Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
Vom Netzwerk:
blieb Cyril für mich ein Buch mit sieben Siegeln. »Dein Vater hat gesagt, dass niemand von euch die Menschen so sehr liebt wie du«, murmelte ich nachdenklich.
    »Mag sein.« Cyril zuckte die Achseln. »Das spielt aber letztend lich keine Rolle.«
    Dem hätte ich gerne widersprochen. Das Gegenteil war der Fall. Denn es machte ihn zu einer wichtigen Verbindung zwi schen Menschen und Hainixen. Doch offensichtlich wollte Cyril sich seinen Gefühlen nicht stellen. Und daher hatte es wohl auch wenig Sinn, wenn ich weiter in ihn drang und ihm seine wider sprüchlichen Äußerungen unter die Nase rieb.
    »Wer waren eigentlich die Haie, die Liam, Niklas und Pine ge tötet haben?«, wechselte ich das Thema.
    »Javen und Tyler.«
    »Und wer von euch ist Gordy und mir in den Atlantik hinaus gefolgt?«
    Um Cyrils Mundwinkel zuckte es. »Wir alle drei.«
    »Von Anfang an?«
    »Jep.«
    Okay. »Und welcher von euch war derjenige, der uns auf der Vogelinsel gestört hat?«
    »Tut mir leid, das war ich«, sagte Cyril ohne eine Spur von Be dauern in Mimik oder Tonfall.
    Alter Groll stieg in mir auf. »Warum hast du eigentlich nie ver sucht, ihn zu töten?«
    Cyril zögerte mit seiner Antwort.
    »Willst du das wirklich wissen?«, fragte er.
    Allerdings, das wollte ich. Denn unabhängig davon, was Cyril für mich empfand, wäre dies aus Sicht der Hainixe sicher die sau berste Lösung gewesen. Gordian war ein Feind, der an Land ging und weitere Feinde mit sich zog, ein Feind zudem, der von seinen eigenen Freunden verstoßen worden war. – Die Haie hätten also nicht einmal befürchten müssen, dadurch einen Konflikt heraufzubeschwören.
    »Mein Vater hat es verboten«, sagte Cyril. »Und zwar lange, be vor Gordian mich vom Meeresgrund gefischt hat.«
    Ich blähte die Wangen. Einerseits verwunderte mich das nicht wirklich, schließlich war Javen Spinx immer für eine Überra schung gut, andererseits hätte ich in diesem Punkt eher auf Jane getippt.
    »Und daran hältst du dich …?«
    »Selbstverständlich. Allerdings gilt das längst nicht für alle. Für Tyler würde ich diesbezüglich nicht einmal den kleinen Finger ins Feuer legen.«
    »Tyler wird ihm nichts anhaben können«, sagte ich zutiefst überzeugt. »Gordy wurde ebenfalls vom Meer bestimmt. Es wird auch ihn mit besonderen Fähigkeiten ausstatten.«
    »Gordian ist ein Delfinnix«, gab Cyril zu bedenken. »Er kann keine neuen Talente erwerben, sondern muss mit denen vorlieb nehmen, die er mit auf die Welt gebracht hat.«
    Ich schüttelte den Kopf, denn in diesem Fall galten andere Re geln. Allerdings hielt ich es nach wie vor für klüger, ihn nichts von meiner Begegnung mit dem uralten Walnix wissen zu lassen.
    Cyril kniff seine Augen ein wenig zusammen und musterte mich abschätzend, schien jedoch keinen meiner Gedanken lesen zu können.
    »Wie auch immer«, meinte er nach einer Weile. »Tyler hält den Plonx für besiegbar. Er hat sich längst auf die Suche nach ihm gemacht, und ich gehe sogar davon aus, dass er sich Verbündete sucht. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass er weitere Delfin nixe angreift.«
    Ich nickte beklommen.
    »Unter denen gibt es auch ein paar, die den offenen Konflikt mit euch suchen. Ich denke, sie werden sich Kyan anschließen.«
    »Um was zu tun?«, fragte Cyril. »Uns Haie bekämpfen? Men schenmädchen töten?«
    Ich presste die Lippen aufeinander. »Beides, fürchte ich. Leider kann ich nicht in Kyans Kopf hineinschau…« Ich geriet ins Sto cken, denn genau das war mir ja möglich gewesen. Als Kyan Ai mee angriff, hatte ich nicht nur jeden seiner dreckigen Gedanken gehört, sondern auch ganz reale Bilder gesehen – und zwar so, als schaute ich durch seine Augen.
    Auf Cyrils Stirn bildete sich eine Steilfalte. »Was ist?«
    »Ähm … na ja, Gordy zufolge ist Kyan ziemlich feige«, antworte te ich nach anfänglichem Zögern.
    »Du meinst, er wird uns erst angreifen, wenn er sich sicher wähnt, in der Überzahl zu sein?«
    »Genau«, murmelte ich und ließ meinen Blick zum Fenster wandern. »Ich schätze, die Mädchen reizen ihn vorerst mehr.«
    Ein Windstoß stob durch den offenen Spalt und brachte die Blätter der Birkenfeige zum Rascheln. Das Meer war unruhiger geworden und der Himmel noch immer von Wolken verhangen. Schnell trieben sie von Südwesten über uns hinweg.
    Auf Tante Gracies Küchenkalender hatte ich gesehen, dass heute Freitag war. Freitag, der 25. Mai. Ich war also mindestens einen Tag länger im Meer gewesen, als ich

Weitere Kostenlose Bücher