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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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für
Zellforschung GNS zufolge mussten inzwischen Fehler bei
der Analyse zweier im Vormonat eingereichter Spermaproben
eingeräumt werden. Offenbar wurden die betreffenden Proben
auf verunreinigte Glasträger aufgetragen und haben somit zu
verfälschten Untersuchungsergebnissen geführt. Wie es dazu
kommen konnte, müsse im Einzelnen noch geklärt werden, so
die Mitteilung an die Medien. Die Sondereinheit der Kriminalpolizei,
die eingerichtet wurde, um die Mädchenmorde auf
der Kanalinsel Sark aufzuklären, reagierte zurückhaltend auf
diese Meldung. Allerdings könne man nun nicht mehr zwangsläufig
davon ausgehen, dass eine Delfinmutation im Atlantik
ihr Unwesen treibe, so die Staatsanwältin Mary Hickman, die
mit dem Fall betraut ist. Es müsse jetzt mit ganzer Kraft in alle
Richtungen weiterermittelt werden.
    Sie vertuschen es tatsächlich, schoss es mir durch den Kopf.
Sie wollen verhindern, dass ans Licht kommt, dass sie einen
Menschen abgeschlachtet haben.
    Oder sie versuchten, einfach bloß Zeit zu gewinnen. Vielleicht
wollten sie alles noch ein zweites Mal untersuchen, weil
sich die Nix-DNA womöglich gar nicht eindeutig zuordnen
ließ.
    Ich begann, mich zu fragen, ob ich wohl die Einzige war, die
den Vorfall am 13. April in der Perelle Bay beobachtet hatte,
denn genau das konnte ich mir eigentlich kaum vorstellen. Die
Menschen auf Guernsey hatten um die unzähligen Delfine in
der Bucht gewusst. Außerdem war Tante Graces Grundstück
nicht das einzige, das direkt an der Küste lag. Trotz der Sicherheitsabsperrungen
hätten also eine Menge Leute das Schiff der
Küstenwache und den Trawler bemerken können.
    Und wenn mein Sehvermögen damals bereits – also vor meiner
Verwandlung – schon besser ausgeprägt gewesen war als
bei normalen Menschen? Vielleicht hatte ich die Einzelheiten
in der Perelle Bay viel deutlicher erkennen können, als selbst
ein Mensch, der durch ein Fernglas schaute, jemals dazu in der
Lage gewesen wäre.
    Das zumindest würde erklären, warum nie etwas darüber zu
den Medien durchgedrungen war.
    Okay, Joelles Cousin Louie glaubte zu wissen, dass ein
Delfin gefangen und getötet worden war. Aber das bewies im
Grunde gar nichts. Wie Ruby bereits gesagt hatte, konnte dieser
Delfin in der Tat
irgendein
Delfin gewesen sein. Elliot war
es jedoch ganz sicher nicht. – Es sei denn, er hatte sich beim
Sterben auf dem Deck des Trawlers vor den Augen der Fischer
in einen Delfin zurückverwandelt. Das allerdings wäre eine
derartige Sensation gewesen, dass man es unmöglich über drei
Wochen hätte geheim halten können. Einer der Männer, die
sich an Bord befanden, hätte ganz sicher gequatscht. Eine solche
Nachricht war nämlich garantiert viele hübsche britische
Pfund wert.
    »Wozu zerbrichst du dir darüber eigentlich noch den Kopf?«,
murmelte ich, faltete die Zeitung zusammen und verstaute sie
in dem Klappfach unter der Schreibtischplatte.
    Nach kurzem Überlegen ließ ich den Brief meiner Urgroßmutter
ebenfalls darin verschwinden. Ich hatte ihn bisher nicht
angerührt und würde das auch jetzt nicht tun. Was interessierte
mich die Geschichte meiner Vorfahren? Ich brauchte mir kein
Foto von meinem Urgroßvater anzuschauen, ich wusste auch
so, wer ich war, und würde bis zu meinem Lebensende meine
ganze Kraft brauchen, um damit klarzukommen.
    Ich lehnte mich zurück und schloss einen Moment lang die
Augen, um mich zu sammeln. – Jetzt blieb nur noch die kleine
grüne Schachtel.
    Es war mir ein Rätsel, was sich darin befand. Da ich außer
meiner Armbanduhr keinen Schmuck trug, konnte Tante
Grace weder einen Ring noch einen Ohrstecker oder einen
Kettenanhänger gefunden haben. Vielleicht handelte es sich
aber auch um einen Gegenstand, den sie nicht hatte zuordnen
können und von dem sie bloß annahm, dass er mir gehörte.
    Zu dumm, dass es auf ihrer Karte keinen Hinweis gab, denn
so war ich mir alles andere als sicher, ob ich die Schachtel wirklich
öffnen sollte.
    Mein Herz schlug einen Takt schneller, als ich meine Finger
darumschloss. Langsam hob ich die Schachtel hoch, zog das
Klappfach noch einmal auf – und zögerte.
    Wenn es beispielsweise ein Geschenk war, würde meine
Großtante erwarten, dass ich mich dafür bedankte. Tat ich es
nicht, würde sie irgendwann nachfragen, ob es mir gefallen
hatte.
    Natürlich könnte ich dann immer noch in die Schachtel
schauen …
    Abermals sah ich zum Regal hinüber, in dem die Karte mit
dem Esel stand.
    Mir kam Jane in den Sinn und die vielen

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