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Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Titel: Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaessmann
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und mit seinem Partner im Pfarrhaus leben zu dürfen. Es gab mancherlei Bedenken, vor allem, weil es um eine sehr ländliche Region ging. Aber der Kirchenvorstand stellte sich geschlossen hinter den Pastor und sagte, das sei doch allen schon lange klar. Sie begleiteten ihren Pastor gemeinsam mit seinem Partner zum Standesamt und feierten die Eintragung der Lebenspartnerschaft. Mehr als Ja und Amen heißt auch: nicht alles von oben herab regeln, sondern den Menschen sehen! Hinschauen, wer da ist, und nicht urteilen, was zu sein hat. Bischof Desmond Tutu hat das in aller Freiheit immer wieder gesagt, und das war besonders mutig und gewichtig im afrikanischen Kontext, in dem die Kirchen die Politik dabei unterstützen, Homosexualität mit rigoroser Härte zu ahnden: Warum sollte Gott Menschen nicht lieben, die homosexuell lieben?
    Sexualität
    Das Thema „Sexualität“ ist in den Kirchen immer wieder nur mühsam zu besprechen. Die letzte offizielle Äußerung der EKD hierzu stammt aus dem Jahr 1971! Mir ist wichtig, dass wir theologisch argumentieren. Isolde Karle hat das für mich am überzeugendsten getan. Die praktische Theologin aus Bochum sieht im Christentum eine Überwindung der Geschlechterdifferenz 93 .
    Paulus schreibt an die Galater: „Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“ (3,26–28).
    Es geht in allen Beziehungen um Respekt. Begegnung auf Augenhöhe, gegenseitiges Einvernehmen sind die Grundlagen einer sexuellen Beziehung, darauf kommt es entscheidend an. Wo Gewalt, Erniedrigung, Demütigung vorherrschen, kann von Liebe und sinnvoller Beziehung keine Rede sein. Wo zwei nicht aneinander wachsen, sondern sich gegenseitig oder einseitig kleinmachen, sehe ich Gottes Segen nicht am Werk. Zu wünschen ist, dass Menschen zueinanderstehen, den Mut haben, Ja zueinander zu sagen. Ich habe Paare kennengelernt, bei denen ich nicht verstanden habe, warum sie sich trennen, denen ich mehr Ausdauer gewünscht hätte, um ihre Verbindung zu kämpfen. Aber ich habe auch Paare erlebt, bei denen offensichtlich war, dass ihnen der gegenseitige Respekt abhandengekommen war und eine Trennung lebensdienlicher wäre als ein Zusammenleben unter dem Druck gesellschaftlicher oder familiärer Erwartungen.
    Mut zur Beziehung
    Es geht um Verbindlichkeit! Dieses „anything goes“ – „Alles ist möglich“ – macht Menschen einsam. Sicher, die Zusage einer Ehe, einer Freundschaft, der Mut zu Kindern, zu einer Partnerschaft, sie binden uns. Aber sie entlasten uns auch, weil sie unserem Leben einen Rahmen geben, auf den wir uns verlassen können. Weil sie uns Halt geben in den Stürmen des Lebens.
    Manchmal habe ich den Eindruck, dass viele in unserer Gesellschaft vor Verbindlichkeit davonlaufen. Allzu oft wird in Karriere, Status, Aussehen investiert. Und in Ablenkung: Eine Studie hat ergeben, dass jeder Deutsche in seinem Leben durchschnittlich 27000 Euro für Partys ausgibt, zweimal im Monat ausgiebig feiert. 58 Prozent derer, die ausgehen, investieren bis zu 50 Euro pro Nacht, 12 Prozent mehr als 100 Euro …
    Aber auch Beziehungen brauchen Investitionen. Und am Ende sind es die Beziehungen – Ehe, Freundschaft, Partnerschaft, Menschen, die dir etwas bedeuten –, die dich wirklich tragen. Ich habe das persönlich gespürt, als an dem Tag, an dem sozusagen mein ganzes bisheriges berufliches Leben mit meinem Rücktritt zusammenbrach, in der ersten Reihe meine vier Töchter und meine beste Freundin mit ihrer Tochter saßen. Das war der Halt, den ich brauchte und der weiter getragen hat als alles, was beruflich so wichtig für mich war.
    Die Frage ist, ob Menschen den Mut haben, in Beziehungen, Familie, Freundschaft zu investieren. Allzu viele laufen davor weg. Liebe zu Kindern, Liebe in der Ehe, Liebe als Paar, Freundschaft – es geht doch darum, in unserer mobilen, heterogenen, vielfältigen Welt verlässliche Bindungen zu schaffen! Es geht darum, dass wir anderen vertrauen können, dass wir wissen: Wenn ich Beistand brauche, bist du da! Für mich sind Familie, Liebe und Freundschaft Grundelemente einer Lebenszusage. Ich existiere nicht einsam in einem abgeschotteten Lebensraum, sondern ich lebe in Beziehungen, die mich tragen und halten in guten und in schweren Tagen. Und ich

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