für Getuschel?“ Was man über ihn sagte, war gleichgültig. Er hatte oft genug im Rampenlicht gestanden und die Falschheit der Menschen ausgelotet. Aber dass man sich über Maya das Maul zerriss, gefiel ihm nicht.
    „Na über das, was ihr gestern im Club

Weitere Kostenlose Bücher