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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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ihnen. Es ist aber auch etwas Kostbares; sogar Donald hat mir etwas geschenkt. Seine Grausamkeit hat mich gelehrt, mich selbst wertzuschätzen.
    Das Beste ist, einen Menschen zu finden, der niemals fortgeht und der einem erlaubt, in seiner Ganzheit man selbst zu sein, aber das ist unmöglich. Jeder muss irgendwann sterben. Ich hoffte, diese Reise, dieses Verstreuen meiner drei Ehemänner an fernen Orten, würde mich von den Trabanten befreien, die mich umkreisen.
    Würde mir erlauben, inmitten des ganzen planetarischen Abfalls mich selbst zu finden. Bisher hat das nicht geklappt.
    Ich hoffe, Sie und Angela werden miteinander eine Ganzheit werden.

    Alles Liebe, Constance

    Trevor befestigte das neue Foto am Kühlschrank: Constance, die hinter einer Schlamm-Maske hervorschaute. Löcher in der Seele. Das erklärte vielleicht das unangenehme Gefühl, das ihn in den letzten Wochen plagte. Ein Loch in Form von Angela. Das erschreckte ihn. Er hatte sich eingebildet, alles im Griff zu haben, wenn es um Frauen ging. Lass dich auf nichts ein. Gefahr. Halt Abstand. Doch hatte sie ihn auf seine Anrufe hin nicht zurückgerufen. Keine Mittagessen in Bistros in der Innenstadt. Kein Sex. Er stellte sich vor, wie der Wind durch die formschöne, wie mit einer Plätzchenform ausgestochene Lücke in seiner Seele wehte. Hatte er Löcher für seine Mutter und für seinen Vater und noch ein weiteres für Brent? Ein veritabler Schweizer Käse aus fehlenden Menschen.
    Er streckte sich auf dem Sofa aus, das Telefon auf dem Schoß. Vielleicht war sie nicht zu Hause. Reden wollte sie sowieso nicht mit ihm. Warum sollte sie das auch wollen? Sie hatte es klar gesagt — sie hatten es beide klar gesagt — , ihre Beziehung war eine rein körperliche. Keiner von ihnen wollte sich tiefer auf den anderen einlassen. Er war über das Ziel hinausgeschossen.
    Langsam hob er den Hörer von der Gabel.
    Er würde ihr sagen, dass er in einem Anflug von Wahnsinn einen Fehler gemacht, dass er sich in Afrika einen Parasiten eingefangen hatte, von dem sein Gehirn in Mitleidenschaft gezogen worden war. Er würde sich benehmen, schwor er sich und wählte ihre Nummer.
    »Hallo? Angela? Hier spricht Trevor.«
    » Trevor.« Ihre Stimme klang vorsichtig. »Hi.«
    »Ich überlege gerade. Wie wäre es diesen Samstag mit Frühstück?«
    Frühstück war schlicht, unverbindlich.
    »Dieses Wochenende? Ich... ich kann nicht.«
    Die Zurückweisung war geschickt und grausam. Auf ewig ein Loch in der Form von Angela in seinem Solarplexus.
    »Wie wäre es dann unter der Woche?«
    Stille.
    »Es tut mir leid. Mein Bruder ist krank. Ich bin jedes Wochenende zu Hause auf der Farm, um auszuhelfen. Dadurch hinke ich bei meiner Arbeit hinterher. Ich kann nicht.«
    »Oh.«
    Er wartete auf den Vorschlag, er solle in einer Woche noch einmal anrufen. Auf das Angebot, dass sie ihn zurückrufen würde, wenn sie Zeit habe. Beides kam nicht.
    »Na ja, ruf mich an, wenn du Zeit hast«, sagte er mit kraftloser Stimme.
    »Klar. Ist das alles?«
    »Ja, das ist alles.«
    »Okay.«
    »Bye.«
    Er legte den Telefonhörer auf. Sie hatte ihn vollständig ausgesperrt.

    Trevor ackerte sich seinen Weg durch die Pfützen auf dem schlammigen Pfad durch den Fish Creek Park. Normalerweise wäre er über die Pfützen hinweggesprungen, aber heute erlaubte er dem schwarzen Wasser, an den Hinterseiten seiner Oberschenkel hochzuspritzen. Kurz bevor er die Fünfunddreißig-Minuten-Marke seines Laufs erreichte, wurden die Endorphine ausgeschüttet und durchfluteten seinen Körper wie ein Rausch. Er ging joggen, um diesen Rausch, dieses Gefühl von Euphorie, und den flachen, festen, tollen Körper zu bekommen. Den Rausch durch übermäßigen Alkoholgenuss empfand er lediglich als wenig reizvolle, torkelnde Vergesslichkeit. Brent wollte ihn in der High School dazu überreden, Marihuana zu probieren, doch er hatte widerstanden. Er zog seine natürlichen High-Zustände vor. Wenn er aufhörte zu rennen, gingen sie wieder weg. Davon machte man sich weder die Leber kaputt noch löschte man seine Erinnerungen aus. Das Laufen gab dem Leben einen positiven Impuls. Heute brauchte er das, heute musste er rennen, um seinen Kopf freizubekommen, seine Laune zu heben. Es war nicht wegen Angela. Er hatte die Regeln geändert, ohne ihre Zustimmung. Er konnte ihre Reaktion nachvollziehen, aber da war mehr. Ein rastloses Tier pirschte durch seinen Körper; ein lauernder Tiger, ein Löwe, und er schlich sich an ihn heran, wenn er nicht

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