Meg Finn und die Liste der vier Wünsche
schniefte theatralisch. »Mein armer alter Opa.«
»Da standen wir nun und warteten darauf, dass die Pumpe des armen Kerls den Geist aufgab.« Wenn man eine Lüge erzählt, sollte man möglichst nahe bei der Wahrheit bleiben. Lowrie warf einen verstohlenen Blick auf Murt, um zu sehen, ob sein Lügendetektor bereits ansprang. Doch der Wachmann schien vollkommen in die Geschichte versunken zu sein.
»Nun, der alte Herr war ein netter Kerl, aber zu nichts nutze. Sein Leben war an ihm vorbeigegangen, und er hatte nichts dagegen getan. Als er da so lag, hatte er wohl das Gefühl, kein gutes Vorbild für seine Enkelin zu sein. Also hat er mir ein Versprechen abgenommen.«
»Was für ein Versprechen?«, fragte Meg, unwillkürlich. »Äh, ich meine, ja, da hat er dem alten Lowrie das Versprechen abgenommen. Die beiden waren nämlich …«
Lowrie hielt die Luft an. Megs Hirngespinste würden bestimmt nicht so zahm sein wie seine eigenen.
»Die beiden waren nämlich während des Kriegs in derselben Kommandoeinheit.«
Murt zog die eine Augenbraue hoch. »Das erklärt zumindest, wie so ein alter Kerl wie Sie über den Schutzzaun gekommen ist.« Die Augenbraue kehrte in ihre normale Position zurück. »Und, was war das für ein Versprechen?«
Lowrie kratzte sich am Kinn, wo früher die Stoppeln gewesen waren. »Das Versprechen … ja … Also, das war so, dass ich, sein bester Freund –«
»Und leitender Offizier der Wilden Terrier«, warf Meg dazwischen, die sich mittlerweile königlich amüsierte.
»Ja«, zischte Lowrie mit zusammengebissenen Zähnen. »Und leitender Offizier der Wilden …«
»Terrier.«
»Terrier. Danke, Meg. Jedenfalls musste ich ihm versprechen, dass ich all die Dinge tun würde, die er zu seinem Bedauern nicht getan hatte.«
Murt stieß einen Pfiff aus. »Und eine Sache davon war, Cicely Ward zu küssen.«
»Genau.«
»Und jetzt wollen Sie in Croke Park eine Runde kicken.«
»Wenn das möglich ist.«
Murt kaute erneut auf seinem Schnurrbart herum. Schwierige Entscheidung. Eigentlich war der Fall klar. Der Alte war eingebrochen. Theoretisch müsste er ihn jetzt der Polizei übergeben. Aber … »Wo habt ihr denn euren Ball?«
Meg und Lowrie grinsten betreten. »Vergessen.«
»Und so was war leitender Offizier«, schnaubte Murt. »Allmächtiger, ich muss wirklich bescheuert sein. Wartet mal ’ne Sekunde.« Murt drehte sich um und trabte zum Wächterhäuschen. Funkgerät und Taschenlampe schlugen ihm gegen das Bein.
Meg platzte fast vor Lachen und kicherte erleichtert, als er außer Hörweite war. »Unglaublich, der Kerl kauft uns das tatsächlich ab!«
»Aber bestimmt nicht deinetwegen. Die Wilden Terrier!«
»Ich wollte das Ganze bloß ein bisschen lebensnaher machen.«
»Na, besten Dank.«
»Gern geschehen.«
Vor ihnen erstreckte sich das Spielfeld. Eine leere Chipstüte wirbelte über die Fläche wie ein knisternder Eiskunstläufer.
»Irgendwie unheimlich, nicht?«, flüsterte Meg.
»Da kennst du dich besser aus als ich.«
»Nein, im Ernst. Ich meine, dass er mich sehen kann. Warum wohl? Was ist so besonders an ihm?«
Lowrie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht hast du ihm auch was angetan, als du noch lebtest.«
»Ich kenne den Kerl doch gar nicht.«
»Hast du nie anonyme Anrufe gemacht oder so?«
»Nicht nach Dublin. Wovon hätte ich das denn bezahlen sollen?«
»Nun, darüber können wir später noch nachdenken. Jetzt sieh lieber zu, dass du in mich reinkommst, bevor Murt wieder auftaucht.«
»Ich dachte, Sie wollten das alleine durchziehen?«
Lowrie stieß ein spöttisches Lachen aus. »Würde ich ja gerne, aber seit der Köter von zwei Einbrechern mir das halbe Bein weggefressen hat, ist mein Talent als Kicker vor die Hunde gegangen, wenn du den Scherz verzeihst.«
»Oh, das musste jetzt unbedingt sein, was?«, grummelte Meg, während sie in Lowries Haut schlüpfte. »Ist ja auch schon ewig her, seit Sie das letzte Mal davon angefangen haben.«
Murt kam mit hüpfendem Bauch zurückgetrabt. »Hier«, japste er und warf Lowrie einen ledernen Fußball zu. Die Person, die er für Lowrie hielt, fing ihn geschickt auf und ließ ihn auf einem Finger tanzen. Meg war vor ihrem Tod erstklassig im Basketball gewesen.
»He, Murt, ein kleiner Tipp«, sagte sie. »Sie sollten sich in Form bringen. Der Rettungsring, den Sie da mit sich rumtragen, wird Sie noch vor Ihrer Zeit in den Tunnel schicken.«
Murt wies mit dem Daumen rücklings zum Spielertunnel. »Da komme
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