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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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würde.
    »Fein«, sagte sie jetzt, »dann könnten wir ja so eine Art private
Abmachung treffen, wenn du magst.«
    »Klar.«
    »Ich erkläre dir, was ich vorhabe, und du entscheidest, wann
und wie oft du kommen willst, um mir dabei zu helfen, okay?«
    »Klingt super.« – Wenn zudem noch Tante Grace mitspielte!
– »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Kisten raustragen … Und zwar von dort drinnen …« Sie
deutete hinter sich und zeigte anschließend auf den Boden
des Glasraums, der aus breiten dunklen Holzdielen bestand.
»… nach hier draußen.«
    »Aha?«
    »In den Kisten befindet sich Schmuck«, erklärte sie mir.
    »Den du entworfen und hergestellt hast?«
    »Genau«, bestätigte sie. »Heute Nachmittag werden zwei
Thekenvitrinen und ein Schrank angeliefert.«
    Ich runzelte die Stirn. »Wenn ich nicht mehr hier bin?«
    »Beim Aufstellen der Vitrinen können mir die Anlieferer
helfen«, meinte Jane. »Das sind in der Regel kräftige Männer.
Für uns zarte Geschöpfe sind die Dinger ohnehin viel zu
schwer. Wir stellen jetzt erst mal die Kisten raus. Danach trinken
wir einen Kaffee oder eine heiße Schokolade. Und morgen
beginnen wir damit, den Schmuck in die Vitrinen zu räumen.
Wir haben ein paar Tage Zeit dafür. Die Neueröffnung
ist nämlich erst am nächsten Wochenende. Also alles halb so
wild«, setzte sie grinsend hinzu, knuffte mich leicht in die Seite
und wandte sich um. »Dann komm mal mit.«
    Ich folgte ihr in den angrenzenden Raum, der nur ein winziges
Sprossenfenster und eine weitere Tür hatte und auch ein
wenig kleiner war als der gläserne Anbau.
    »Den Wintergarten habe ich mir im letzten Jahr geleistet«,
erzählte sie. »Allmählich wird es Zeit, dass ich ihn auch nutze.«
    »Heißt das, du hast deinen Schmuck bisher nicht ausgestellt?
«, fragte ich, während ich mich umsah.
    Der Boden bestand aus blaugrauem Granit und gab mir das
unangenehme Gefühl, verschluckt zu werden. Zwar waren die
Wände in einem hellen Creme gestrichen, doch das konnte
seine Wirkung nicht entfalten, da ringsherum bis knapp unter
die Zimmerdecke Pappkisten aufgestapelt waren.
    »Nicht hier«, war Janes knappe Antwort, und ich kapierte
sofort, dass es besser war, nicht nachzuhaken.
    »Okay«, sagte ich also nur. »Und die sollen alle in den Wintergarten?
«
    »Nein, nur diese hier.« Jane deutete auf die Kisten, die an
der Wand standen, in der sich das Fenster befand. Sie zog eine
Trittleiter heran, und mir fiel auf, dass sie ihren linken Fuß ein
wenig nachzog.
    »Soll ich das nicht lieber machen?«, bot ich an.
    »Ja, gut.« Sie war sofort einverstanden. »Du reichst sie mir,
und sobald wir eine Reihe abgetragen haben, bringen wir sie
raus.«
    Mir schien es zwar sinnvoller zu sein, zuerst die Vitrinen
aufstellen zu lassen, ich hütete mich aber, etwas in dieser Richtung
zu äußern. Das hier war Janes Laden. Sie würde schon
wissen, was sie tat.
    Und so arbeiteten wir eine gute halbe Stunde schweigend
vor uns hin, dann standen annähernd vierzig Kisten in der
Mitte des Wintergartens.
    »Sehr gut.« Janes braune Augen strahlten. »Das ging viel
schneller, als ich dachte. Tja«, fuhr sie achselzuckend fort,
»aber normalerweise habe ich ja auch keine Hilfe.«
    Vielleicht irrte ich mich, aber ich glaubte, eine Spur von
Wehmut in ihrer Stimme vernommen zu haben. Unentschlossen
sah ich sie an und sie bemerkte mein Zögern sofort.
    »Was ist?«
    »Ähm …«
    »Jetzt sag nicht
nichts
«, kam sie mir zuvor.
    »Na ja …« Ich zog die Schultern hoch. »Das klingt irgendwie
ein bisschen … einsam.«
    »Ich lebe allein und ich bin oft einsam, das stimmt«, gab
Jane unumwunden zu. »Das bedeutet aber nicht, dass ich
keine Freunde habe. Sie sind nur …«
    »Was?«
    Sie winkte ab. »Ach, nichts.«
    Ich versuchte ein Lächeln. »Jetzt hast
du nichts
gesagt.«
    Jane nickte. »Ja, hab ich.« Wieder so eine knappe Antwort,
die mir signalisierte, dass Nachhaken keinen Sinn hatte, und
allmählich begann ich, mich zu fragen, wer von uns beiden
diese
Therapiestunden
eigentlich nötiger hatte.
    »Ich mach uns jetzt mal einen Latte macchiato«, sagte Jane,
umrundete die Kisten und verließ den Wintergarten.
    Ich lief ihr hinterher und überlegte, wie alt sie wohl sein
mochte. Weil sie sehr zierlich war und sich so hippiemäßig kleidete,
wirkte sie fast noch wie ein Mädchen, trotzdem kam ich
zu der Überzeugung, dass sie mindestens dreißig sein musste.
    Jane führte mich zum Eingang des Haupthauses, einer weißen
Holztür mit einem

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