Meg Finn und die Liste der vier Wünsche
etwas zu entgegnen, und schloss ihn dann wieder. Dieser schleimige Idiot hatte Recht. Sie gehörte vielleicht hierher, aber Lowrie ganz sicher nicht. Schließlich packte man den Premierminister und andere grauhaarige Typen nicht in Armeehosen und Bomberjacken. Die älteren Leute hatten ihre eigene Mode aus der Zeit, bevor es Videospiele gab. Sah traurig aus, aber sie waren glücklich damit.
Meg bedachte Nasenring mit einem vernichtenden Blick. »Ich hatte eigentlich beabsichtigt, ein Geschenk für meine … Urenkelin zu erstehen, aber nun werde ich mich mit meiner dicken Brieftasche woanders hinbegeben.«
Daraufhin stapfte sie hinaus, begeistert von der gedrechselten Sprache, die sie benutzt hatte, und vom dummen Gesicht des Verkäufers. Drei Türen weiter war ein Laden, der sich Townsend’s & Sons nannte. Die Schaufenster waren voll gestopft mit unmodischem Zeug. Krawatten und so. Einer der Plastikdummies hatte sogar einen Zylinder auf. O ja, das war genau das Richtige für Mister Steinalt McCall.
Zögernd trat sie ein, in Gedanken noch immer das junge Mädchen, das in ihrem kurzen Leben bereits aus einem Dutzend ähnlicher Geschäfte hinausgeworfen worden war. Ein paar arrogant aussehende Typen liefen mit Maßbändern um den Hals herum. Keiner von ihnen schien ihr jung genug, ein Sohn von Townsend’s & Sons zu sein.
Einer kam zu ihr herübergeschlendert. Aus seiner Hemdtasche lugten Kreidestücke hervor, und er hatte einen hängenden Schnurrbart wie der Kerl aus den Bugs Bunny- Comics.
»Sir?«, sagte er herablassend, als wäre die Frage »Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« zu anstrengend.
Meg kniff die Augen zusammen. Wie sollte sie das hier nur durchstehen? Sei ganz locker, sagte sie sich. Als ob du jeden Tag hierher kämst. »Hallo … äh … junger Mann. Natalie hat mir gerade den Kopf gemacht, und jetzt brauche ich was Anständiges zum Anziehen. Einen Anzug oder so. Aber nichts mit Zylinder, sonst bringt er mich um. Vielmehr würde er es, wenn’s nicht schon zu spät wäre.« Meg kicherte nervös.
»Einen Anzug, Sir? Eine bestimmte Marke?«
»Nein, Hauptsache teuer. Sie können das Ganze über meine VisaCard abrechnen.«
Auf einmal begegnete sie überall strahlendem Lächeln. Maßbänder wurden wie die Peitsche von Indiana Jones durch die Luft geschnalzt und Lowrie unter die Achseln gerammt.
»Möchte der Herr einen Maßgeschneiderten oder Konfektionsware?«
»Ähm … ich weiß nicht, geben Sie mir einfach etwas, das schon fertig ist.«
»Sehr wohl, Sir. Stehen Sie bitte einen Moment still. Zwei- oder dreiteilig?«
»Keine Ahnung. Jedenfalls ohne Weste.«
»Natürlich.«
»Und ein Paar von diesen braunen Schuhen mit den Bommeln.«
»Fransen.«
»Genau.«
»Welche Größe?«
Schwierige Frage. Jetzt musste sie improvisieren. »Meine Schuhgröße? Oje, die vergesse ich ständig. Das Gedächtnis lässt allmählich nach. Sie wissen ja, in meinem Alter …«
»Hauptsache, der Herr erinnert sich beim Unterschreiben noch an seinen Namen.«
»Wie bitte?«
»Ach, nichts. Nur ein kleiner Scherz.«
Meg kam sich vor, als würde sie von einem Wirbelwind eingekleidet. Townsend und Söhne flitzten um sie herum und riefen unverständliche Zahlen und Ausdrücke.
Nach mehreren endlosen Minuten des Zupfens und Richtens hielten die Schneider in ihrer fieberhaften Aktivität inne.
» Et voilà! « Townsend senior bewunderte seine Schöpfung. Meg riskierte einen Blick in den Spiegel. Nicht übel, nahm sie an. Lowries verschlissene Garderobe war von einem dunkelblauen Sakko und einer grauen Hose abgelöst worden. Die Aufschläge fielen perfekt auf ein Paar dunkelbrauner Schnürschuhe mit Fransen. Das Hemd war hellblau und makellos gebügelt, und das Ganze wurde gekrönt von einer dunkelroten Krawatte.
»Nun, Sir?«
Die Townsends umlungerten ihren Kunden und warteten so gierig auf ein Kompliment wie Geier in der Wüste auf den Zusammenbruch eines Verdurstenden.
»Ähm … Es ist … äh …«
»Ja?«
Na los, was würde James Bond in so einer Situation sagen? »Volltreffer, meine Herren. Job erledigt.«
Das schien die Lage zu entspannen, denn die Townsends fingen an zu kichern. Papa Townsend segelte mit einem kleinen Silbertablett herbei. Jetzt kam der unangenehme Teil. Achthundertvierzig Pfund! Wenn der arme alte Lowrie wüsste, was da vor sich ging, würde ihn der Schlag treffen.
Meg legte die VisaCard auf das Tablett und hoffte, dass es die Aura nicht verfärbte, wenn man mit Schulden starb.
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