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Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Titel: Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaessmann
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Autor des Trostes, der Gerechtigkeit, des Friedens in der Welt.“Daraus, denke ich, können wir aktuelles barmherziges – oder sagen wir diakonisches beziehungsweise karitatives – Handeln gut ableiten.
    Gottesbild und Gotteserfahrung
    Der Gott, den Jesus Christus uns nahebringt, ist ein Gott, der sich dem Menschen nähert. Gott, der bei seiner Geburt „keinen Raum“ in unserer Welt findet. Der Gott, den Jesus uns zeigt, ist ein Gott, der weint und lacht, der liebt und leidet und schließlich am Kreuz elend stirbt. Ich kann ihn nicht in Prunk und Pracht, in Gold und Gloria sehen. Ich finde ihn, wenn ich den jungen Mann in der U-Bahn wahrnehme, der wirklich „kaputt“ ist, da, wo eine Frau sich prostituiert, um ihre Familie irgendwie über die Runden zu bringen, bei dem Landwirt, der nicht mehr weiter weiß, weil sein Hof nicht die notwendigen Erträge erbringt. Wo immer ein Schimmer von Erbarmen, Zuwendung, Menschlichkeit für Menschen in solcher Not erkennbar wird, scheint etwas durch von Gottes Liebe.
    Die Bibel weiß von Problemen mit einem solchen Gottesbild. Es läuft menschlichen Vorstellungen von der Gottheit Gottes zuwider. Kein Wunder, dass die Leute Jesus schon zu Lebzeiten auffordern, Zeichen seiner Macht zu geben – Steine in Brot zu verwandeln, sich vom Felsen zu stürzen, vom Kreuz herabzusteigen. Es ist die Versuchung des Teufels. Im Lukasevangelium heißt es, dass dieser zu Jesus sagt: „Bist du Gottes Sohn, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde“ (4,2). Jesus widersteht der Versuchung. Aber in der Kirchengeschichte wurden immer wieder machtvolle Gottesbilder gesucht, wurde auch die Kirche selbst zu einem Ort der Macht, und Amtsträger der Kirche wurden mit Insignien von Macht ausgestattet. Das Kreuz wird immer wieder zum Triumphalismus missbraucht, auch wenn es ganz offensichtlich ein Zeichen der Ohnmacht und Demut ist. Allein der Begriff „Kreuzzug“ zeigt das fundamentale Missverständnis, aber ebenso manches mit Diamanten besetzte Kreuz im kirchlichen Kontext.
    Der Gott, den Jesus uns nahebringt, braucht keine Insignien von Macht und Besitz. Jesus lässt ihn erkennbar werden, wenn er ihn in Gleichnissen als liebenden Vater schildert, als sorgenden Weingartenbesitzer. In dem Menschen Jesus selbst, der sich nicht scheut, von einer kranken Frau berührt zu werden oder mit einem Zöllner zu essen, der als hilfloser Säugling zur Welt kommt und als verurteilter Verbrecher stirbt, zeigt sich für Christinnen und Christen Gott. Und so ist er auch in Menschen präsent, die auf der Flucht sind, die Opfer von Krieg, Rassismus, Gewalt und Folter werden. Unser Gott ist oft verhüllt in die Tränen von Menschen. Im Tod Jesu nimmt Gott für Christinnen und Christen eine Gestalt an, in der er kaum noch als Gott erkennbar ist. Die Gestalt des Knechtes, des Geschlagenen, des Ausgelieferten. Beim Anblick des gefolterten, mit einer Dornenkrone verhöhnten Jesus formuliert Pilatus die Wahrheit: „Seht, welch ein Mensch!“ (Joh 19,5).
    Der Gott, von dem Jesus erzählt, ist nicht fern von unserer Welt, nicht fern „droben überm Sternenzelt“. Bei ihm gibt es keine Unterscheidung zwischen dem Weltlichen und dem Eigentlichen. Alles ist eigentlich bei ihm: gelungenes Leben und zerstörtes Leben; Glück und Unglück; Gesundheit, Lebensfreude und Krankheit, Siechtum, ja, selbst der Tod.
    Das ist der Inhalt der Botschaft Jesu an uns Menschen: Gott ist nicht mehr getrennt von seiner Schöpfung, sondern er ist mittendrin im Leben und auch im Leiden der Menschen. Gott ist da, wo eine kranke Frau in ihrer Wohnung Pflege und Versorgung durch Nachbarn erhält. Gott wird erfahrbar, wo ein vereinsamter alter Mann im Krankenhaus Besuch von der Grünen Dame bekommt. Gott ist präsent, wo eine Sterbende von ehrenamtlichen Hospiz-Mitarbeiterinnen begleitet wird. Gott kennt Leiden und ist bei den Leidenden. Und die sie begleiten, können es erfahren.
    Gleichzeitig werden wir Gott nie völlig begreifen. Was heißt das, „Gott ist Mensch geworden“? Wie kann es so viel Leid in einer von Gott geschaffenen Welt geben? Gott bleibt verborgen, er ist der deus absconditus , der verborgene Gott, sagt Martin Luther. Wir können Gott nicht in unsere Kategorien zwingen, aber wir können Gott wahrnehmen, wenn wir uns anderen zuwenden, davon ist christlicher Glaube überzeugt. Es gibt keine vollkommene Erkenntnis Gottes, denn dann wäre Gott eine Kategorie des Menschen.
    „Ihr sollt den Schwachen nicht bedrücken“, heißt

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