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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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abgesehen, und unter diesen Umständen ist es doch durchaus denkbar, dass es auch Menschen in Ihrem Umfeld trifft. Ist Ihre Familie in irgendeiner Weise bedroht worden?«
    Christian konnte nur noch den Kopf schütteln. In seinem Innern tauchten Bilder auf, die er rasch beiseiteschob. Sie durften nicht die Oberhand gewinnen.
    Der Journalist nahm seine offensichtlich widerwillige Reaktion auf die Fragen nicht zur Kenntnis. Möglicherweise ignorierte er sie bewusst.
    Â»Soweit ich weiß, haben Sie die Drohungen bereits vor dem vielbeachteten Erscheinen Ihres Debütromans erhalten. Das deutet ja darauf hin, dass es sich um eine persönliche Angelegenheit handelt. Haben Sie dazu etwas zu sagen?«
    Wieder ein nachdrückliches Kopfschütteln. Christian presste die Kiefer so fest zusammen, dass sich sein Gesicht wie eine steife Maske anfühlte. Er wollte weglaufen und sich den Fragen entziehen, wollte nicht mehr an sie denken, nicht mehr daran, dass sie ihn nach so vielen Jahren doch eingeholt hatte. Er durfte sie nicht wieder an sich heranlassen. Gleichzeitig wusste er, dass es bereits zu spät war. Sie war hier, er konnte nicht mehr weglaufen, vielleicht hatte er es nie gekonnt.
    Â»Sie haben also keine Ahnung, wer hinter den Drohbriefen steckt und ob es eine Verbindung zum Mord an Magnus Kjellner gibt?«
    Â»Hatten Sie nicht gesagt, es gebe lediglich Hinweise darauf, dass er ermordet worden ist? Bewiesen ist es noch nicht«, erwiderte Christian verbissen.
    Â»Das stimmt, aber die Vermutung liegt nahe«, erwiderte der Journalist. »Sie müssen doch zugeben, dass es in dem kleinen Fjällbacka ein merkwürdiges Zusammentreffen ist, wenn ein Mann bedroht wird und ein Freund von ihm einem Mord zum Opfer fällt. Das wirft eine Reihe von Fragen auf.«
    Christian spürte, wie er wütend wurde. Woher nahmen die Leute das Recht, sich in sein Leben einzumischen, ihn mit Fragen zu bombardieren und etwas von ihm zu verlangen, das er nicht geben konnte?
    Â»Ich habe nichts mehr dazu zu sagen.«
    Â»Ihnen ist doch klar, dass wir mit oder ohne Ihre Hilfe über diese Sache schreiben werden. Es könnte in Ihrem eigenen Interesse liegen, Ihre Sicht der Dinge zu äußern.«
    Da stand Christian auf. Er verließ die Bibliothek, ging auf die Toilette und schloss die Tür ab. Als er sich im Spiegel sah, schreckte er zurück. Jemand anderes schien ihn anzustarren. Er erkannte sich selbst nicht wieder.
    Er schloss die Augen und hielt sich am Waschbecken fest. Seine Atemzüge waren kurz und flach. Er versuchte, mit reiner Willenskraft seinen Puls zu senken und die Kontrolle über sich zurückzugewinnen, aber sein Leben entglitt ihm allmählich. Er wusste es. Schon einmal hatte sie ihm alles genommen, und nun war sie hier, um es wieder zu tun.
    Hinter seinen geschlossenen Lidern tanzten die Bilder. Auch die Stimmen nahm er wahr. Die von ihr und die von ihnen. Ohne sich dagegen wehren zu können, bog er den Kopf nach hinten. Dann schleuderte er ihn mit voller Wucht nach vorn. Er hörte, wie der Spiegel zersplitterte, und fühlte einen Blutstropfen auf der Stirn. Aber es tat nicht weh. Denn in den Sekunden, die das Glas brauchte, um seine Haut zu durchdringen, verstummten die Stimmen, und endlich kehrte Ruhe ein. Es war ein Segen.
    Kurz nach zwölf Uhr mittags war sie angenehm betrunken. Sie hatte genau den richtigen Pegel. War entspannt und leicht betäubt, hatte aber noch nicht den Kontakt zur Wirklichkeit verloren.
    Louise schenkte sich noch etwas ein. Das Haus war leer. Die Mädchen waren in der Schule, Erik im Büro. Oder irgendwo anders, vielleicht bei dieser Nutte.
    In den vergangenen Tagen hatte er sich seltsam verhalten. War stiller und zurückhaltender gewesen. Hoffnung hatte sich in ihre Angst gemischt. So war es immer, wenn sie befürchtete, dass Erik sie verlassen würde. In ihrer Brust schlugen zwei Herzen. Das eine betrachtete es als Befreiung, das Gefängnis ihrer Ehe verlassen und endlich ohne Lügen und Betrug leben zu dürfen. Das andere war allein von der Vorstellung, verlassen zu werden, mit Entsetzen erfüllt. Natürlich würde sie einen Teil von Eriks Geld bekommen, aber was sollte sie ganz allein damit anfangen?
    Viel Zweisamkeit hatte ihr jetziges Leben nicht zu bieten. Aber es war besser als nichts. Nachts lag ein warmer Körper neben ihr, und beim Frühstück saß ihr jemand gegenüber und las die Zeitung.

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