Mehr als ein Sommer
anderen hatte sich das schwarze Klebeband vom Griff gelöst, und auf beiden stand auf dem Schaft in verblassten, aber immer noch erkennbaren roten Buchstaben CCM geschrieben. »Die reichen.« Er hielt sie Trevor hin. »Links oder rechts?«
»Wie?«, fragte Trevor, und endlich schwante seinem vom Suff verwirrten Hirn, was Bjorne vorhatte.
»Spielst du mit links oder mit rechts?«, fragte Bjorne abermals und schlug die beiden Blätter gegeneinander, dass es krachte.
»Rechts, glaube ich.« Hatte er behauptet, dass er in der Abwehr gespielt hatte? Wenn er es getan hatte, war das eine weitere Schwindelei gewesen. Den Großteil seiner Eishockeyerfahrung — abgesehen von gelegentlichen Spielchen daheim in Regina mit Brent und seinen Freunden auf der Straße und auf dem Teich des Parks — hatte er nach Platzverweisen auf der Bank gesammelt, die Hände wegen der klirrenden Kälte trotz Handschuhen in den Hosentaschen vergraben, um seinem Bruder nach dessen jüngstem Duell mit der gegnerischen Mannschaft Gesellschaft zu leisten. Nicht, dass er nicht hätte spielen wollen, aber Onkel Pat hatte gesagt, dass es reiche, einen Streithahn mit gebrochener Nase im Haus zu haben. Als treuer Fan kannte er jedoch die Regeln des Spiels, und als Bjorne ihm den Schläger in die Hände drückte und sich über den Zaun schwang, fühlte er ein Hochgefühl in sich aufsteigen. Er hievte sich über die Planken, blieb aber auf halber Strecke in Grätschlage hängen. Dort wippte er einen Moment gefährlich hin und her, bis er sich schließlich nach innen auf den Beton rollen ließ.
»Bist du besoffen oder was?«, brüllte Bjorne ihm von der Mitte der Spielfläche zu, wo er hockte, bereit, den Stein auf die verblasste Mittellinie fallen zu lassen. »Ich zieh dir das Fell ab wie einem Kaninchen.«
Trevor taumelte zu ihm hinüber und stellte sich gegenüber von Bjorne hin, der hinter Trevor zeigte, wo die Umrisse der Torlinie ebenso blass zu erkennen waren wie die Mittellinie. »Alles hinter der Linie ist ein Tor.« Trevor beugte sich vor, stützte sich dabei auf seinen Schläger und machte damit die Stellung nach, die Brent immer eingenommen hatte, und an die er sich jetzt erinnerte, weil er ihn jahrelang dabei beobachtet hatte. Wie Bjorne war auch Brent Mittelstürmer gewesen.
Die beiden Männer starrten einander so lange an, dass es sich anfühlte wie eine Ewigkeit. Trevor schüttelte den Kopf, damit Bjornes Gesicht aufhörte, sich zu bewegen, denn es wackelte und verdreifachte sich, wenn er zu lange hinstierte. Er hob das Blatt seines Schlägers, um es gegen das von Bjorne zu legen. Bjorne tippte mit seinem Schläger einmal gegen Trevors und ließ dann den missgestalteten Ersatzpuck zu Boden fallen. Bevor Trevor sich überhaupt rühren konnte, schnappte Bjorne sich den Stein und rannte das Spielfeld hinunter, den Puck mit der Vorderseite seines Schlägers vor- und zurückschlagend.
»Steffansson spielt sich frei, läuft über das Eis, schießt, Tor!«
Der Stein ging klatschend über die Torlinie und prallte mit einem knallenden Geräusch von der Rückwand ab. Bjorne paradierte über das gesamte Spielfeld und hielt dabei seinen Schläger hoch über den Kopf.
Trevor schwankte in der Mitte des Rings vor sich hin, wie betäubt. »Hey, nicht fair!«, rief er.
Bjorne schlurfte an ihm vorüber und tätschelte mit dem Blatt seines Schlägers Trevors Schenkel. »Du hast recht. Du spielst Abwehr.«
Eine halbe Stunde rannte Bjorne im Kreis um Trevor herum und schoss ein Tor nach dem anderen. Endlich war Trevor ausgenüchtert genug, um Bjorne den Puck auch einmal vom Schläger zu nehmen. Er rannte auf das entgegengesetzte Ende des Spielfelds zu. Bjorne folgte ihm auf den Fersen und schlug seinen Schläger auf den Beton.
»Wenn du nicht mein zukünftiger Schwager wärst, würde ich dir jetzt so richtig den Arsch versohlen.«
Trevor machte sich bereit, um einen Schlagschuss auf das Tor zu wagen, doch bevor er mit seinem Schläger auch nur einen halben Bogen zum Ausholen beschrieben hatte, reichte Bjorne zwischen Trevors Beine, holte sich den Stein rückwärts mit dem Blatt heraus und rannte los.
»Tor!«, brüllte er von der anderen Seite des Spielfelds.
Trevor warf seinen Schläger auf den Boden. Der Holzgriff brach in der Mitte entzwei. Er hob die Teile auf und jagte Bjorne nach, schwenkte dabei die zerbrochenen Hälften in der Luft. »Ich werde dich umbringen, Steffansson.«
»Hoher Stock!«, brüllte Bjorne.
Trevor stürzte sich auf den
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