Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
hoffe, seine Angehörigen konnten in dieser Zuversicht auch Abschied nehmen …
Das Sterben von Menschen, die wir lieben, auch das eigene Sterben – da geht es um tiefste emotionale Herausforderungen! Niemand kann sich täglich mit der eigenen Endlichkeit konfrontieren, wir weichen aus, das ist menschlich. Und trotzdem ist es wichtig, darüber nachzudenken. Gerade der medizinische Fortschritt macht es ja paradoxerweise notwendig, zu klären, wie ich sterben will. Das Sterben ist so individuell wie eine Geburt, so habe ich es erlebt. Aber mir war wichtig, zu klären, was eine Patientenverfügung und eine Betreuungsvollmacht klären können: keine lebensverlängernden Maßnahmen, wenn der Sterbeprozess einsetzt, und die Vollmacht zu entscheiden, wenn ich nicht mehr entscheiden kann, für Menschen, denen ich vertraue. Wir haben das im Freundeskreis geregelt und notariell auf Gegenseitigkeit festgelegt. Die Gespräche, die wir darüber geführt haben, waren wichtig, bewegend, haben Freundschaften vertieft. Und auch meine Kinder sind darüber informiert, sie wissen, was ich mir im Todesfall wünsche. Manches Mal habe ich erlebt, dass unter dem Schock eines plötzlichen Todes die Frage im Raum stand: Was hätte die Mutter gewollt? Dass im Todesfall zügig Entscheidungen über Anzeige, Trauerfeier und Bestattung zu treffen sind, überfordert viele, die unter dem Schock des Verlustes stehen. Da kann es im Nachhinein Zweifel geben: War das im Sinne der Verstorbenen? Waren alle informiert?
Sterbehilfe und Sterbebegleitung,
Palliativmedizin und Hospiz
Heftig diskutiert wird in Deutschland immer wieder die sogenannte „aktive Sterbehilfe“, um eine gesetzliche Regelung wird gerungen 85 . Ich finde absolut inakzeptabel, dass Organisationen wie „Dignitas“ oder „Exit“ so etwas kommerziell betreiben; das ist ein Geschäft mit der Verzweiflung von Menschen. Gleichzeitig denke ich, dass wir den Wunsch von Menschen nicht ignorieren können, die selbstbestimmt sterben wollen, denen daran liegt, individuell zu entscheiden, dass sie nicht mehr die Kraft haben, den Sterbeprozess durchzustehen, und ihn verkürzen wollen.
Da geht es zuallererst um Palliativmedizin. Wie gut, dass sie endlich in Ausbildung und Praxis thematisiert wird – bei Weitem noch nicht in ausreichendem Umfang. Mich hat beeindruckt, dass es ehrenamtliche Initiativen, die auf Spenden angewiesen sind, waren, die diese Bewegung in Gang gesetzt haben. Ich erinnere mich gut an die Einweihung der ersten „Palliativbetten“ im Friederikenstift Hannover – alles auf Spendenbasis, bis schließlich die erste Krankenkasse diese Schmerzlinderung angesichts des Todes in ihren offiziellen Leistungskatalog aufgenommen hat. Pallium ist das lateinische Wort für einen schützenden Mantel. Gute Schmerzmedizin kann diesen schützenden Mantel um Sterbende legen. Sollte die Schmerzlinderung eine Verkürzung der Lebenszeit am Lebensende zur Folge haben, so ist das ethisch für niemanden verwerflich.
Die Auseinandersetzungen um Sterbehilfe werden der individuellen Situation selten gerecht. Statt von „aktiver Sterbehilfe“ ist nun von „Tötung auf Verlangen“ die Rede. Beides meint, dass ein anderer Mensch aktiv das Sterben herbeiführt. Und das ist strafbar in unserem Land. Indirekte Sterbehilfe dagegen bedeutet, in Kauf zu nehmen, dass schmerzlindernde Medikamente bei einem unheilbar kranken Menschen das Leben verkürzen. Passive Sterbehilfe schließlich meint, dass bei einem unheilbar kranken Menschen auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet wird, was auch bedeuten kann, dass medizinische Apparate abgeschaltet werden. Beides ist ebenso wenig strafbar wie „Beihilfe zum Suizid“, also das „Besorgen“ eines tödlichen Medikaments, das ein Patient selbst einnimmt. Was Letzteres für das ärztliche Berufsrecht bedeutet, ist unter Ärzten höchst umstritten. Ende 2010 erst wurden die Grundsätze der Bundesärztekammer gelockert, im Jahr darauf von der Ärztekammer wieder verschärft. Das zeigt, wie schwer die Frage zu beurteilen ist.
Dankbar bin ich, dass es inzwischen einen Konsens über Sterbebegleitung gibt, die indirekte und passive Sterbehilfe einschließt. Und dass immer mehr Menschen bewusst eine Patientenverfügung ausfüllen, womit sie Angehörigen und Pflegenden klare Hinweise auf ihren Willen geben. Niemand wird heute gegen seinen – mutmaßlichen – Willen zwangsweise am Leben erhalten. Viele Menschen in unserem Land haben aber Angst, am Ende
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