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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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seiner Erinnerung blitzte ein Bild auf: Bjornes regungsloser Körper auf dem Beton des Eishockeyrings. Ich werde dich umbringen, Steffansson. Trevors Beine begannen zu zittern. Er wollte wie ein Häufchen Elend auf der Türschwelle zusammenbrechen, aber er konnte nicht. Er musste Angela halten.

    13. September 1985
    Sooke, B. C.
    Lieber Trevor,
    ich bin letzte Woche wieder zu Hause angekommen. Nachdem ich Donald zum ewigen Dahinbrutzeln gebettet hatte , suchte ich in Mittelamerika und Mexiko nach einem geeigneten Ort für Martin. Eines Tages, an den Mayastätten von Chichen Itza, wusste ich es dann plötzlich. Martin gehörte nach Hause, er musste bei mir bleiben. Wir flogen zurück nach Victoria. Gemeinsam sind wir um die ganze Welt gereist, er und ich, genau, wie wir es uns immer erträumt hatten.
    Ich hatte niemals Gelegenheit, Ihnen alles über Martin zu erzählen. Wir sind einander in einer Buchhandlung begegnet.
    Er kam jeden Dienstag herein, um sich die Neuerscheinungen anzusehen. Er kaufte bei mir seine Gesammelten Werke von William Shakespeare. Bücher waren unser Thema an diesen Dienstagen, und nach ein paar Monaten wurde daraus ein regelmäßiges Mittagessen miteinander. Zu Anfang waren wir Freunde, dann wurden wir Geliebte.
    Ich muss ein Geständnis machen. Martin und ich haben niemals geheiratet. Wir haben die ganzen Jahre auf dem Salal Cottage in Sünde miteinander gelebt. Wir sahen nie einen Grund dafür zu heiraten. Wir liebten einander, und allein das zählte. Ich habe meine Kinder dahingehend allerdings belogen; die Wahrheit hätte sie schockiert.
    Martin speiste meine Seele. Wir konnten über alles reden. Er lehrte mich, wie die Pflanzen und die Tiere heißen, die in dem Waldstück auf unserem Land beheimatet sind: die rosafarbenen Zahnlilien, die im Frühling am Ufer des Baches wachsen, die winzigen Sägekäuze, die Bananenschnecken. Abends hat er mir immer Gedichte vorgelesen. Hat wunderbare Essen für mich gekocht und mir die Füße massiert, wenn ich wieder mal Last mit meiner Arthritis hatte. Er fuhr mit mir in unserem Ruderboot in die Bucht hinaus und erzählte mir Indianerlegenden über das Meer. Wir liefen barfuß an Stränden entlang und planschten in Gezeitentümpeln wie die Kinder.
    Einmal hat Martin mir erzählt, dass die Indianer, die an der Küste lebten, ihre Toten in Kanus in die Bäume legten oder in Höhlen am Strand. Ich habe seine Asche in den Bach gestreut, der hinter dem Salal Cottage entlangfließt, wo die Lachse laichen und im November sterben. Unter den Douglasien und den Frauenhaarfarnen. Er strömte hinaus ins Meer, doch kann ich ihn hier an meiner Seite spüren. Er lehrte mich zu lieben.
    Ich hoffe, dass Sie mal herkommen und mich besuchen, Trevor.
    Ich schreibe Ihnen unten auf die Seite meine Telefonnummer. Die nächste Zeit werde ich erst mal nicht mehr reisen. Ich war viel zu lange fort, und ich bin müde.

    Grüßen Sie Angela von mir,
    alles Liebe, Constance
    250-633-4187

    Das junge Kojotenweibchen lag zusammengerollt hinter einem Salbeibusch, als würde es schlafen, doch als das Männchen schnüffelte und es mit der Nase anstupste, rollte sein Körper, obwohl er warm war, leblos auf die Seite. Der ausgewachsene Kojote kratzte mit der Pfote am Nacken des Weibchens, aber das Jungtier rührte sich nicht. Es war nicht mit den anderen zum Bau zurückgekehrt nach seinem ersten unabhängigen Streifzug durch die Welt, um dort Mäuse zu jagen, und das Männchen hatte sich auf den Weg gemacht, es zu suchen. Eine einfache Aufgabe, weil er nur der Witterung seiner Geschwister folgen musste. Wieder kratzte er mit der Pfote an dem leblosen Körper und wusste, dass es tot war, wie so viele andere Welpen über die Jahre. Einige verschwanden einfach und kehrten niemals zurück, andere wurden von Falken erhascht, von Dachsen oder Schlangen gebissen. Ein paar wenige, wie dieses Kleine hier, wiesen weder Wunden auf noch hatten sie einen fremden Geruch.
    Mit den Zähnen hob er ihren leblosen Körper vom Boden und zog sie ein paar Schritte, aber da sie schon zu drei Vierteln ausgewachsen und fast so schwer war wie er selbst, ließ er das Weibchen in das spröde Gras fallen und leckte ihm jaulend das Maul. Ein Geier kreiste über ihnen, und das Männchen knurrte, ein grollender Laut aus den Tiefen seines Innersten. Er lief in immer größer werdenden Kreisen um die Stelle herum, an der es lag, urinierte dabei in Sträucher und an Felsblöcke, um seine Spur zu markieren, dann ging er

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