Mehr als fromme Wuensche
arbeiten heute nur 50 in ihrem Heimatland. Im Jahr 2000 haben doppelt so viele Krankenschwestern Ghana verlassen, wie dort im selben Jahr ausgebildet wurden. Gerade da, wo AIDS am schlimmsten wütet, fehlt es an Ärzten und Pflegekräften.
Was können wir tun? Ich finde, wir sollten keine Fachkräfte aus Ländern des Südens abwerben, sondern in die Strukturen dort investieren. Und wir müssen genau hinschauen, wo Migrantinnen bei uns, in Privathaushalten oder an anderer Stelle, Opfer von Ausbeutung und Misshandlung werden. Es muss investiert werden in die Länder des Südens, damit Frauen dort eine Chance erhalten, ein Leben in Würde für sich und ihre Familien aufzubauen. Dass der Friedensnobelpreis 2006an Muhammad Yunus verliehen wurde, zeigt in die richtige Richtung.
Die Geschichte von Ruth und Noomi ist die vielleicht schönste grenzübergreifende Geschichte über Migrantinnen in der Bibel. Noomi und ihr Mann kommen in das Land der Moabiter. Als Noomis Mann stirbt, heiraten beide Söhne einheimische Frauen, Orpa und Rut. Doch auch beide Söhne sterben. Noomi will zurück in ihre Heimat nach Juda. Rut aber bleibt bei ihrer Schwiegermutter und geht mit ihr in deren Heimat. Sie sagt: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehn; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will auch ich begraben werden.“ Später wird Rut in Juda Boas heiraten und eine Familie gründen, die Noomi als ihre Familie ansieht. Grenzgängerinnen, die voller Gottvertrauen einen Ort zum leben, einen Ort zum Überleben suchen: Damals wie heute sind sie angewiesen auf Menschen, die sie, die Migrantinnen, mit offenen Armen und Respekt aufnehmen.
Wankendes Vertrauen
W as da gespielt wird im VW-Konzern versteht fast niemand mehr. Anfang des Jahres 2006 gerät VW-Chef Pischetsrieder unter Druck, weil der Aufsichtsratsvorsitzende Piech seine Amtszeit offenbar nicht verlängern will. Was er allerdings will oder wohin er den Konzern zu steuern gedenkt, sagt er nicht. Längst ist VW aber nicht nur wegen der unklaren inneren Machtkämpfe angeschlagen, sondern weil die so seriös wirkenden Herren in ihren smarten Anzügen offenbar hemmungslos so genannte „Lustreisen“ durchgeführt haben. Sie ließen sich „Prostituierte zuführen“, die anschließend von ihren Fahrern entlohnt und zurückgebracht wurden. Das alles lief unter dem Stichwort „Spesen“.
Was ist das für eine Heuchelei! Was ist an einem Anzug seriös, wenn die Menschenwürde mit Füßen getreten wird von denen, die sich darin zeigen? Nein, ich finde nicht, dass unsere Kirche sexualfeindlich ist. Aber wenn Sexualität zur Ware wird, wenn ein Geschäftsabschluss mit Bordellbesuch gefeiert wird, wenn die Herren sich Frauen kaufen können, die sie sexuell „bedienen“, dann sind die Maßstäbe von Seriosität für mich erschüttert.
Das gilt auch, wenn Manager sich gegenseitig Millionen zuschachern, während gleichzeitig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen werden. Die Herren im Anzug in Deutschland, sie verspielen massiv Vertrauen. Herr Ackermann kommt mit 3,2 Millionen davon mit dem Geschacher,das veranstaltet wurde. Das sind für ihn wahrhaftig „Peanuts“.
In der Bibel wird Reichtum nicht verteufelt! Die Frage ist dort vielmehr, wie wir mit Reichtum umgehen. Es geht dabei um die Verantwortung, die Reichtum mit sich bringt, es geht darum, wie wir mit anvertrauten Pfunden wuchern. Reichtum macht niemanden zum irgendwie angeseheneren Menschen. „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme“, sagt Jesus (Matthäus 19,24). Das weist doch vor allem auf die Verführbarkeit hin, die Reichtum mit sich bringt. Grundsätzlich hat die Bibel tatsächlich nichts gegen Reichtum, aber er wird eben ganz schnell zum Götzen, der angebetet wird. Und das erleben wir doch heute auch, wie Reichtum an die Stelle Gottes tritt. Ein Beispiel für diese Vergötzung zeigen mir die Leute, die jede Stunde wissen wollen, wie es der Börse geht – sie würden nicht jede Stunde wissen wollen, wie es den Menschen geht. Wer hat eigentlich in diesem Land so viele Aktien, dass ihn das permanent interessieren muss?
Es gibt wohl schlicht für Reiche viel mehr Versuchungen, nur noch für sich selbst zu leben und sich abzukoppeln vom Rest der Welt und dem, was an Elend und Armut zu sehen ist. Und das ist dann letzten Endes ein armes Leben, weil es den Sinn verfehlt hat, für andere
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