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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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ich mir die Haut über meiner Hüfte aufschürfte. Selbst als meine Seitenflosse sich an einer Steinspitze verfing und ich sie gewalt sam losreißen musste, spürte ich keinen Schmerz.
    Oceane hatte ich aus den Augen verloren. Erst kurz bevor ich den Ausgang erreichte, schloss ich zu ihr auf und stieß unmittel bar hinter ihr durch die mundförmige Spalte ins offene Meer.
    Das Erste, was ich registrierte, war Cullums wächsernes Ge sicht.
    Über seinen Augen lag ein nachtschwarzer Schatten. Die bei den anderen Delfinnixe flankierten ihn und hielten stumm ihren Blick gesenkt.
    Instinktiv schaute ich zum Meeresgrund – und da sah ich ihn.
    Gordy!!!
    Leblos lag er auf einem Bett aus Algen, das den breiten Ausläu fer einer Riffklippe überzog. Seine Haut war so bleich wie das In nere einer Muschel und seine weit aufgerissenen Augen starrten ins Leere.
    Gordy, nein!
    Ich wollte zu ihm hinabstoßen, doch Cullum schob sich mir in den Weg. Lass ihn, Elodie, du kannst nichts für ihn tun.
    Ist er …? Die Frage erstarb auf meinen Lippen. Ich brachte es kaum über mich, Gordians Vater in die Augen zu sehen, viel zu groß war meine Furcht, darin die Antwort zu finden, gegen die sich alles in mir sträubte.
    Wir sind zu tief hinabgetaucht, sagte Cullum. Gordian konnte dem Druck nicht standhalten und ist ohnmächtig geworden.
    Ohnmächtig? Vor Erleichterung fing ich an zu zittern.
    Sein Zustand ist außerordentlich ernst, fuhr Cullum indes fort. Wenn er nicht innerhalb der nächsten Minuten zu sich kommt, wird er ersticken.
    Die Angst kam zurück, kälter als zuvor. Sie lähmte mich, mach te mich unfähig, zu denken und zu handeln.
    Es gibt nur eine, die ihm jetzt noch helfen kann. Oceanes Stimme drang wie zähflüssiges Gift in meine Ohren. Ich habe bereits nach ihr gerufen. Sie und Idis treiben die Tiere gerade weiter in den Süden auf die afrikanische Küste zu. Solange die Hainixe sich in dieser Gegend aufhalten, ist es für die Delfine zu gefährlich. Daher werden wir eine Weile auf ihren Schutz verzichten müssen.
    Hoffen wir, dass sie noch nicht zu weit weg sind von hier , gab Cullum zurück. Die Lähmung fiel von mir ab wie eine abgestorbene Haut. Was ist, wenn sie es nicht schafft?, schrie ich.
    Cullum und Oceane sahen mich an. Der Ausdruck in ihren Augen war erschreckend teilnahmslos.
    Ihr könnt ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen!
    Mit rasendem Herzen fixierte ich einen nach dem anderen, auch die beiden Nixe, die sich mir bisher noch immer nicht vor gestellt hatten. Doch alles, was ich erntete, war Schweigen. Kälte. Gleichgültigkeit.
    Warum lasst ihr es mich nicht versuchen?, schrie ich Cullum an.
    Mein Blick flog von ihm zu Gordy.
    Das Meer wird entscheiden, meldete sich einer der beiden Delfin nixe überraschend zu Wort. Es liegt nicht in unserer Hand.
    Er hatte dunkelbraune gewellte Haare und einen ungewöhnlich breiten Mund. Die Farbe seiner Iris konnte ich nicht erkennen, da er die Lider noch immer gesenkt hielt. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass sein Blick auf mir klebte und sich wie die Saugfüße eines Geckos über meine Haifischflosse tastete.
    Lass sie, Ramon!, fuhr Oceane ihn an. Sie ist nicht unser Feind.
    Wenn du dich da mal nicht täuschst, knurrte der andere.
    Er schien einige Jahre jünger als Cullum zu sein. Sein Körper war massig, das Gesicht flächig und er trug seine kinnlangen schneeweißen Haare eng am Kopf anliegend. Die gelbgrünen Augen mit den schmalen Pupillen unter den geraden schwarzen Brauen erinnerten mich an einen Raubvogel.
    Das ist Poy, stellte Oceane ihn mir vor, der Anführer einer mächtigen Allianz. Viel größer, als die von Kyan je war. Er und seine Freunde leben den Winter über vor der brasilianischen Küste. Sie kamen vor einigen Tagen zurück und berichteten, dass sie Zak allein auf dem Weg zum nordamerikanischen Kontinent begegnet sind.
    Er hat mir von seinen Plänen erzählt, sagte Poy mit einer dunklen, seltsam ölig klingenden Stimme, die ebenso wenig wie die weißen Haare zu seinem eher jugendlichen Aussehen passte. Dass er in Florida an Land gehen und Menschenmädchen verzaubern würde. Der
    Nix lachte abfällig. Natürlich haben wir diesem Spinner kein Wort geglaubt. Inzwischen wissen wir es allerdings besser, fügte er mit einem bedeutungsvollen Seitenblick auf Cullum hinzu.
    Ich gab mir alle Mühe, mich auf das Gesagte zu konzentrieren und dessen Sinn und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu erfassen, aber die Angst um Gordy besetzte

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