Mehr als ein Sommer
Gesäßtasche seiner Jeans, warf dann eine Münze ein und drückte ein paar Knöpfe. Statt der Westernklänge sangen die Rolling Stones jetzt Honky Tonk Women. »Das ist besser. Wir leben zwar in der Pampa, sind aber keine Hinterwäldler«, meinte er, als er sich hinsetzte und ein weiteres Glas Bier auf ex trank. »Wenn wir erst mal mit dieser verdammten Ernte fertig sind, können wir uns auf die eigentliche Arbeit konzentrieren.«
»Die eigentliche Arbeit?«
»Ja! Die Eishockey-Saison fängt an.«
Während ihrer Eishockey-Fachsimpelei kamen sie vom Bier zum harten Schnaps: Roggenwhisky und Cola für Bjorne, Scotch für Trevor. Trevor hörte auf, sich zu fragen, warum Bjorne ihn ins Swede Lake Hotel eingeladen hatte, und versank in der heiteren, geselligen Stimmung des Abends. Bjorne erinnerte ihn an Brent. Unbekümmert und wagemutig packte er die Welt beim Schopf, selbst wenn der Schopf brannte wie die Zündschnur an einer Stange Dynamit. Bjorne vermied es, in irgendeiner Weise über seinen Herzinfarkt und die geplante Operation zu sprechen. Sein gebräuntes Gesicht strahlte nur so vor Gesundheit. Trevor sah keinerlei Anzeichen dafür, dass der Mann krank war — Tatsache war, dass er sich neben Bjorne Stef-fansson wie ein Invalide fühlte.
Um zehn waren die meisten Tische besetzt, der Raum verqualmt vom Zigarettenrauch.
»Ruhiger Abend«, brüllte Bjorne gegen den Lärm an.
»Ruhig?«, brüllte Trevor zurück.
»Samstagabends kannst du dich hier drin meist nicht mehr drehen. Im Moment sind sie alle bei der Ernte.« Die Männer wurden bald müde, einander anbrüllen zu müssen um sich unterhalten zu können, und so reduzierte sich ihre Kommunikation irgendwann darauf, Getränkebestellungen aufzugeben. Leute kamen an den Tisch, um Bjorne zu begrüßen. Sie klopften ihm auf den Rücken oder schüttelten seine Hand, während sie über das Wetter sprachen oder fragten, wie es mit der Ernte voranging. Bjorne stellte Trevor jedem einzelnen als einen Freund vor. Um Mitternacht schlug Bjorne Trevor auf die Schulter und machte mit dem Kopf eine Bewegung Richtung Tür. »Wir müssen morgen wieder früh arbeiten.«
Draußen füllte ein orangefarbener Ball den Himmel im Osten.
»Verdammt. Erntemond«, sagte Bjorne mit schleppender Zunge. »Großes Glück steht uns ins Haus.«
Trevor torkelte hinter Bjorne her, erstaunt darüber, dass der Mann lief, als habe er die ganze Nacht Sprudelwasser getrunken. Die Musik aus der Bar folgte ihnen die Straße hinunter. Bjorne öffnete den Gürtel seiner Hose, zog den Reißverschluss herunter und pinkelte an den Straßenrand. Trevor machte es ihm nach; die beiden Ströme heißer Flüssigkeit versickerten fauchend im Gras. Trevor schwankte wie eine Weizenähre im Wind.
»Du bist ein klasse Typ, Trevor«, meinte Bjorne. »Ich weiß gar nicht, worauf du noch wartest. Frag sie.«
»Frah sie?«, lallte Trevor. »Wen soll ich frahen?«
»Angie! Frag sie, ob sie dich heiraten will. Sie wartet nur darauf.«
»Echt?« In Trevors Kopf drehte sich alles. Er hatte sich noch nicht einmal daran gewöhnt, dass sie offiziell seine Freundin war. An eine Ehe hatte er noch nie gedacht. Zumindest nicht bis zu diesem Abend.
»Klar, das weiß ich sicher. Sie ist schließlich meine kleine Schwester, richtig?«
Bjorne schüttelte ab, zog den Reißverschluss wieder hoch und eilte die Straße hinunter, nicht zum Truck, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Trevor packte seinerseits alles wieder ein und hopste, an seinem Hosenstall herumfummelnd, Bjorne hinterher.
»Der Truck steht aber da runter.« Als Trevor sich umdrehte, um hinter sie auf das Hotel zu zeigen, stolperte er über seine eigenen Füße und legte sich lang in den Staub.
Bjorne hob Trevor aus dem Dreck. »Kannst du keinen Schnaps vertragen? Ich dachte, du bist ein Farmerskind.« Er griff von hinten nach Trevors Schultern und schob ihn die Straße hinunter, über den Schulhof und auf einen ovalen Eislaufring zu, der von einer taillenhohen Wand verrotteter Holzplanken umzäunt war.
»Du hast gesagt, du hast mal in der Abwehr gespielt«, meinte Bjorne. »Ich will sehen, wie gut du bist.«
»Kein Eis«, brachte Trevor hervor und schwankte leicht, als Bjorne ihn losließ. »Keine Schlittschuhe.«
»Kein Problem.« Bjorne hob einen Stein vom Boden und verschwand dann hinter einer klapprigen Hütte neben dem Ring. Er kehrte zurück mit zwei ramponierten Hockeyschlägern in der Hand; an dem einen war das Blatt abgesplittert, bei dem
Weitere Kostenlose Bücher